Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung gemäß §8 Nr. 7 GewStG in Fällen der Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Der gewerbesteuerrechtliche Begriff des Betriebs entspricht dem des §16 EStG. Die Verpachtung eines Betriebs i. S. des §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG setzt somit voraus, daß der Verpächter die wesentlichen Grundlagen eines als Betrieb allein lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus verpachtet hat.
2. Die Betriebsaufspaltung indiziert noch keine Verpachtung eines Betriebs. Für die sachliche Verflechtung zweier Unternehmen als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung reicht es aus, daß das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überläßt, das eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens ist. Es kommt somit darauf an, welche Bedeutung das Wirtschaftsgut für den Betrieb des Pächters (Betriebsunternehmen) hat. Die Verpachtung eines Betriebs i. S. des §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG setzt dagegen voraus, daß Wirtschaftsgüter verpachtet werden, die wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebs des Verpächters sind und für sich allein einen lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus darstellen.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 7 S. 2; EStG § 16
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) -- eine GmbH -- wurde Mitte 1989 von den Gesellschaftern der S-KG gegründet. Die Gesellschafter erbrachten ihre Stammeinlagen, in dem sie gemäß §§46 f. des Umwandlungsgesetzes rückwirkend zum 31. Dezember 1988 das Vermögen der S-KG auf die Klägerin übertrugen. Die Klägerin übernahm das Personal der S-KG und führte den Produktionsbetrieb der früheren S-KG fort. Das übertragene Aktivvermögen bestand aus Vorräten und anderen Gegenständen des Umlaufvermögens. Das Anlagevermögen der S-KG (Grundstücke, Maschinen und maschinelle Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung) war bereits am 22. Dezember 1988 auf die von den Gesellschaftern der S-KG zum Zwecke der Betriebsaufspaltung gegründeten S-GbR übertragen und anschließend von der S-GbR an die S-KG verpachtet worden. Die Klägerin trat aufgrund der Umwandlung in den Pachtvertrag ein und benutzte in den Erhebungszeiträumen 1989 und 1990 (Streitjahre) die von der S- GbR gepachteten Wirtschaftsgüter für ihren Produktionsbetrieb.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) war der Auffassung, die Klägerin habe von der S-GbR einen Betrieb gepachtet und deshalb seien gemäß §8 Nr. 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) trotz der Gewerbesteuerpflicht der S-GbR die Pachtzinsen dem Gewinn teilweise wieder hinzuzurechnen. Er erließ Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre, denen diese Rechtsansicht zugrunde liegt. Der Einspruch, mit der die Klägerin geltend machte, sie habe von der S-GbR zwar wesentliche Grundlagen ihres Betriebs, aber keinen Betrieb gepachtet, war erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren ergingen geänderte Gewerbesteuermeßbescheide, die Gegenstand des Klageverfahrens wurden. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 86 veröffentlichten Urteil statt.
Das FA stützt die Revision auf Verletzung des §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Klägerin hat von der S-GbR keinen Betrieb oder Teilbetrieb gepachtet. Die Tatsache, daß die Pachtzinsen bei der S-GbR zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, schließt daher eine Hinzurechnung nach §8 Nr. 7 GewStG bei der Klägerin aus.
1. Gemäß §8 Nr. 7 Satz 1 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden. Nach §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG gilt dies nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, es sei denn, daß ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet worden ist und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen 250 000 DM übersteigt.
Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und für den erkennenden Senat bindend (§118 Abs. 2 FGO) u. a. festgestellt: Die Klägerin benutzte aufgrund eines Pachtvertrages in den Streitjahren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der S-GbR gehörten und nicht in Grundbesitz bestanden. Die Pachtzinsen für diese Wirtschaftsgüter betrugen weit über 250 000 DM pro Streitjahr und wurden bei der Gewinnermittlung der Klägerin abgezogen. Zwischen der S- GbR und der Klägerin bestand in den Streitjahren eine enge sachliche und personelle Verflechtung, die die Voraussetzungen einer sog. Betriebsaufspaltung erfüllte (zu den Voraussetzungen s. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; vom 5. September 1991 IV R 113/90, BFHE 165, 420, BStBl II 1992, 349; vom 16. Februar 1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II 1996, 342; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., 1997, §15 Rz. 800 f., m. w. N.), die S-GbR war das sog. Besitzunternehmen und die Klägerin das sog. Betriebsunternehmen.
