Steuerschuldnerschaft: Gas- und Elektrizitätszertifikaten

Die Finanzverwaltung äußert sich zur Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Übertragung von Gas- und Elektrizitätszertifikate zum 1.1.2020.

Neues BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 13b.18 UStAE

Grundsätzlich schuldet der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer, die sich aus dem von ihm bewirkten Umsatz ergibt. In Fällen, in denen sich ein besonderes Betrugsrisiko ergibt, kann aber die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übertragen werden. In Deutschland war schon seit Jahren geregelt, dass die Umsätze aus der Übertragung von Treibhausgasemissionen dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen und somit zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers führen, wenn dieser Unternehmer ist. Zum 1.1.2020  ist dies nun noch um die Übertragung von Gas- und Elektrizitätszertifikaten ergänzt worden, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG (Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019).

Wichtig: Zu den Elektrizitätszertifikaten gehören insbesondere die Herkunftsnachweise nach § 79 EEG  sowie die Regionalnachweise nach § 79a EEG.

Anwendungsregelung

Grundsätzlich sind die neuen Regelungen für alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 ausgeführt worden sind. Breiten Raum nehmen aber die Übergangsregelungen in dem BMF-Schreiben ein, die sowohl die Ausführung von Leistungen und Anzahlungen um den 1.1.2020 betreffen.

Grundsätzlich gilt: Eine Leistung unterliegt den umsatzsteuerrechtlichen Regelungen, die im Moment der Ausführung der Leistung gelten. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer vor dem 1.1.2020 schon Anzahlungen für Leistungen erhalten hat und die Leistung oder die Teilleistung erst ab dem 1.1.2020 ausführt.

Korrekte Abrechnung

Die Regelungen zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens haben aber nicht nur eine Bedeutung für die Frage, wer die Umsatzsteuer schuldet. Auch auf die korrekte Abrechnung (Netto-Rechnung ohne gesonderten Steuerausweis, Hinweis in der Rechnung auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft, wenn § 13b UStG anzuwenden ist) muss geachtet werden.

Die Finanzverwaltung hat – wie schon bei früher eingeführten Sachverhalten, die unter das Reverse-Charge-Verfahren fielen – verschiedene Fallgestaltungen und Nichtbeanstandungsregelungen aufgenommen.

Zusammengefasst ergeben sich die folgenden Möglichkeiten:

Sachverhalt

Rechtsfolge

Schlussrechnung über nach dem 31.12.2019 erbrachte Leistungen bei Abschlagszahlung vor dem 1.1.2020

Grundsätzlich ist die Anzahlungsrechnung zu berichtigen. Es wird aber nicht beanstandet (Nichtbeanstandungsregelung), wenn der leistende Unternehmer die Anzahlungsrechnung nicht berichtigt und in der Schlussrechnung nur den um das vereinnahmte Entgelt geminderten Betrag angibt und dies dann auch so zutreffend in der Voranmeldung erfasst.

Berichtigung einer vor dem 1.1.2020 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung nach dem 31.12.2019 erfolgt

Der Leistungsempfänger ist mit Zahlungsfluss Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung; soweit in der Anzahlungsrechnung USt ausgewiesen wurde, ist diese zu berichtigen.

Abrechnung nach dem 31.12.2019 über Leistungen, die vor dem 1.1.2020 erbracht worden sind

Der leistende Unternehmer bleibt Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG; die Rechnung ist mit gesondert ausgewiesener USt auszustellen.

Berichtigung nach dem 31.12.2019 einer vor dem 1.1.2020 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen

Wurde die Anzahlungsrechnung vorher nicht berichtigt, erfolgt eine Berichtigung nur insoweit, als der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde. Der Leistungsempfänger wird bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung nur insoweit zum Steuerschuldner, wie ein weiteres Entgelt vereinnahmt wird.

Wichtig: Über die Nichtbeanstandungsregelung hinaus hat die Finanzverwaltung eine allgemeine Übergangsregelung mit aufgenommen: Für alle nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.4.2020 ausgeführten Leistungen ist es sowohl beim leistenden Unternehmer als auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht zu beanstanden, wenn noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen wird. Dies setzt aber voraus, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Weise versteuert wurde.

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung nimmt zu der ab dem 1.1.2020 geltenden Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger bei den Gas- und Elektrizitätszertifikaten Stellung. Inhaltliche Probleme ergeben sich bei dieser in § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG aufgenommenen Ergänzung wohl kaum. Klarstellend wurde auf die Nachweise nach dem EEG hingewiesen, die ebenfalls unter diese Anwendung fallen. Breiten Raum nehmen die Übergangsregelungen ein, die entsprechend den in den Vorjahren veröffentlichten Vorgaben und Nichtbeanstandungsregelungen bei Erweiterung des Reverse-Charge-Verfahrens abgefasst sind.

BMF, Schreiben v. 23.3.2020, III C 3 - S 7279/19/10003 :002

Schlagworte zum Thema:  Steuerschuldnerschaft, Umsatzsteuer