Rz. 5

Der Umfang der Auskunftspflicht ist nach dem Wortlaut der Vorschrift weit gefasst. Der Arbeitgeber muss der Agentur für Arbeit alle Tatsachen mitteilen, die für den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II erheblich sein können. Zu den Tatsachen gehören auch die Vorschriften des einschlägigen Tarifvertrages. Rechtliche Wertungen braucht der Arbeitgeber dagegen nicht vorzunehmen (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 57 Rz. 10). Es ist vielmehr Aufgabe des SGB II-Trägers, die vom Arbeitgeber mitgeteilten Tatsachen zu bewerten und im Hinblick auf das Leistungsbegehren des Hilfebedürftigen zu würdigen. Mitgeteilt werden müssen vom Arbeitgeber nur solche Tatsachen, die für den Leistungsanspruch erheblich sein können. Entscheidungserheblich sind solche Tatsachen, die Einfluss auf den Beginn, die Dauer oder die Höhe des Leistungsanspruchs haben können. Insbesondere die Angabe des Grundes der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann wegen der möglichen Sanktionen nach § 31 für den Träger von Bedeutung sein. Aus den Auskunfts- und Mitwirkungspflichten Dritter nach § 57 ff. SGB II kann keine gesetzliche Befugnis des Beklagten zur Offenbarung des SGB II-Leistungsbezugs der Kläger gegenüber dem Haus- und Grundbesitzerverein E. als Vertreter der früheren Vermieterin und dem Ehemann der früheren Vermieterin hergeleitet werden (BSG, Urteil v. 25.1.2012, B 14 AS 65/11 R).

 

Rz. 5a

Der Wortlaut entspricht zwar nicht mehr exakt demjenigen des § 312 Abs. 1 Satz 1 SGB III, aus dem Zusammenspiel des Satzes 1 HS 1 und des Satzes 2 ergibt sich jedoch, dass die Auskunftspflicht des § 57 weitgehend dessen Umfang entspricht. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck, alle für die Entscheidung über den Anspruch auf Leistungen erforderlichen Tatsachen zu ermitteln. Dazu gehören zum einen alle anspruchsbegründenden Tatsachen, zum anderen auch die Tatsachen nach § 31, die zu einer Absenkung oder zum Wegfall des Anspruchs führen. Anzugeben sind beispielsweise die Tatsachen, welche die Voraussetzungen für den Eintritt einer das Ruhen oder den Wegfall des Arbeitslosengeldes begründenden Sperrzeit nach dem SGB III erfüllen. Zugleich wird der Situation Rechnung getragen, dass eine Bescheinigung nach § 312 SGB III nicht erteilt wurde oder kein vorangehendes Arbeitsverhältnis mit Bescheinigungspflicht bestanden hat. Soweit demgegenüber die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/1516, Begründung S. 66 Art. 1 zu § 57) ausführt, bei Bedarf fordere die Agentur für Arbeit gezielt eine vereinfachte Arbeitsbescheinigung an, die lediglich Angaben zu dem Ende und dem Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses enthalten müsse, bezieht sich dies auf den ursprünglichen Wortlaut des Gesetzentwurfes, welcher überholt ist.

 

Rz. 5b

Dem Arbeitgeber steht gegenüber dem Träger der Grundsicherung kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Dies wird aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Verpflichtung gefolgert.

 

Rz. 5c

Nach § 57 Satz 2 erstreckt sich die Auskunftspflicht auf Angaben über das Ende und den Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Der Beendigungsgrund ist wegen der Möglichkeit von Sperrzeiten und sonstigen Sanktionen nach §§ 31 ff. von Relevanz. Hat der Beschäftigte das Arbeitsverhältnis z. B. selbst gekündigt, kommt unter den Voraussetzungen von § 159 SGB III eine 12-wöchige Sperrzeit in Betracht. Aufgrund der Formulierung "erstreckt sich auch" besteht die Auskunftsverpflichtung unabhängig von der Leistungserheblichkeit dieser Tatsache.

Der Arbeitgeber hat den Grund der Beendigung präzise anzugeben. Erforderlich ist die Angabe, ob es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis gehandelt hat, das mit dem Ende der Befristungsdauer ausgelaufen ist. Anzugeben ist bei einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis, auf wessen Veranlassung die Kündigung erfolgt ist. Bei den Angaben über den Grund der Kündigung (ordentliche Kündigung oder außerordentliche Kündigung) sind ebenso die Mitteilung erforderlich, ob die einschlägige gesetzliche, tarifvertragliche oder einzelvertragliche Kündigungsfrist eingehalten wurde. Die Pflicht des Arbeitgebers umfasst auch Angaben darüber, ob über die streitige Kündigung noch ein Kündigungsschutzprozess anhängig ist (Becker, in: jurisPK-SGB II, § 57 Rz. 28).

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