Rz. 2

Die Soziotherapie-Richtlinien regeln Voraussetzungen, Art und Umfang der Soziotherapie, einschließlich Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Erbringer der Leistung. Die Leistungsdefinition in den Richtlinien ist eigenständig und entspricht nicht dem bisher in sozialwissenschaftlichen Arbeiten vorherrschenden Begriffsverständnis der Soziotherapie. Es geht nicht darum, zulasten der Solidargemeinschaft die soziale Therapie des Individuums in seiner Umwelt bzw. die Reintegration des psychisch Kranken in sein soziales Umfeld durchzuführen. Die Soziotherapie nach § 37a i.V.m. § 92 soll Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen, die nicht in der Lage sind, ärztliche und ärztlich verordnete Leistungen, auf die sie Anspruch haben, selbständig in Anspruch zu nehmen, die Inanspruchnahme dieser Leistungen ermöglichen. Soziotherapie in diesem engeren Sinne leistet direkte Anleitung und Motivationsarbeit, den i.d.R. an einer schweren Erkrankung aus dem Bereich der schizophrenen Psychosen leidenden Patienten (wieder) in die Lage zu versetzen, notwendige Leistungen zu akzeptieren und selbständig in Anspruch zu nehmen. Als Leistungsinhalte sind in den Richtlinien das motivationsrelevante Training zur Steigerung des Antriebs, das Training zur handlungsrelevanten Willensbildung, die Anleitung zur Verbesserung der Krankheitswahrnehmung und auch die Hilfe in Krisensituationen aufgeführt. Der Soziotherapeut erbringt mithin hinführende und koordinierende Maßnahmen, führt aber die vertragsärztlichen bzw. ärztlich verordneten Behandlungen (fachärztliche Therapie, Ergotherapie, Physiotherapie oder Verhaltenstherapie) nicht selbst durch.

 

Rz. 3

In Abs. 1 ist geregelt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse zugunsten des Patienten per Vertrag geregelt werden. Ein Vertragsverhältnis auf Dauer wird ebenso wenig vorgeschrieben wie ein genereller Sicherstellungsvertrag. Rechtsgrund für den Vertrag ist vielmehr, dass er für die bedarfsgerechte Versorgung erforderlich ist. Ein einklagbarer Rechtsanspruch auf Vertragsschluss besteht deshalb für den Leistungserbringer nicht. Die Formulierung "können ... schließen" scheint den Krankenkassen die Wahl zu lassen, ob sie einen Vertrag schließen oder nicht. Das Wahlrecht wird jedoch gegenstandslos, wenn es um die Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung geht, die z.B. von den behandelnden Vertragsärzten aus der Gruppe der Nervenärzte und Psychiater reklamiert werden kann, indem sie Soziotherapie auf dem vereinbarten Vordruckmuster verordnen. Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Vertrages regeln die Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen nach Abs. 2.

Mit Wirkung zum 1.7.2008 ist Abs. 2 aufgehoben, so dass von da ab die Bundesempfehlungen nicht mehr weiterentwickelt werden bzw. es künftig der vertragschließenden Krankenkasse oder deren Landesverband überlassen bleibt, die Anforderungen an die Leistungserbringer für Soziotherapie festzulegen. Da die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der ab 1.7.2008 seine Aufgaben aufnimmt, reduziert und die Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen aus Wettbewerbsgründen vergrößert werden sollten, hat der Gesetzgeber mit der Aufhebung des Abs. 2 auf eine einheitliche Empfehlung verzichtet. Mit der Aufhebung endet auch die beratende Beteiligung der Patientenvertreter und der Selbsthilfeorganisationen nach § 140f Abs. 4, weil der dort noch aufgeführte Abs. 2 entfällt.

 

Rz. 4

Der Bedarf für einen Versorgungsvertrag richtet sich nach der Zahl der schwer psychisch Kranken einer Krankenkasse, die der Soziotherapie bedürfen. Auch an den einzelnen Patienten sind Voraussetzungen geknüpft, bevor Soziotherapie verordnet werden darf (z.B. Therapiefähigkeit). Die Verordnung von Soziotherapie wird i.d.R. der Krankenkasse zur Genehmigung vorgelegt. Der soziotherapeutische Behandlungsplan, den ebenfalls der Nervenarzt oder Psychiater unter Angabe der verordneten und empfohlenen Maßnahmen, deren Inanspruchnahme zu koordinieren ist, ausstellt, ist der Verordnung von Soziotherapie beizufügen. Die Krankenkasse bedient sich i.d.R. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), der die eingereichten Unterlagen auf der Basis der bundeseinheitlichen Begutachtungs-Richtlinien Ambulante Soziotherapie v. 27.11.2002 prüft, bevor die Krankenkasse entscheidet.

 

Rz. 5

Näheres zu den für Soziotherapie infrage kommenden medizinischen Voraussetzungen enthalten die Soziotherapie-Richtlinien, welche die Indikation für Soziotherapie vom Vorliegen einer schweren psychischen Erkrankung aus den Bereichen des schizophrenen Formenkreises, von Fähigkeitsstörungen und deren konkret definierte Schwere abhängig machen. Soziotherapie setzt voraus, dass der Patient die Therapieziele auch erreichen kann. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, darf keine Soziotherapie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet bzw. durchgeführt werden. Grundlage der Leistungsdurchführ...

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