0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) v. 11.7.2021 (BGBl. I S. 2754) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 20.7.2021 durch Art. 1 Nr. 13a neu eingefügt. Die Norm beruht auf den Beschlüssen des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 19/30550).

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Mit § 39 Abs. 1a hat der Gesetzgeber bereits im Jahre 2015 ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung eingeführt. Dieses löst allerdings nicht das Problem, dass sich auftat, wenn bei Entlassung aus dem Krankenhaus unmittelbar keine Anschlussversorgung zur Verfügung stand. Insbesondere für das Krankenhaus öffnete sich ein Haftungsrisiko, wenn in einer solchen Situation Anschlussversorgung nicht gewährleistet war. Verblieb ein Versicherter im Krankenhaus, bestand ein Vergütungsrisiko, wenn die Krankenkasse die stationäre Weiterbehandlung nicht bezahlte (Brucklacher/Dunker, PflR 2021 S. 770).

 

Rz. 3

§ 39e eröffnet nunmehr einen neuen Anspruch auf eine längstens 10 Tage dauernde Übergangspflege im Krankenhaus. Voraussetzung ist, dass im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung vor der Entlassung erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37), der Kurzzeitpflege (§ 39c), Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 40) oder Pflegeleistungen nach dem SGB XI nicht oder nur unter erheblichem Aufwand sichergestellt werden können. Die Übergangspflege umfasst die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die Aktivierung der Versicherten, die Grund- und Behandlungspflege, ein Entlassmanagement, Unterkunft und Verpflegung sowie die im Einzelfall erforderliche ärztliche Behandlung. Obwohl in der amtlichen Begründung nicht erwähnt, dürfte die Vermutung zutreffend sein, dass die Idee des Gesetzgebers auf eine Entscheidung des BSG v. 19.11.2019 (B 1 KR 13/19 R) zurückzuführen sein dürfte (so u. a. Trefz, f&w 2021 S. 1128, 1129). Darin hatte das BSG eine planwidrige Regelungslücke für den Notfall angenommen, in denen ein Versicherter nicht mehr Anspruch auf kooperative Krankenhausbehandlung, sondern auf stationäre medizinische Rehabilitation hat und ein Reha-Platz nicht zeitgerecht im Anschluss an eine notwendig stationäre Krankenhausbehandlung von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden kann. Insofern schließt auch § 39e durchaus eine planwidrige Regelungslücke, wenn ein Versicherter im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege, Leistungen zur medizinischen Reputation oder Pflegeleistungen nach dem SGB XI beanspruchen können, diese aber nicht zeitgerecht erbracht werden, sondern auch die Übergangspflege erbringen muss. Dabei hat das BSG allerdings entschieden, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für die stationäre medizinische Notfall-Reha sich entsprechend den Grundsätzen der stationären Notfallbehandlungen im Krankenhaus nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen den Reha-Träger richte. Hiervon weicht § 39e in einem entscheidenden Punkt ab: Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses richtet sich nicht gegen den für die eigentliche Leistung zuständigen Träger, sondern gegen die Krankenkasse. Das könnte sich als problematisch erweisen.

2 Rechtspraxis

2.1 Anspruchsvoraussetzungen (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 4

§ 39e eröffnet einen Anspruch auf Übergangspflege, wenn im unmittelbaren Anschluss an die Krankenhausbehandlung S. 1 genannten, vorrangigen Leistungen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können. Die Leistung kann nur in dem Krankenhaus erbracht werden, indem die oder der Versicherte zuvor behandelt worden ist. Ferner darf noch keine Entlassung des Patienten erfolgt sein. Das beabsichtigte Ineinandergreifen von § 39e und Entlassmanagement nach § 39 Abs. 1a bedingt, dass im Rahmen des Entlassmanagements der konkrete Bedarf an Nachsorge nach Abschluss der stationären Heilbehandlung ermittelt und festgestellt worden sein muss. Andernfalls kann die Übergangspflege ihrer Aufgabe, die in Aussicht genommene ambulante Versorgung vorzubereiten, zu unterstützen und zu fördern, nicht erfüllen.

 

Rz. 5

Die genannten vorrangigen Leistungen dürfen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können. Dazu heißt es in der amtlichen Begründung, dass von den Patientinnen und Patienten nicht verlangt wird, dass sie einen erheblichen Aufwand betreiben müssen zur anderweitigen Sicherstellung der Versorgung (BT-Drs. 19/30560 S. 27). Eine nähere Konkretisierung findet sich in der Vereinbarung über eine einheitliche und nachprüfbare Dokumentation zum Vorliegen der Voraussetzungen der Übergangspflege gemäß § 39e Abs. 1 Satz 5 SGB V (Dokumentations-Vereinbarung Übergangspflege) v. 31.10.2021 zwischen dem GKV-Spitzenverband sowie dem Verband der privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.2_Finanzierung_u...

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