BMF Kommentierung

Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung


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Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung

Das BMF hat in Zusammenarbeit mit den obersten Finanzbehörden der Länder die Liste der Vorläufigkeitsvermerke in den Einkommensteuerbescheiden verlängert.

Die Finanzverwaltung setzt Steuern im Hinblick auf anhängige Verfahren vorläufig fest, um individuelle Einspruchsverfahren und den damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Denn durch den Vorläufigkeitsvermerk wird der Bescheid partiell nicht bestandskräftig und kann in Bezug auf den Vorläufigkeitsvermerk jederzeit geändert werden.

Vorläufigkeitsvermerk im Hinblick auf die Berücksichtigung von Beiträgen zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts

Umstritten ist derzeit, ob Beiträge von Arbeitnehmern zur Arbeitslosenversicherung in vollem Umfang als Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung abgesetzt werden können.  Derzeit sind höchstens 1.900 EUR absetzbar, allerdings wird dieser Freibetrag in der Regel  durch die in vollem Umfang absetzbaren Basisbeiträge zur Krankenversicherung aufgebraucht. De facto wirken sich damit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht steuermindernd aus.

Im Gegenzug unterliegt das Arbeitslosengeld nach dem sog. Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG der Einkommensteuer, indem sich durch die Zahlung von Arbeitslosengeld der Steuersatz für das übrige steuerpflichtige Einkommen erhöht. Aufgrund dieses Progressionsvorbehalts wird die Auffassung vertreten, dass auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung steuerlich abziehbar sein müssen oder zumindest im Wege des sog. negativen Progressionsvorbehalts entsprechend der Regelung in § 32b EStG steuermindern berücksichtigt werden müssen.  Nach einer ablehnenden Entscheidung des BFH (Urteil v. 16.11.2011, X R 15/09) ist diese Frage nunmehr beim BVerfG (Az. 2 BvR 598/12) anhängig. Das BMF hat durch das jetzt veröffentlichte Schreiben angeordnet, dass sämtliche Einkommensteuerfestsetzungen, bei denen dies noch verfahrensrechtlich möglich ist, hinsichtlich des negativen Progressionsvorbehalts von Arbeitslosenbeiträgen für vorläufig zu erklären sind. Allerdings soll dies nur dann gelten, wenn in der Steuerfestsetzung  Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erfasst werden.

Dieser Vorläufigkeitsvermerk ist in 2 Punkten problematisch:

  1. Der Vorläufigkeitsvermerk bezieht sich nur auf den Abzug im Wege des sog. negativen Progressionsvorbehalts; der Abzug der Arbeitslosenbeiträge in voller Höhe wird nicht vom Vorläufigkeitsvermerk erfasst. Wer sich den vollen Abzug offen halten will, muss trotz Vorläufigkeitsvermerk Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen.
  2. Für vorläufig werden nur Steuerbescheide mit Arbeitnehmereinkünften erklärt. Selbstständige, dies sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern, sind daher gezwungen, gegen die Steuerbescheide Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Ggf. lässt sich das Finanzamt aber auch darauf ein, individuell den Vorläufigkeitsvermerk aufzunehmen. Anders als bei Arbeitnehmern muss hier aber der Steuerpflichtige bzw. seine Vertretung aktiv werden. 

Trotz Vorläufigkeitsvermerk: bei Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung Einspruch notwendig

Soll wegen der anhängigen Frage die Steuerzahlung ausgesetzt werden, ist trotz des Vorläufigkeitsvermerks ein Einspruch erforderlich, da ein Aussetzungsantrag nur im Einspruchs- oder Klageverfahren zulässig ist. Vor dem Hintergrund einer jüngst getroffenen Entscheidung des BFH (Beschluss vom 21.11.2013 - II B 46/13)  zur Aussetzung von Erbschaftsteuer kommt dieser Frage erhöhte praktische Bedeutung zu. Denn der BFH hatte darin entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung deutlich gemacht, dass im Einzelfall das Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen auch dann Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Fiskus haben kann, wenn zu erwarten ist, dass das BVerfG eine Regelung nur für die Zukunft – ggf. nach Ablauf einer Nachbesserungsfrist – für nichtig erklären wird. Damit hat er gezeigt, dass die Aussetzung der Vollziehung auch wegen einer Verfassungsbeschwerde möglich ist. Das wurde bislang abgelehnt.

BMF, Schreiben v. 7.2.2014, IV A 3 – S 0338/07/10010


4 Kommentare
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Daniel Reisinger

Mon Jun 16 10:43:40 CEST 2014 Mon Jun 16 10:43:40 CEST 2014

Sollen alle Optionen offen gehalten werden, ist der Einspruch richtig. Das Finanzamt kann ggf. mit Hinweis auf den Beitrag gebeten werden, das Verfahren bis zur Entscheidung des BFH ruhen zu lassen.

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Daniel Reisinger

Wed Mar 05 13:05:43 CET 2014 Wed Mar 05 13:05:43 CET 2014

Nach Rücksprache mit der Autorin können wir Ihnen Folgendes mitteilen: Auch wenn in der Einkommensteuererklärung die Arbeitslosenbeiträge zunächst nicht geltend gemacht wurden, können sie noch nachträglich beansprucht werden, da es darauf ankommt, ob die Einkommensteuer schon bestandskräftig festgesetzt wurde; ist sie das (noch) nicht, können die Beiträge auch dann noch als Sonderausgaben geltend gemacht werden, wenn sie in der eingereichten Einkommensteuererklärung nicht beantragt worden waren. Ist der Einkommensteuerbescheid bereits bekanntgegeben worden, ist es möglich, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch einzulegen und die Arbeitslosenbeiträge nachträglich noch wirksam geltend zu machen. Wurde die Einkommensteuer unter dem "Vorbehalt der Nachprüfung" festgesetzt, können die Beiträge auch nach Ablauf der Einspruchsfrist geltend gemacht werden.

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DirtyDancer

Tue Mar 04 12:42:03 CET 2014 Tue Mar 04 12:42:03 CET 2014

Hallo,
interessante Information! Ich habe meine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gar nicht erst in der Steuererklärung 2012 angegeben, da die Basisbeiträge zur Krankenversicherung den Freibetrag komplett ausschöpfen (ich habe noch keinen Steuerbescheid bekommen). Ist es richtig, dass ich keine Chance habe, aufgrund dieses Verfahrens Einspruch einzulegen, weil ich die Beiträge nicht angegeben habe? Ist es möglich, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung noch "nachzuerklären", wenn ja, wie?