Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. vorstationäre Behandlung zur Klärung der Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung. Vergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen von Vergütungsansprüchen für eine vorstationäre Behandlung im Krankenhaus.

 

Orientierungssatz

1. Bei vorstationärer Behandlung im Sinne von § 115a Abs 2 Nr 1 SGB 5 handelt es sich um eine Sonderform der ambulanten Versorgung der Versicherten, bei der die Nutzung krankenhausspezifischer Strukturen nicht vorausgesetzt wird; sie steht auch nicht in einem Subsidiaritätsverhältnis zu ambulanten Leistungen, und eine anschließende vollstationäre Behandlung ist ebenfalls nicht begriffliche Voraussetzung der vorstationären Behandlung.

2. Berufung anhängig beim LSG Berlin-Brandenburg - L 1 KR 118/11.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.09.2013; Aktenzeichen B 1 KR 67/12 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 119,13 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 12. September 2009 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Vergütung für eine vorstationäre Krankenhausbehandlung.

Der klagende Verein hat seinen Sitz in B-Z . Er betreibt dort das Krankenhaus W... Die Vertragsärztin K.. verordnete der bei der Beklagten Versicherten E T (fortan: Versicherte) auf dem dafür vorgesehenen Formular am 29. Februar 2008 Krankenhausbehandlung. Das Feld “Diagnose/Befund„ enthält die Angaben: “N39.42 G Urge-Inkontinenz; N39.42 G zur Abklärung/evt. OP„. Die Beklagte sagte die Kostenübernahme für die Krankenhausbehandlung (einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung) ab dem Aufnahmetag zu. Das Krankenhaus führte bei der Versicherten in der Fachabteilung Frauenheilkunde am 14. März 2008 ambulant eine Urodynamik durch. Der Kläger stellte der Beklagten hierfür unter dem 8. April 2008 119,13 € in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diese Rechnung zunächst, bat den Kläger jedoch um Erstellung eines Kurzberichts und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch im Mai 2008 mit einer Überprüfung. Der MDK führte schließlich am 8. Juli 2009 im Rahmen einer Krankenhausbegehung ein Fallgespräch mit dem verantwortlichen Oberarzt. Ausweislich des hierüber erstellten Berichts “wurde besprochen und erläutert, dass es sich in dem vorliegenden Fall um eine ambulant zu erbringende Leistung handelt. Dies wurde von Seiten des KH bestätigt„. Hierauf gestützt bat die Beklagte den Kläger um Übersendung einer korrigierten Rechnung. Da der Kläger dies ablehnte, setzte die Beklagte am 11. September 2009 von einer Rechnung des Klägers in einem anderen Behandlungsfall den Betrag von 119,13 € ab.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Versicherte sei mit einer Einweisung eines niedergelassenen Facharztes ohne Unterkunft und Verpflegung behandelt worden, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären. Ergebe die Abklärung, dass keine stationäre Behandlungsnotwendigkeit besteht, müsse die Leistung des Krankenhauses als vorstationäre Leistung vergütet werden. Ergänzend wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 18. März 2010, 12. Juli 2010, 26. August 2010, 30. November 2010 und 22. Februar 2011 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn (den Kläger) 119,13 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12. September 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Ein Urodynamik sei eine in der Regel ambulant durchzuführende Maßnahme der Diagnostik. Medizinische Gründe, welche vorliegend gegen eine ambulante Durchführung gesprochen hätten, würden nicht vorgetragen und seien auch sonst nicht ersichtlich. Bei niedergelassenen Ärzten in und um Berlin hätte es ausreichend Möglichkeiten gegeben, die Diagnostik ambulant durchzuführen, um eine vorstationäre Krankenhausbehandlung zu vermeiden. Der besonderen Mittel eines Krankenhauses hätte die durchgeführte Behandlung nicht bedurft. Ergänzend wird auf die weiteren Ausführungen in den Schriftsätzen der Beklagten vom 1. Juni 2010, 20. Juli 2010, 24. September 2010 und 21. Dezember 2010 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Behandlungsfall T… betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Beklagte war nicht berechtigt, gegen spätere Forderungen des Klägers nachträglich mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 119,13 € aufzurechnen. Der Kläger ist in dieser Höhe nicht zu Unrecht bereichert, denn ihm steht wegen der vorstationären Behandlung der Versicherten der Beklagten ein Anspruch auf Vergütung zu.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs f...

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