Rz. 3

Abs. 1 verdeutlicht den Vorrang von Leistungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung außerhalb des SGB II. Der Vorrang ist umfassend. Er beschränkt sich nicht auf gleichartige oder ähnliche Leistungen.

 

Rz. 4

Auf Rechtsvorschriften beruhen Leistungen, die in einem Gesetz, einer Verordnung oder in einer autonomen Satzung festgelegt sind. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um Pflicht-, Soll- oder Kann-Leistungen handelt. Erfasst werden deshalb insbesondere auch Ermessensleistungen. Der Nachrang drückt sich darin aus, dass die Leistungspflicht aufgrund gesetzlicher Vorschrift unangetastet bleibt, die Leistung darf also nicht verweigert oder gekürzt werden. Auf Leistungen nach Abs. 1 Satz 1 hat der Leistungsberechtigte gegenüber dem anderen Leistungsträger einen Rechtsanspruch, bei den Leistungen nach Abs. 1 Satz 2 erfüllt der Leistungsberechtigte die Voraussetzungen für den Anspruch auf die anderen Leistungen, dem Leistungsträger steht jedoch grundsätzlich eine Ermessensentscheidung darüber zu, ob er die Leistung erbringt. Eine Entscheidung, die andere Leistung nicht zu erbringen, darf der andere Träger nicht darauf stützen, dass entsprechende Leistungen nach dem SGB II vorgesehen sind.

 

Rz. 5

Andere i.S.d. Abs. 1 sind alle durch die maßgebenden Rechtsvorschriften zur Leistung Verpflichteten. Das können Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungsrecht oder Verträge sein. Besonders zu nennen sind auch Unterhaltsleistungen. Die Träger anderer Sozialleistungen werden wegen ihrer Nähe zu den Trägern nach dem SGB II besonders hervorgehoben. Ihre Nennung ist jedoch nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. Eine weitergehende Bedeutung ist damit nicht verbunden.

 

Rz. 5a

Die Regelung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 12a. Danach sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen, wenn dies ihre Hilfebedürftigkeit vermeidet, beseitigt, verkürzt oder vermindert. Abs. 3 regelt die Selbsthilfemöglichkeiten der Grundsicherungsstelle, wenn der Leistungsberechtigte dem nicht nachkommt.

 

Rz. 6

Abs. 1 Satz 2 untersagt die Ablehnung von Ermessensleistungen mit der Begründung, das SGB II sehe entsprechende Leistungen vor. Ermessensleistungen sind Kann- und Soll-Leistungen, die nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewähren sind, wenn die in den Rechtsvorschriften aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Ablehnung solcher Leistungen ist nicht schlechthin untersagt, sondern nur für den Fall, dass stattdessen Leistungen nach dem SGB II gewährt werden können. Derartige Entscheidungen sind gesetzwidrig, das Ermessen wird fehlerhaft ausgeübt. Es genügt, wenn aus der ablehnenden Entscheidung ersichtlich ist, dass die Möglichkeit, Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, in die Überlegungen eingeflossen ist. Die Begründung der ablehnenden Entscheidung muss die tragenden Ermessensgründe enthalten. Ermessensleistungen dürfen selbst dann nicht versagt werden, wenn entsprechende Leistungen im SGB II dem Grunde nach Pflichtleistungen sind; davon bleibt der Nachrang unberührt. Entsprechende Leistungen sind nicht nur identische Leistungen. Freiwillige Leistungen ohne Rechtsverpflichtung dürfen hingegen gekürzt oder verweigert werden.

 

Rz. 7

Mit Versagung von Ermessensleistungen sind stets Leistungen für die Zukunft gemeint. Das betrifft einerseits die Ablehnung eines entsprechenden Antrags, ohne die Leistung überhaupt zu zahlen. Andererseits betrifft das Verbot den Entzug oder die Verminderung einer laufenden Leistung für die Zukunft.

 

Rz. 7a

Aus der Formulierung des § 12a ist zu folgern, dass andere Leistungen i. S. d. Abs. 1 auch nicht der Höhe nach gekürzt oder für eine kürzere Dauer gewährt werden dürfen. Denn § 12a Satz 1 verpflichtet zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen anderer Träger auch dann, wenn dies nur zur Verkürzung oder zur Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Aufgrund der ausdrücklichen Formulierung in § 12a betrifft dies zunächst nur Sozialleistungen. Der Rechtsgedanke dürfte aber auf die übrigen Leistungen zu übertragen sein.

 

Rz. 8

Die Bundesagentur für Arbeit ist sowohl Leistungsträgerin nach dem SGB II als auch für Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III. Leistungen nach dem SGB III gingen demnach stets den Leistungen nach § 16 vor. Die für diesen Sozialleistungsbereich erforderliche ergänzende Regelung enthält § 22 SGB III. Dort ist in Abs. 4 (auch für befristete Leistungen nach dem SGB III) bestimmt, dass folgende Leistungen nach dem SGB III durch die Agenturen für Arbeit nicht an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, für die entsprechende Leistungen der Jobcenter bzw. zugelassenen kommunalen Träger in § 16 SGB II vorgesehen sind:

  1. Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung (§ 35 SGB III);
  2. als weitere Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB III:

    1. Vermittlungsunterstützende Leistungen (Förderung aus dem Vermittlungsbudget, Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§§ 44 bis 47 SGB III, vgl. die teilweise Aufhebung...

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