Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Analogleistung. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Leistungsausschluss für Auszubildende. besonderer Härtefall

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 2 Abs AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII.

 

Orientierungssatz

Ein besonderer Härtefall iS des § 22 Abs 1 S 2 SGB 12 ist nur anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und auch mit Rücksicht auf den gesamten Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheinen (vgl BVerwG vom 14.10.1993 - 5 C 16/91 = BVerwGE 94, 224 sowie BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 67/08 R = FEVS 61, 104).

 

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Antrag, der darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, bleibt ohne Erfolg.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, d.h. einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Seinem Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt, die ihm von der Antragsgegnerin noch bis 31.05.2015 in analoger Anwendung der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gem. § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gewährt worden waren, steht § 22 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sind, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt, §§ 27 ff.) und Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, §§ 41 ff.) des SGB XII. Nach Satz 2 können in besonderen Härtefällen Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.

§ 22 Abs. 1 SGB XII ist vorliegend anwendbar. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Dass diese Voraussetzungen für den Anspruch auf Analogleistungen in der Person des Antragstellers grundsätzlich vorlagen, ist offenbar zwischen den Beteiligten unstreitig und kann daher für das Eilverfahren unterstellt werden. Die in § 2 Abs. 1 AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 - L 23 B 1008/05 AY ER; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 03/12, Rn. 1; Oppermann, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 AsylbLG, Rn. 129; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 2 AsylbLG, Rn. 12; a.A. - allerdings bezogen auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG - OVG Münster, Beschluss vom 15.06.2001 - 12 B 795/00 -, juris, zur Vorgängervorschrift § 26 Bundessozialhilfegesetz -BSHG).

Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor. Der Antragsteller ist Auszubildender, da er seit 01.02.2015 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Wassertechnik absolviert, die voraussichtlich am 31.07.2018 beendet sein wird (vgl. den Berufsausbildungsvertrag vom 19.01.2015, Bl. 64 ff. Verwaltungsakte). Die Ausbildung ist auch nach § 57 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig, da es sich um eine betriebliche Berufsausbildung handelt, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird (vgl. die Verordnung über die Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker vom 24.06.2003, BGBl. I S. 1012, 1439, geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 29.07.2003, BGBl. I S. 1543) und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Infolgedessen erhält der Antragsteller auch tatsächlich neben seiner Ausbildungsvergütung iHv 410,- EUR ...

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