Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit der Fortbildung des Rechts bei Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand
Leitsatz (NV)
1. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist nur erforderlich, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist.
2. Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Aufwendungen für Baumaßnahmen als Herstellungskosten zu beurteilen sind. Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung liegen (nachträgliche) Herstellungskosten eines Gebäudes u.a. dann vor, wenn seine Substanz vermehrt, seine nutzbare Fläche vergrößert wird oder wenn Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; HGB § 255 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine KG, begann im Streitjahr 2004 damit, ein betrieblich genutztes Gebäude um ein neues Treppenhaus zu erweitern; durch die Baumaßnahme vergrößerte sich die Nutzfläche des Gebäudes. Die Planungskosten zog sie bei ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr (2004) als Betriebsausgaben ab. Außerdem bildete sie eine Instandhaltungsrücklage für Maurerarbeiten. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) behandelte die Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten und stellte den Gewinn der Klägerin entsprechend höher fest.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, bei der Baumaßnahme handele es sich um eine Erweiterung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs, da die Klägerin einen Anbau errichtet habe, durch den sich die nutzbare Fläche des Gebäudes vermehrt habe. Es komme nicht darauf an, ob das alte Treppenhaus noch nutzbar gewesen sei. Herstellungskosten lägen darüber hinaus auch deshalb vor, weil erst mit der Errichtung des Treppenhauses eine den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entsprechende Treppe erstellt worden sei. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unter Hintanstellung erheblicher Bedenken gegen die Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.
1. Soweit sich die Klägerin auf die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) beruft, hat sie diesen Zulassungsgrund nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
a) Die Klägerin hat die behauptete Divergenz zum BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81 (BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394) nicht erkennbar gemacht. Hierzu hätte sie einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der Entscheidung andererseits, von der die Vorinstanz abgewichen sein soll, gegenüberstellen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Mai 2009 IV B 55/08, BFH/NV 2009, 1432, m.w.N.).
b) Eine solche Abweichung liegt überdies schon deshalb nicht vor, weil das BFH-Urteil in BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394 --entgegen der Auffassung der Klägerin-- zu einem mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist. Dort wurde das vorhandene Dach einer Halle durch eine neue Dachkonstruktion ersetzt, wodurch sich die Höhe der Halle, aber nicht ihre nutzbare Fläche vergrößerte; die neue Dachkonstruktion übte im Wesentlichen die gleiche Funktion wie das alte Dach aus. Im Streitfall wurde das Gebäude hingegen um den Anbau eines bislang nicht vorhandenen Treppenhauses erweitert, so dass sich die nutzbare Fläche vermehrte.
c) Das Urteil des FG weicht im Übrigen nicht von dem von der Klägerin angeführten Urteil des FG Köln vom 20. Dezember 2006 10 K 4515/03 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1682) ab. Diese Entscheidung betraf Baumaßnahmen, mit denen ein Gebäude nach einem Wasserschaden wieder nutzbar gemacht wurde.
2. Die Revision ist nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) zuzulassen.
a) Bei diesem Zulassungsgrund handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision (BFH-Beschluss vom 7. September 2006 IV B 13/05, BFH/NV 2007, 27, m.w.N.). Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts ist nur erforderlich, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 2009 VIII B 216/08, BFH/NV 2009, 1264).
b) Die Klägerin hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob eine bauliche Maßnahme, die --so die Klägerin sinngemäß-- nur der Beseitigung eines bauordnungswidrigen Zustands diene, ohne Funktion und Nutzungsmöglichkeiten eines Gebäudes wesentlich zu verändern, zu Herstellungskosten führen könne. Durch die Rechtsprechung des BFH ist indes geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Aufwendungen für Baumaßnahmen als Herstellungskosten zu beurteilen sind. Unter dem Gesichtspunkt der --vom FG für den Streitfall angenommenen-- Erweiterung liegen (nachträgliche) Herstellungskosten eines Gebäudes u.a. dann vor, wenn seine Substanz vermehrt, seine nutzbare Fläche vergrößert wird oder wenn Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren (BFH-Urteil vom 17. Juni 1997 IX R 30/95, BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 802, m.w.N.). Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen, sind weder vorgetragen noch erkennbar (hierzu BFH-Beschluss vom 3. April 2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445, m.w.N.).
3. Mit ihrem Vorbringen, der Anbau des neuen Treppenhauses habe nur der Beseitigung eines baurechtswidrigen Zustands gedient und das Gebäude sei auch mit der bereits vorhandenen Treppe nutzbar gewesen, wendet sich die Klägerin im Grunde gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils des FG, womit die Zulassung der Revision jedoch grundsätzlich nicht erreicht werden kann (z.B. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2002 IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 2258035 |
BFH/NV 2010, 37 |