Rz. 13

Abs. 2 regelt Besonderheiten für die Erwerbsfähigkeit von Ausländern über Abs. 1 hinaus. Die Regelung findet nur Anwendung, wenn bereits festgestellt ist, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Ausländers in Deutschland vorhanden ist und kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 vorliegt, also z. B. keine Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besteht und die Einreise des Ausländers bzw. seiner Familienangehörigen nicht ausschließlich zum Zweck der Arbeitssuche stattgefunden hat. Die Formulierung des Abs. 2 Satz 1 ist durch den grundsätzlichen Erlaubnisvorbehalt einer Beschäftigung für Ausländer begründet.

Für die ersten 3 Monate ihres Aufenthalts sind auch Personen und ihre Familienangehörigen ausgeschlossen, die nicht Arbeitnehmer oder Selbständige in der Bundesrepublik Deutschland sind und auch nicht freizügigkeitsberechtigt sind (§ 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz-EU), es sei denn, sie besitzen einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen). Ein Ausländer ist nicht erwerbsfähig i. S. d. § 8 und kann damit die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II nicht erfüllen, wenn er eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben darf, weil er keine Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung erhalten kann. Ausländer werden damit dann von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn sie aus einem Rechtsgrund heraus keine Erwerbstätigkeit aufnehmen dürfen.

Ausländer ist, wer nicht Deutscher i. S. d. Art. 116 GG ist. Ein Ausländer kann Unionsstaatsbürger oder Drittstaatsangehöriger sein. Unionsbürger sind die Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit ergibt sich aus der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Bei den Staatsbürgern neuer Mitgliedstaaten können Sonderregelungen zu beachten sein, die jedoch außerhalb von § 7 Abs. 1 Satz 2 der Erwerbsfähigkeit im Regelfall nicht entgegenstehen (z. B. kein Freizügigkeitsrecht oder eine entsprechende Verlustfeststellung). § 7 Abs. 1 Satz 2 ff. ist stets zu prüfen. Drittstaatsangehöriger ist jeder Ausländer, der weder Deutscher i. S. d. Art. 116 GG noch Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU ist. Abs. 2 gilt sowohl für den unbeschränkten wie auch für den sog. nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Zu bestätigen ist, dass ein nachrangiger Zugang zum Arbeitsmarkt mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG genügt, um die Anspruchsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 zu erfüllen. Ein Aufenthaltstitel zum Zweck einer Beschäftigung erhalten Drittstaatsangehörige nur dann ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, wenn dies in der Beschäftigungsverordnung ausdrücklich geregelt ist. Ohne Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung muss die Ausländerbehörde die Aufnahme der Beschäftigung ausdrücklich erlauben (vgl. §§ 18 Abs. 2 Satz 1, 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Damit reicht es aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit i. S. einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung zur Beschäftigungsaufnahme durch die Bundesagentur für Arbeit erlaubt sein könnte. Das gilt insbesondere auch dann, wenn sich für einen konkreten Arbeitsplatz erweist, dass die Erlaubnis wegen eines verfügbaren geeigneten bevorrechtigten Bewerbers verhindert wird (LSG Hessen, Urteil v. 27.11.2013, L 6 AS 726/12, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 30.1.2013, B 4 AS 54/12 R).

 

Rz. 13a

Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 2 ist auch eine selbständige Tätigkeit. Im Übrigen gilt § 7 Abs. 1 SGB IV (vgl. die Komm. dort). Die scheinbar für Ausländer verschärften Anspruchsvoraussetzungen stimmen mit dem System der Grundsicherung für Arbeitsuchende überein. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende fasst die Arbeitsuchenden deshalb zusammen und schließt die nicht erwerbsfähigen Menschen aus dem System aus, weil die Erwartung besteht, dass die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten durch Verwertung ihrer Arbeitskraft Hilfebedürftigkeit beseitigen und damit das System wieder verlassen können. Das trifft aber gerade auf die Ausländer nicht zu, denen aus ausländerrechtlichen Gründen keine Erlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erteilt werden darf. Im Ergebnis hat Abs. 2 keinen eigenen rechtlichen Anwendungsbereich, soweit ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 ff. reicht.

 

Rz. 13b

Eine nähere Prüfung des § 8 Abs. 2 ist nicht erforderlich, soweit der Ausländer aufgrund von Übergangsrecht Zugang zum Arbeitsmarkt hat. Das ist der Fall, wenn vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes erteilte Genehmigungen (Aufenthaltgenehmigungen, Arbeitserlaubnisse) fortgelten, z. B. als Niederlassungserlaubnis mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang, als uneingeschränkte Arbeitsberechtigung, als noch nicht abgelaufene befristete Arbeitsberechtigung oder als unbefristete Arbeitserlaubnis für IT-Fachleute mit ursprünglich befristeter Arbeitserlaubnis aufgrund der "Green-Card-Regelung". Die Feststellu...

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