BMF: Einkünfte des Bordpersonals von Schiffen auf hoher See

Die deutsche Finanzverwaltung hat ihre jahrzehntelange Auffassung zum Besteuerungsrecht für das Bordpersonal von Schiffen geändert. Schiffe auf hoher See gelten nun für die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nicht mehr als schwimmende Gebietsteile des Staates, dessen Flagge sie führen.

Deutschland hat bisher regelmäßig ein Besteuerungsrecht für Tätigkeiten auf deutschen Schiffen angenommen - unabhängig davon, ob die Besatzung aus anderen Staaten stammt. Betroffen ist eine dreistellige Zahl von Hochseeschiffen unter deutscher Flagge. Dem Vernehmen nach haben inzwischen jedoch in mehreren Fällen die Ansässigkeitsstaaten der Beschäftigten ebenfalls Besteuerungsrechte für die Hochseefischer reklamiert. Dadurch könnte es zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Grundlage der bisherigen Verwaltungsauffassung war eine Entscheidung des BFH vom 5.10.1977 für Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Darin hatte der BFH entschieden, dass Schiffe auf hoher See als schwimmende Gebietsteile des Staates anzusehen sind, dessen Flagge sie führen. Damit wurde das Besteuerungsrecht für das Bordpersonal von Schiffen unter deutscher Flagge regelmäßig Deutschland zugebilligt. Diese Entscheidung wendet die Finanzverwaltung nun nicht mehr über den damaligen Einzelfall hinaus an.

Schiffe auf hoher See gelten zukünftig für Zwecke von DBA nicht mehr als schwimmende Gebietsteile des Staates, dessen Flagge sie führen. Völkerrechtlich stellen sie kein Staats- oder Hoheitsgebiet dar. Etwas anderes gilt nur, wenn das konkrete DBA ausdrücklich etwas anderes regelt.

Besteuerung von Arbeitseinkünften auf See

Für Einkünfte von Bordpersonal auf Seeschiffen im internationalen Verkehr richtet sich das Besteuerungsrecht zukünftig nach dem jeweiligen DBA:

Nach dem OECD Musterabkommen 2017 können Vergütungen, die für eine Beschäftigung als Mitglied der regulären Besatzung eines Schiffes an Bord eines Schiffes, das im internationalen Verkehr betrieben wird regelmäßig nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden (Art. 15 Abs. 3 OECD-MA). Enthält ein DBA eine vergleichbare Bestimmung, steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Schiffen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, nach dem neuen Erlass ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.

Enthält das DBA hingegen noch eine Regelung wie in der vorhergehenden Fassung von Art. 15 Abs. 3 OECD-MA 2014, können Einkünfte aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Seeschiffen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des die Schifffahrt betreibenden Unternehmens befindet. Stimmt der Geschäftsleitungsort mit dem Flaggenstatt überein, ergibt sich keine Änderung.

Fehlt eine Sonderregelung für Bordpersonal von Schiffen, richtet sich die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünften aus unselbständiger Arbeit des Bordpersonals von Schiffen nach den allgemeinen Bestimmungen (Art. 15 Abs. 1 und 2 OECD-MA):

Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA können die Vergütungen aus unselbstständiger Arbeit nur im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert werden, es sei denn, die Tätigkeit wird im anderen Staat ausgeübt. 

Abweichend davon steht nach Art 15 Abs. 2 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das ausschließliche Besteuerungsrecht für eine nicht in diesem Staat ausgeübte unselbständige Arbeit zu, wenn der Arbeitnehmer sich insgesamt nicht länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufgehalten oder die Tätigkeit dort ausgeübt hat und der Arbeitgeber, der die Vergütungen zahlt, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist und der Arbeitslohn nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat, getragen wurde.

Arbeit auf hoher See gilt dabei aber nun nicht mehr als Tätigkeit im Flaggenstaat. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wird insoweit nicht eingeschränkt.

Anwendung der Neuregelung

Die Neuregelungen gelten erstmals für Veranlagungszeiträume sowie Lohnzahlungszeiträume, die mit Ablauf des 31.12.2025 beginnen. Mit der Beschränkung auf die Zukunft sollen Härten vermeiden werden.

Tipp: In einem Sachverhalt, der mehr als ein DBA betrifft, kann das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats durch ein weiteres DBA beschränkt werden, welches eine dem Artikel 15 Absatz 3 OECD-MA 2014 entsprechende oder vergleichbare Bestimmung enthält.

Aufteilung des Arbeitslohns

Wird der Arbeitslohn für eine Tätigkeit in einem Vertragsstaat nach DBA freigestellt, so sind die besteuerbaren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ggf. in einen auf den Aufenthalt im Inland entfallenden steuerpflichtigen und einen auf den Aufenthalt im Vertragsstaat entfallenden steuerfreien Teil zu trennen.

Bezüglich der Ermittlung des steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Arbeitslohns verweist die Verwaltung im Übrigen auf Kapitel 5 ihres sog. 183-Tage-Schreibens, zuletzt BMF, Schreiben v. 12.12.2023. Darin wird die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den DBA umfassend dargestellt und geregelt. Die Regelungen zur Aufteilung finden sich in Rz. 223 ff.

Grundlage für die Berechnung des steuerfreien Arbeitslohns ist die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage. Ergänzend weist die Verwaltung in ihrem aktuellen Erlass darauf hin, dass Arbeitstage, an denen die Tätigkeit auf einem Schiff auf hoher See ausgeübt wird, keine Arbeitstage im anderen Staat (Tätigkeitsstaat) darstellen.

Tipp: Weitere Hinweise und Einzelheiten finden Sie auch in unserem Top-Thema.

BMF, Schreiben v. 15.4.2025, IV B 2 - S 1301/01408/007/001


Schlagworte zum Thema:  Doppelbesteuerungsabkommen, Lohn