Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung: Behandlung von Einsprüchen und Änderungsanträgen
Es wurden ebenso Anträge auf Aufhebung des Einheitswertbescheids gestellt.
Das Finanzministerium Berlin hat in einem Erlass die Finanzämter angewiesen, wie folgt darauf zu reagieren:
Verspätete und damit unzulässige Einsprüche gegen den Einheitswert oder die Grundsteuerfestsetzung sind im Interesse des Steuerpflichtigen nach § 357 Abs. 1 AO umzudeuten in Anträge auf Aufhebung des Einheitswerts (§ 22 Abs. 3 BewG).
Bei unzureichender oder fehlender Bezeichnung des Stichtags ist der maximale Zeitraum auszuschöpfen und als solcher der 1.1.2007 anzunehmen, sofern der Einspruch bzw. Antrag bis 31.12.2011 beim Finanzamt eingegangen ist. Bei Eingangsdaten ab 1.1.2012 beginnt der maximale Zeitraum entsprechend später (1.1.2008 ff.).
Die Anträge auf Aufhebung des Einheitswerts nach § 22 Abs. 3 BewG sind als unbegründet abzulehnen und mit Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen, da nach dem derzeitigen Verfahrensstand keine Aussicht auf Erfolg besteht. Es wird außerdem gebeten, die Anträge auf Änderung oder Aufhebung des Einheitswerts, deren Bearbeitung mit Zustimmung des Grundstückseigentümers zunächst zurückgestellt wurde, ebenfalls als unbegründet abzulehnen.
Für die Ablehnung der genannten Anträge ist folgende Begründung heranzuziehen:
„Soweit mit dem Antrag verfolgt wird, eine Änderung bzw. Aufhebung der bestehenden Einheitsbewertung durchzusetzen, kann dies nicht unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 30.6.2010 (II R 60/08 und II R 12/09) oder die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde (2 BvR 287/11) begründet werden.
Der Bundesfinanzhof hat in seinen Urteilen entschieden, dass die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens jedenfalls für Stichtage bis zum 1.1.2007 noch verfassungsgemäß sind. Zwar befasst sich das Bundesverfassungsgericht in dem Verfahren 2 BvR 287/11 mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer, insbesondere mit der Verfassungsmäßigkeit des Bewertungsgesetzes auch für die späteren Stichtage. Das Bewertungsgesetz als Rechtsgrundlage für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes und das Grundsteuergesetz als Rechtsgrundlage für die daran anschließende Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer bleiben jedoch insgesamt rechtswirksam, solange keine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vorliegt, dass die Normen nicht verfassungsgemäß sind.
Es ist daher nicht möglich, allein aus den o.g. BFH-Entscheidungen oder der Anhängigkeit der Verfassungsbeschwerde die Verfassungswidrigkeit der geltenden Einheitsbewertung und der davon abhängigen Grundsteuer abzuleiten. Das Finanzamt ist insofern an das geltende Recht gebunden.
Auch im Fall eines zur Verfassungswidrigkeit führenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts ist eine rückwirkende Änderung nicht zu erwarten.“
Sofern Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide ergehen, sind diese in die Rechtsbehelfsliste einzutragen und mit einem entsprechenden Hinweis zu kennzeichnen. In diesen Fällen ruht das Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 2 BvR 287/11.
FinMin Berlin, Erlass v. 11.1.2012, III D - S 3304 - 3/2010
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