Rz. 83

Mit Wirkung zum 1.8.2012 ist die Richtlinie nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) auch auf die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit infolge einer Organspende nach § 44a Satz 1 ausgedehnt worden, mit welchem zum selben Zeitpunkt die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften von Spendern der Organe und Gewebe auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden ist. Die mit Wirkung zum 1.1.2016 vorgenommene Änderung bewirkt, dass sich die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie auch in Zukunft weiterhin auf den zum 1.1.2016 auf den einheitlichen Versicherungspflichttatbestand umzustellenden Personenkreis bezieht, welcher vorher in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II familienversichert war. Der in § 5 geregelte Vorrang der Familienversicherung ist mit Wirkung zum 1.1.2016 (vgl. Art. 17 Abs. 2 GKV-FQWG) in der gesetzlichen Krankenversicherung zugunsten einer eigenen Pflichtversicherung aufgegeben worden, weil die Prüfung, ob ggf. eine vorrangige Familienversicherung besteht, sowohl für die Jobcenter nach SGB II als auch für die Krankenkassen verwaltungsaufwändig und fehleranfällig war.

 

Rz. 84

Durch das DVPMG ist der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Abs. 4a beauftragt worden, bis 31.12.2021 die Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) dahingehend anzupassen, dass eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit in geeigneten Fällen auch im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung ohne vorherige Präsenzbehandlung ermöglicht wird. Nach der Gesetzesbegründung war festgestellt worden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss v. 16.7.2020 u. a. zwar Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit einer Fernbehandlung getroffen hatte, dieser Beschluss aber hinter der durch die Änderung der Musterberufsordnung-Ärzte (§ 7 Abs. 4 MBO) eröffneten Möglichkeiten einer ausschließlichen Fernbehandlung zurückgeblieben war.

 

Rz. 85

Nach § 7 Abs. 4 Satz 3 MBO ist eine ausschließliche Beratung oder Behandlung im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist, die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird. Anderenfalls bleibt es dabei, dass im Regelfall Ärztinnen und Ärzte Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt beraten und behandeln. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 MBO).

 

Rz. 86

Im Beschluss v. 16.7.2020 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss zu § 4 Abs. 5 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie folgende Regelungen zum Verfahren zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit einer Fernbehandlung getroffen. Abweichend von Abs. 1, nach welchem die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer unmittelbaren persönlichen ärztlichen Untersuchung erfolgt, kann Arbeitsunfähigkeit auch mittelbar persönlich im Rahmen von Videosprechstunden festgestellt werden. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn die oder der Versicherte von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt oder einer anderen Vertragsärztin oder einem anderen Vertragsarzt derselben Berufsausübungsgemeinschaft aufgrund früherer Behandlung unmittelbar persönlich bekannt ist und die Erkrankung dies nicht ausschließt. Eine erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist nur für einen Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen möglich. Die Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit ist nur zulässig, wenn bei der oder dem Versicherten bereits zuvor aufgrund unmittelbar persönlicher Untersuchung durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit festgestellt worden ist. Sofern der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt eine hinreichend sichere Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde nicht möglich ist, ist von einer Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde abzusehen und auf die Erforderlichkeit einer unmittelbar persönlichen Untersuchung durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt zu verweisen. Die oder der Versicherte ist im Vorfeld der Videosprechstunde über die eingeschränkten Möglichkeiten der Befunderhebung zum Zweck der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde aufzuklären. Ein Anspruch auf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde besteht nicht. Dieser Beschluss war mit Wirkung zum 7.10.2020 Bestandteil des § 4 (Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit) der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie geworden.

 

Rz. 87

Im DVPMG war die Pflicht zur Anpassung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie bis 31.12.2021 damit begründet worden, dass insbesondere bei einfach gelagerten Erkrankungsfällen und zur Vermeidung vo...

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