Rz. 9

Die Vorschrift ist im Kapitel 5 über die Finanzierung und die Aufsicht der Grundsicherung für Arbeitsuchende angesiedelt worden. Sie steht in einem unauflöslichen Zusammenhang mit den Vorschriften über die Aufsicht des Bundes über die Bundesagentur für Arbeit sowie der Länder über die kommunalen Träger (§ 47) und über die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger (§ 48). Sie beruht mit ihren Begrifflichkeiten und den vorgesehenen Instrumenten aus dem sog. Neuen Steuerungsmodell und bringt betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte in den Verwaltungsvollzug ein. Sicher nicht unbeabsichtigt befasst sich die Nachbarvorschrift § 48a mit den Kennzahlenvergleichen, denen nach der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende letztlich alle Grundsicherungsstellen unterliegen, nicht nur die Jobcenter der gemeinsamen Einrichtungen, sondern auch die Jobcenter der zugelassenen kommunalen Träger. Eine vergleichbare Vorschrift enthält § 1 SGB III über Vereinbarungen von beschäftigungspolitischen Zielen der Bundesregierung bzw. des BMAS mit der Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Arbeitsförderung. Die Handlungsgrundlage ist aufgrund der Selbstverwaltung der Körperschaft Bundesagentur für Arbeit aber eine andere. § 1 SGB III ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Abgeschlossen wurde bislang lediglich eine Rahmenzielvereinbarung. Außerhalb von Zielvereinbarungen können nach § 55 Einzelheiten zur Wirkungsforschung über die Leistungen nach dem SGB II zwischen dem BMAS und der Bundesagentur für Arbeit vereinbart werden. Zudem hält die Vorschrift das BMAS dazu an, die Wirkung der Aufgabenerledigung durch die Bundesagentur für Arbeit, namentlich der Agenturen für Arbeit vor Ort sowie die kreisfreien Städte und Landkreise nach dem SGB II vergleichend zu untersuchen. Zielvereinbarungen sollen im Grunde über den regulären Verwaltungsvollzug hinaus zu einer erfolgreichen Aufgabenerledigung führen, insbesondere über den Anreiz durch Wettbewerb. Eine Wettbewerbssituation soll aber nach der Neuorganisation der Grundsicherung mit Gemeinsamen Einrichtungen und zugelassenen kommunalen Trägern entfallen sein.

 

Rz. 10

Zielvereinbarungen nach § 48b ergänzen und ersetzen teilweise die Aufsicht und damit insbesondere die Steuerung der Grundsicherung für Arbeitsuchende über die Rechts- und Fachaufsicht. Das SGB II greift damit das ursprünglich für die Kommunalverwaltung entwickelte "Neue Steuerungsmodell" i. S. eines Kontraktmanagements auf, mit dem durch Einsatz von Management und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen eine höhere Leistung der Verwaltung bei vermindertem Ressourceneinsatz erreicht werden soll. Ein elementarer Unterschied zum Bereich der Arbeitsförderung besteht darin, dass die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Selbstverwaltung tätig wird, weil sie insoweit kein Sozialversicherungsträger ist. Daraus folgt einerseits eine tiefer greifende Aufsichtsbefugnis des Bundes durch Einschluss der Fachaufsicht und andererseits eine weiter gehende Bedeutung von Zielvereinbarungen, die den Einsatz von Aufsichtsmitteln zurückdrängen und an dessen Stelle durch persönlichen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Erreichen von Zielen beflügeln sollen. Oftmals verwechselt wird das Erreichen von Zielen aufgrund von Zielvereinbarungen mit der Anwendung von Regeln. Zielvereinbarungen schaffen keinen Raum für Rechtsverletzungen. Insofern ist die These falsch, durch Zielvereinbarungen soll auf das Erreichen von Zielen statt der Anwendung von Regeln hingewirkt werden. Es liegt aber nahe, dass Aufsichtsmittel dort nicht mehr eingesetzt werden müssen, wo durch rechtmäßiges Handeln die vereinbarten Ziele erreicht werden. Für die Aufsichtsbefugnisse sind regelmäßig Landesausführungsgesetze relevant, die insbesondere auch die Fachaufsicht als weiter reichendes Aufsichtsmittel gegenüber der Rechtsaufsicht vorsehen können. Ausführungsgesetze mit solchen Bestimmungen sind nicht in allen Bundesländern vorhanden. Die durch die Bundesregierung der 20. Legislaturperiode eingeleitete Weiterentwicklung der Grundsicherungsleistungen zum Bürgergeld mit einem anderen Umgang zwischen Ausführungsstellen und Leistungsberechtigten, insbesondere auf Vertrauensbasis und auf Augenhöhe, kann über die Anbindung an relevante Rechtsvorschriften in die Zielvereinbarungen eingehen. Angezeigt wäre allerdings, auch in § 48b eine eindeutige gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass über Zielvereinbarungen die neue Ausrichtung der Leistungserbringung in der Verwaltungspraxis unterstützt werden kann.

 

Rz. 10a

Zielvereinbarungen werden in der Literatur überwiegend nicht als öffentlich-rechtliche Verträge angesehen, die maßgebenden Vorschriften darüber können aber jedenfalls entsprechend angewendet werden. Rechtsverbindlichkeit kann den Jobcentern z. B. nicht auferlegt werden, Zielvereinbarungen sind auch nicht darauf angelegt, durchsetzbare Ansprüche zu begründen. Es handelt sich vielmehr um ein modernes Instrument...

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