Rz. 1a

Die Vorschrift gehört zum 4. Kapitel SGB V und dort zum 3. Abschnitt, der durch die §§ 107 bis 114 die Beziehungen der gesetzlichen Krankenkassen zu Krankenhäusern und anderen Einrichtungen regelt. Zu den "anderen Einrichtungen" gehören auch die in der Überschrift genannten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen.

Die für den Krankenhausbereich gültigen Bestimmungen über die Rechtsbeziehung sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen einerseits und den Krankenkassen bzw. deren Landesverbände/Verbände andererseits zum Teil wortgleich übertragen worden. Dem Gesetzgeber ging es beim Zugang zum Vertragsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung um die rechtliche Gleichbehandlung der Krankenhäuser und der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, weil er nach der Begründung zum GSG mit der Bedarfsprüfung in beiden Bereichen das Ziel verfolgte, die Ausgaben im Gesundheitswesen zu senken und die Leistungen auf das medizinisch Notwendige zu beschränken. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Gleichbehandlung beider Bereiche dadurch relativiert, dass bei verfassungskonformer Auslegung der Begriff "bedarfsgerecht" bei Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen anders auszulegen ist als im Krankenhausbereich (BSG, Urteil v. 23.7.2002, B 3 KR 63/01; BGH, Urteil v. 24.6.2004, III ZR 215/03 – zum Schadenersatzanspruch gegen einen Krankenkassenverband, wenn der Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 wegen Pflichtverletzung zu Unrecht abgelehnt worden ist).

Danach darf der auf dem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beruhende Abschluss eines Versorgungsvertrages mit einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nicht mit der Begründung verweigert werden, dass die Einrichtung nicht bedarfsgerecht ist, weil der zusätzliche Versorgungsvertrag zu einem Überangebot an Einrichtungen führen würde. Die Bedarfsgerechtigkeit erschöpft sich vielmehr darin, dass die Krankenkassen oder ihre Landesverbände bei ihrer Planung auf die Sicherstellung einer Mindestausstattung einer Region mit geeigneten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu achten haben. Zu diesem Zweck sind die Krankenkassen bei örtlicher Unterversorgung sogar berechtigt, nach § 140 Abs. 2 Satz 1 eigene Einrichtungen zur Rehabilitation zu gründen und zu unterhalten oder über ihre Landesverbände Versorgungsverträgen in anderen Bundesländern beizutreten.

Das Ziel des Gesetzgebers, mit der Bedarfsprüfung im Bereich der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen die Ausgaben zu senken und die Leistungen auf das medizinisch Notwendige zu beschränken, wird, so das BSG, im Gegensatz zum Krankenhausbereich bereits dadurch realisiert, dass die Leistungsgewährung im Ermessen der Krankenkassen steht (vgl. "kann" in §§ 23 Abs. 4 und 40 Abs. 2) und die Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen erst nach Prüfung der Notwendigkeit durch den Medizinischen Dienst (§ 275 Abs. 2 Nr. 1) und nur für eine im Voraus festgelegte Zeitdauer von 3 Wochen (im Einzelfall Verlängerung möglich) gewährt werden. Die vertragsärztliche Verordnung einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme (vgl. § 73 Abs. 2 Nr. 7) ist nach Auffassung des BSG für die Krankenkasse schon deshalb nicht verbindlich, weil die Notwendigkeit der Maßnahme medizinisch überprüft wird. Somit hätten es die Krankenkassen, so das BSG, weitgehend selbst in der Hand, dass die Kostenentwicklung in diesem Bereich im angemessenen Rahmen bleibt.

Mit der durch § 40 Abs. 2 Satz 2 GKV-WSG (jetzt Abs. 2 Satz 4) erfolgten Erweiterung des Kreises zulässiger Leistungserbringer für stationäre Rehabilitation über zertifizierte Vertragseinrichtungen hinaus auf vertragslose zertifizierte Einrichtungen hat der Gesetzgeber das Leistungsangebot über das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus erstreckt, wie das BSG im Urteil v. 7.5.2013 (B 1 KR 12/12 R) festgestellt hat. Dabei habe sich der Gesetzgeber allerdings von hinreichenden Sachgründen leiten lassen, Versicherten nur für vertragslose zertifizierte Einrichtungen ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht für geeignete Einrichtungen zuzuerkennen. Die Versicherten tragen bei ihrer Wahl einer vertragslosen zertifizierten Einrichtung die Mehrkosten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Gleichbehandlung selbst.

Mit Wirkung zum 29.10.2020 ist aber der von den Versicherten zu tragende Mehrkostenanteil auf die Hälfte reduziert worden (§ 40 Abs. 2 Satz 4). Nach der Begründung im GKV-IPReG soll damit das Wahlrecht der Versicherten gestärkt werden, wobei von den Krankenkassen die Berechnungsgrundlagen für die Mehrkosten nachvollziehbar darzulegen sind.

Nach der Urteilsbegründung sichert aber die nach wie vor bestehende Einschränkung des Wahlrechts bei Vertragseinrichtungen die Vorhaltung eines verfügbaren Systems von stationären Rehabilitationseinrichtungen, indem die Krankenkassen bei der Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen gleich geeigneten Einrichtungen nicht zuletzt im Interesse der Erhaltung der Infrastruktur...

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