Daraus folgt: Die von der S-GbR als Besitzunternehmen in den Streitjahren erzielten Pachtzinsen sind bei ihr als Verpächterin zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen. Eine Hinzurechnung bei der Klägerin als Pächterin kommt gemäß §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG nur in Betracht, falls die S-GbR der Klägerin einen Betrieb oder Teilbetrieb verpachtet hat.
2. Der gewerbesteuerrechtliche Begriff des (Teil-)Betriebs entspricht dem des §16 des Einkommensteuergesetzes (s. Senatsurteil vom 12. September 1979 I R 146/76, BFHE 129, 62, BStBl II 1980, 51). Die Verpachtung eines (Teil-)Betriebs i. S. des §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG setzt somit voraus, daß der Verpächter die wesentlichen Grundlagen eines als (Teil-)Betrieb allein lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus verpachtet hat (s. Senatsentscheidungen vom 24. April 1991 I R 10/89, BFHE 164, 445, BStBl II 1991, 771; vom 10. Juli 1996, I R 132/94, BFHE 181, 337, BStBl II 1997, 226; vom 26. Juli 1995 I B 184/94, BFH/NV 1996, 257; vom 1. April 1996 I B 143/94, BFH/NV 1996, 787).
Die Betriebsaufspaltung indiziert noch keine Verpachtung eines (Teil-)Betriebs (s. Senatsbeschluß in BFH/NV 1996, 257). Für die sachliche Verflechtung zweier Unternehmen als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung reicht es aus, daß das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überläßt, das eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens ist (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 7. August 1990 VIII R 110/87, BStBl II 1991, 336; vom 6. November 1991 XI R 12/87, BFHE 166, 206, BStBl II 1992, 415). Es kommt somit darauf an, welche Bedeutung das Wirtschaftsgut für den Betrieb des Pächters (Betriebsunternehmen) hat. Die Verpachtung eines (Teil-)Betriebs i. S. des §8 Nr. 7 Satz 2 GewStG setzt dagegen voraus, daß Wirtschaftsgüter verpachtet werden, die wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebs des Verpächters sind und für sich allein einen lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus darstellen.
Dazu hat das FG festgestellt, daß die von der S-GbR an die Klägerin verpachteten Wirtschaftsgüter allein -- ohne den von der S-KG auf die Klägerin übergangenen Kundenstamm und das Personal -- kein lebensfähiger Betrieb waren. An diese Feststellung ist der erkennende Senat in tatsächlicher Hinsicht gebunden (§118 Abs. 2 FGO), da das FA sie insoweit nicht angegriffen hat. Das FA ist lediglich der Auffassung, die von der S-KG auf die Klägerin übertragenen Vermögenswerte seien keine wesentlichen Grundlagen des Produktionsbetriebs der S-KG gewesen und daher sei davon auszugehen, daß der Betrieb der S- KG nicht auf die Klägerin, sondern auf die S-GbR übertragen und von dieser an die Klägerin verpachtet worden sei.
Der erkennende Senat folgt nicht dieser Auffassung des FA. Sie widerspricht der tatsächlichen Feststellung des FG, daß die S-KG in der Zeit zwischen der Übertragung ihres Anlagevermögens auf die S-GbR und der Gründung der Klägerin ihren Produktionsbetrieb mit nunmehr gepachtetem Anlagevermögen fortführte und dieser Betrieb auf die Klägerin übertragen wurde. Der Streitfall unterscheidet sich somit von Fällen, in denen eine Personengesellschaft ihren Gewerbebetrieb insgesamt auf eine andere Gesellschaft übertragen und dann von dieser gepachtet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 66868 |
BFH/NV 1998, 742 |
HFR 1998, 564 |