0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) neu eingeführt worden und gilt ab 1.1.2000. Aufgrund des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) werden mit Wirkung zum 1.7.2008 in Abs. 1 die Wörter "und die Verbände der Ersatzkassen" gestrichen und Abs. 2 wird aufgehoben (Art. 46 Abs. 9 GKV-WSG).

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Die Soziotherapie ist mit Wirkung zum 1.1.2000 als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 37a) eingeführt worden. Diese Betreuungsleistung zielt darauf ab, für schwer psychisch kranke Patienten die notwendige Inanspruchnahme ambulanter vertragsärztlicher/-zahnärztlicher oder ärztlich verordneter Leistungen sicherzustellen und dadurch ständig wiederkehrende Krankenhausaufenthalte (sog. Drehtüreffekt) zu vermeiden. Die zeitlich begrenzte Soziotherapie soll diesen Patienten durch Motivierungsarbeit und strukturierte Trainingsmaßnahmen helfen, die erforderlichen ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen zu akzeptieren und selbständig in Anspruch zu nehmen.

Ob dieses Ziel erreicht und die Versorgungsqualität für diese Versicherten verbessert wird, hängt wesentlich davon ab, wie effektiv und bedarfsgerecht die Erbringung der Soziotherapie vertraglich gestaltet wird. Die Vorschrift überträgt den leistungsrechtlichen Rechtsanspruch des Versicherten in das Vertragsrecht und setzt den bundesweit gültigen Rahmen der Verträge über die Versorgung mit Soziotherapie, den auf Landesebene oder regionaler Ebene die Krankenkassen oder ihre Landesverbände durch Verträge mit geeigneten Personen oder Einrichtungen ausfüllen.

Die zum 1.7.2008 rechtswirksame Streichung der Wörter "und die Verbände der Ersatzkassen" ist eine Folge der neuen Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen. Im Ersatzkassenbereich hat es bisher keine rechtlich selbständigen Verbände auf Landesebene gegeben. Verbände der Ersatzkassen i.S.d. Abs. 1 waren vielmehr der VdAK e.V. und der AEV e.V., die mit Wirkung zum 1.7.2008 ihre Funktion als Spitzenverbände der Krankenkassen an den in Gründung befindlichen Spitzenverband Bund der Krankenkassen verlieren. Für die Landesverträge im Zuständigkeitsbereich der Ersatzkassen gilt ab 1.7.2008 die Regelung des § 212 Abs. 5 i.d.F. des GKV-WSG, die für diese Verträge die Benennung eines (ggf. gemeinsamen) Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis vorsieht.

Allerdings gibt das Gesetz durch die Formulierung "unter Berücksichtigung der Richtlinien ... Verträge schließen" den Krankenkassen bzw. ihren Landesverbänden, aber auch den Leistungserbringern vor, dass bei den Verträgen vor Ort die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 37a Abs. 2 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 6 zu berücksichtigen sind. Da es sich bei den Soziotherapie-Richtlinien um Richtlinien nach § 92 handelt, sind sie als Bestandteil des Bundesmantelvertrags-Ärzte (vgl. § 92 Abs. 8), aber auch aufgrund der Satzung der Landesverbände der Krankenkassen für die Mitgliedskassen (vgl. § 210 Abs. 2) bindend. 

Die Einführung der Soziotherapie in das Regelwerk der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich lange hingezogen, weil die Richtlinien des Bundesausschusses am 23.8.2001 beschlossen wurden und erst zum 1.1.2002 in Kraft getreten sind (BAnz Nr. 217 v. 21.11.2001 S. 23735). Beim Zustandekommen der Soziotherapie-Richtlinien ist auf die sonst übliche Anhörung der Spitzenorganisationen der Leistungserbringer verzichtet worden. Damals existierte noch keine Spitzenorganisation der Leistungserbringer für Soziotherapie.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 2

Die Soziotherapie-Richtlinien regeln Voraussetzungen, Art und Umfang der Soziotherapie, einschließlich Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Erbringer der Leistung. Die Leistungsdefinition in den Richtlinien ist eigenständig und entspricht nicht dem bisher in sozialwissenschaftlichen Arbeiten vorherrschenden Begriffsverständnis der Soziotherapie. Es geht nicht darum, zulasten der Solidargemeinschaft die soziale Therapie des Individuums in seiner Umwelt bzw. die Reintegration des psychisch Kranken in sein soziales Umfeld durchzuführen. Die Soziotherapie nach § 37a i.V.m. § 92 soll Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen, die nicht in der Lage sind, ärztliche und ärztlich verordnete Leistungen, auf die sie Anspruch haben, selbständig in Anspruch zu nehmen, die Inanspruchnahme dieser Leistungen ermöglichen. Soziotherapie in diesem engeren Sinne leistet direkte Anleitung und Motivationsarbeit, den i.d.R. an einer schweren Erkrankung aus dem Bereich der schizophrenen Psychosen leidenden Patienten (wieder) in die Lage zu versetzen, notwendige Leistungen zu akzeptieren und selbständig in Anspruch zu nehmen. Als Leistungsinhalte sind in den Richtlinien das motivationsrelevante Training zur Steigerung des Antriebs, das Training zur handlungsrelevanten Willensbildung, die Anleitung zur Verbesserung der Krankheitswahrnehmung und auch die Hilfe in Krisensituationen aufgeführt. Der Soziotherapeut erbringt mithin hinführende...

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