Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszimmer einer Berufsbetreuerin

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Arbeitszimmer einer Berufsbetreuerin stellt nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit dar.

 

Normenkette

BGB §§ 1897, 1901; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin.

Die Klägerin ist Dipl.-Sozialpädagogin und war in den Streitjahren als Berufsbetreuerin tätig. Sie betreute in den Streitjahren aufgrund entsprechende Beschlüsse der Vormundschaftsgerichte durchschnittlich etwa 40 Personen; für einen Teil der Klienten hatte die Klägerin nur finanzielle Belange zu besorgen. Die Betreuung nahm die Klägerin durchgehend selbst vor; sie beschäftigte kein Personal.

Die Klägerin erledigte einen Teil ihrer Tätigkeit in einem in ihrer Wohnung befindlichen Arbeitszimmer. Dabei handelte es sich insbesondere um Schriftverkehr und Telefonate mit Ämtern, Banken, Krankenkassen und Ärzten. Ferner erfolgte von dort – in der Regel einmal jährlich – die Rechnungslegung. In Einzelfällen suchten die betreuten Personen die Klägerin in ihrem Arbeitszimmer auf.

Den anderen Teil ihrer Tätigkeit übte die Klägerin außerhalb des Arbeitzimmers aus. So wurden u.a. Behördengänge, Bank- und Arztbesuche – sowohl in Begleitung der betreuten Personen als auch ohne diese – durchgeführt. Ferner besuchte die Klägerin die von ihr betreuten Personen in deren Wohnungen, bzw. in den Einrichtungen (Seniorenzentren, Wohngruppen, etc.), in welchen diese lebten. Sie führte dort, sowohl mit den Betreuten selbst, als auch mit den Leitern und Mitarbeitern der Einrichtungen, Gespräche.

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Sie machte Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer i.H.v. …,04 DM (1999), …,11 DM (2000), …,81 DM (2001) und …,40 EUR (2002) als Betriebsausgaben geltend.

Für das Jahr 1999 wurde die Einkommensteuer, der Höhe nach erklärungsgemäß, mit Bescheid vom … 2000 festgesetzt. Dabei nahm der Beklagte an, die Klägerin erziele nicht, wie erklärt, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin legte am … 2000 Einspruch gegen den Bescheid ein.

Für den Zeitraum 1999 bis 2001 wurde im Jahr 2003 eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer gelangte aufgrund mindestens einer Abrechnung der Klägerin für das Jahr 2002 zu der Auffassung, der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin befinde sich nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Der Abzug der Aufwendungen sei auf 2.400,– DM zu begrenzen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht vom … 2003 verwiesen.

Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am … 2003 für die Jahre 2000 und 2001 und am … 2003 für 1999 jeweils auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützte Änderungsbescheide. Für das Jahr 2002 berücksichtigte er bereits im Veranlagungsverfahren nur 1.250 EUR als Betriebsausgaben und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom … 2004 entsprechend fest.

Die fristgerecht eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … 2005 als unbegründet zurück. Er führte aus, der Grundsatz der Betreuung erfordere eine persönliche Beziehung zwischen der Betreuerin und der betreuten Person. Der Schwerpunkt der Tätigkeit bestehe in der Aufrechterhaltung des persönlichen Kontakts; dies könne nur außerhalb des Arbeitzimmers erreicht werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom … 2005 verwiesen.

Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.

Sie trägt vor, das Berufsbild der Berufsbetreuer habe sich im Vergleich zu dem vorhergehenden gesetzlichen Modell der Vormundschaft erheblich geändert. So betreue sie etwa 50 Personen; früher habe eine Vormund etwa 300 Personen betreut. Sie verbringe ca. 2/3 ihrer Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer. Auch der qualitative Schwerpunkt ihrer Tätigkeit befinde sich dort, denn dieser bestehe in der rechtlichen Vertretung und der Durchsetzung der Ansprüche der betreuten Personen gegenüber Behörden und sonstigen dritten Personen. Zu vielen betreuten Personen – insbesondere zu demenzkranken Betreuten – sei die Aufrechterhaltung eines persönlichen Kontakts im engeren Sinne gar nicht möglich. Ferner habe der Beklagte die Festsetzungen hinsichtlich der Jahre 1999 bis 2001 nicht mehr ändern dürfen. Die Voraussetzungen des § 173 AO seien nicht erfüllt, da die Prüferin aus einer Abrechnung für das Jahr 2002 Schlüsse hinsichtlich sämtlicher Vorjahre gezogen habe.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom … 2003, die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 vom … 2003 und den Einkommensteuerbescheid 2002 vom … 2004 jeweils nebst Einspruchsentscheidung vom … 2005

mit der Maßgabe zu ändern, dass für 1999 weitere …,04 DM, für 2000 weitere …,11 DM, für 2001 weitere …,81 DM und für 2002 weitere …,40 EUR als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruc...

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