Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Der BFH hat entschieden, dass für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, zu der das Unternehmen verpflichtet ist, im Jahresabschluss eine Rückstellung gebildet werden muss. Zu Fragen, die sich in der Bilanzierungspraxis durch diese Rechtsprechung ergeben, hat sich die OFD Niedersachsen in einer hilfreichen Verfügung auseinandergesetzt.

Aufbewahrungsrückstellung: Berücksichtigungsfähige Kosten

Die Verpflichtung zur Aufbewahrung, die eine Sachleistungsverpflichtung darstellt, ist mit den Einzelkosten und einem angemessenen Teil der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG). Bei der Berechnung sind folgende Kosten einzubeziehen:

  • einmaliger Aufwand für das Einscannen oder die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Unterlagen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, für das Brennen von DVD/CD und für die Datensicherung (Sach- und Personalkosten). Die Kosten für die fortlaufende Archivierung im laufenden Veranlagungszeitraum bis zum Bilanzstichtag sind nicht einzubeziehen.
  • Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom) für Räumlichkeiten, die der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen dienen. Soweit im Zusammenhang mit der digitalen Speicherung noch ein Raumbedarf besteht (z. B. für einen anteiligen PC-Arbeitsplatz, bei größeren Betrieben für einen (anteiligen) Server oder für Lagerungszwecke), dürfte bei kleineren und mittleren Betrieben nur noch ein geringer Platzbedarf bestehen, der entsprechend auch nur anteilig zu berücksichtigen ist.
  • Einrichtungsgegenstände (AfA für Regale und Schränke), es sei denn, diese sind bereits abgeschrieben.
  • anteilige Finanzierungskosten für den Server, den PC oder die Archivräume (BFH, Urteil v. 11.10.2012, I R 66/11, BStBl 2013 II S. 676, Änderung der Rechtsprechung),
  • der Zinsanteil aus Leasingraten (z. B. für die genannten technischen Geräte oder für Archivräume), wenn der Leasingnehmer nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggegenstandes ist.

Nicht rückstellungsfähig sind

  • die Kosten für die zukünftige Anschaffung von zusätzlichen Regalen und Ordnern (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG),
  • die Kosten für die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist und
  • die Kosten für die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.

Berechnung der Rückstellung

 1. Möglichkeit

 Die Rückstellung kann nach 2 Methoden berechnet werden. Bei der 1. Methode werden die jährlichen Kosten für die Unterlagen eines jeden aufzubewahrenden Jahrs gesondert ermittelt. Dieser Betrag ist dann jeweils mit der Anzahl der Jahre bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu multiplizieren.

2. Möglichkeit

Die jährlich anfallenden rückstellungsfähigen Kosten können mit dem Faktor 5,5 multipliziert werden (arithmetisches Mittel der Jahre 1 bis 10). In der Praxis wird die Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen üblicherweise nach dieser Berechnungsmethode ermittelt. Eine Unterscheidung zwischen den 10 und 6 Jahre lang aufzubewahrenden Unterlagen kann i. d. R. insoweit aus Vereinfachungsgründen unterbleiben.

Die Aufwendungen für das Einscannen, die Einlagerung und Datensicherung fallen nur einmal an. Sie sind deshalb nicht zu vervielfältigen.

Abzinsung

Eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist nicht abzuzinsen. Für die Abzinsung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend. Da die Aufbewahrungspflicht aber mit dem Entstehen der Unterlagen beginnt, ergibt sich hier kein Abzinsungszeitraum.

Handelsrechtlicher Höchstansatz

Mit R 6.11 EStR 2012 ist neu geregelt worden, dass mit Ausnahme von Pensionsrückstellungen die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten darf.

Bilanzberichtigung

Rückstellungen für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen sind in allen offenen Fällen zu bilden. Bilanzberichtigungen wegen Änderung der Rechtsprechung sind nach der Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs durch den BFH (Beschluss v. 31.1.2013, GrS 1/10, BStBl 2013 II S. 317) im ersten noch nicht bestandskräftig veranlagten Veranlagungszeitraum möglich.

OFD Niedersachsen, Verfügung v. 5.10.2015, S 2137 - 106 - St 221/St 222

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