Rz. 24

Der Rehabilitand kann seine Wunsch- und Wahlrechte bei der Antragstellung und danach zu jeder Zeit wahrnehmen – theoretisch betrachtet sogar bis zum letzten Tag der Leistung. Sein Wunsch bzw. seine Wahl können lediglich für die Zukunft wirken.

Es besteht kein Anspruch darauf, dass der Rehabilitationsträger über die Berechtigung des Wunsches innerhalb kürzester Zeit entscheidet. Deshalb bedarf es zur Umsetzung der Wunschrechte in der Praxis eines angemessenen Vorlaufs. Der Wunsch muss rechtzeitig und für den Rehabilitationsträger unmissverständlich bezeichnet sein, dass dieser bei vernünftiger Organisation in der Lage ist, die Wunschleistung fristgerecht umzusetzen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.5.2017, L 9 SO 191/17 B ER).

Das Wunschrecht nach § 8 ist ein Recht, welches einen aktiven Antrag auf Erfüllung der "Wünsche" bedarf. Damit der Rehabilitationsträger seiner Pflicht zur Wunschleistung nachkommen kann, muss der Rehabilitand seinerseits Sorge dafür tragen, dass dieser Wunsch dem leistungsverpflichtenden Träger hinreichend deutlich wird. Hat der Rehabilitand von seinem Wunschrecht Gebrauch gemacht, hat der Rehabilitationsträger alle erheblichen Umstände zu ermitteln (Amtsermittlungsprinzip; §§ 21, 22 SGB X).

Die vom Rehabilitationsträger zu treffende Entscheidung muss rechtsfehlerfrei sein.

Im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens hat der Leistungsberechtigte nur einen Rechtsanspruch darauf, dass der Rehabilitationsträger das ihm eingeräumte Ermessen – nämlich die Entscheidung, ob der Wunsch des behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Menschen berechtigt ist – pflichtgemäß ausübt. Der bloße Hinweis eines Rehabilitationsträgers auf eine andere, für die Indikation vermeintlich besser geeignete Einrichtung reicht für eine Ablehnung des Wunsches nicht aus.

 

Rz. 25

Bevor der Rehabilitationsträger seine Entscheidung rechtsfehlerfrei ausüben kann, hat er den Rehabilitanden anzuhören (§ 24 SGB X). Im Rahmen dieser Anhörung hat der Rehabilitationsträger dem Rehabilitanden mitzuteilen, welche Entscheidung er dem Grunde nach beabsichtigt und auf welche Tatsachen er sich bisher stützt. Durch die Anhörung soll der Betroffene Gelegenheit erhalten, die vorgesehene Entscheidung des Rehabilitationsträgers bezüglich der Bewilligung der Wunschleistung durch das Vorbringen von bisher noch nicht bekannten Umständen günstig zu beeinflussen. Hierzu ist es notwendig, dass der Rehabilitationsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen/Umstände dem betroffenen Rehabilitanden verständlich unterbreitet – und zwar so, dass er sich zu ihnen – ggf. nach ergänzenden Anfragen bei dem Rehabilitationsträger – sachgerecht äußern kann. Welche Tatsachen für die Entscheidung erheblich und dem Betroffenen zur Äußerung mitzuteilen sind, richten sich nach Art und Inhalt der im Einzelfall in Betracht kommenden Entscheidung. Entscheidungserheblich sind grundsätzlich alle Tatsachen/Umstände,

  • die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beitragen,
  • auf die sich die Verwaltung also bei der Entscheidung zumindest auch stützen kann

(vgl. hierzu BSG, Urteil v. 15.8.2002, B 7 AL 38/01 R).

Die Anhörung ist an keine Form gebunden. Sie kann grundsätzlich schriftlich, mündlich oder sogar fernmündlich erfolgen (BSG, Urteil v. 31.3.1982, 4 RJ 21/81). Aus Beweisgründen sollte die Anhörung jedoch regelmäßig schriftlich erfolgen.

Die Anhörung muss zeitlich so bestimmt sein, dass sich der Beteiligte zu dem gesamten Sachverhalt äußern kann. Die Anhörungsfrist sollte – ohne Berücksichtigung von Postlaufzeiten – mindestens 2 Wochen betragen (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 24.7.1980, 5 RKnU 1/79).

Reagiert der Rehabilitand auf eine schriftlich durchgeführte Anhörung (§ 24 SGB X) nicht, nimmt also von seinem Anhörungsrecht keinen Gebrauch, darf sich der Rehabilitand nicht beschweren, es wären bei der Entscheidung des Rehabilitationsträgers nicht alle seine individuellen Umstände berücksichtigt worden.

 

Rz. 26

Über die Bewilligung bzw. Nichtbewilligung des Wunsch- oder Wahlrechts entscheidet der Rehabilitationsträger in Form eines förmlichen Verwaltungsakts (§ 31 SGB X) mit Rechtsbehelfsbelehrung. In dem Bescheid hat der Rehabilitationsträger detailreich zu begründen, weshalb den Wünschen im Einzelfall nicht entsprochen wurde. Lässt der Bescheid nicht erkennen, welche Gesichtspunkte der Rehabilitationsträger für seine Ermessensentscheidung berücksichtigt hat, ergibt sich daraus ein Ermessensfehler. Die Entscheidung ist dann rechtswidrig. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Komm. zu § 39 SGB I verwiesen.

Bei der Prüfung einer Ermessensleistung ist es dem Gericht verwehrt, das eigene Ermessen an die Stelle des Ermessens des Rehabilitationsträgers zu setzen; das Gericht kann lediglich die Ermessensentscheidung nach Ermessensnichtgebrauch, Ermessensunterschreitung, Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch überprüfen. Es findet somit lediglich eine gerichtliche Rechtskontrolle, aber keine Kontrolle der Zweckmäßigkeit statt (LSG Hessen,...

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