Rz. 219

Eine angemessene Wohnung als Alternative zu einer abstrakt als unangemessen eingestufte Wohnung muss auf dem Wohnungsmarkt auch konkret angemietet werden können, also konkret verfügbar und zugänglich sein, ansonsten sind die tatsächlichen Aufwendungen stets als konkret angemessen anzusehen (konkrete Angemessenheit, BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06 R).

Zusätzlich zum Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes ist stets zu prüfen, ob alternativer angemessener Wohnraum tatsächlich zur Verfügung steht und in hinreichender Zahl auf dem Wohnmarkt allgemein zugänglich angeboten wird. Ist das nicht feststellbar, so sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmbaren Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem WoGG, zuzüglich eines Zuschlags von 10 % (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 21.1.2021, L 19 AS 1129/17, unter Berufung auf BSG, Urteile v. 3.9.2020, B 14 AS 37/19 R, und v. 30.1.2020, B 14 AS 24/18 R).

Die Verfügbarkeit entsprechenden Wohnraumes soll bezogen auf einen Kostensenkungszeitraum von 6 Monaten geführt werden (SG Hannover unter Fortführung von BVerwG, Urteil v. 31.8.2004, 5 C 8/04). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann eine Mietobergrenze nicht als konkret angemessen betrachtet werden, wenn für Wohnungen innerhalb des festgelegten Rahmens nur wenige Wohnungen angeboten werden (3 oder 2,73 % im gesamten Vergleichsraum bzw. nur eine innerhalb der Kreisstadt im letzten Vierteljahr), vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 4.4.2019, L 11 AS 72/19 B ER.

 

Rz. 220

Liegt der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete ein qualifizierter Mietspiegel zugrunde und können diesem Aussagen zur Häufigkeit der relevanten Wohnungen entnommen werden, ist davon auszugehen, dass es derartige Wohnungen auch in ausreichendem Maße gibt (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.3.2014, L 25 AS 2038/10).

 

Rz. 221

Es bedarf keiner weiteren Ermittlungen, ob es Wohnungen zu den abstrakt angemessenen Quadratmeter-Nettokaltmieten im örtlichen Vergleichsraum in einer bestimmten Häufigkeit gibt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.6.2013, L 1 AS 19/13).

 

Rz. 221a

Ein schlüssiges Konzept gewährleistet die Erfüllung der staatlichen Verpflichtung zur Sicherung des Wohnens, stellt die Gleichbehandlung der Leistungsberechtigten (letztlich im gesamten Bundesgebiet) sicher und berücksichtigt regionale Unterschiede (vgl. Knickrehm, SGb 2017, 241).

Die Aufteilung des Zuständigkeitsbereichs eines Trägers der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechend der Mittelbereiche des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) ist eine sachlich geeignete Basis zur Bestimmung der Vergleichsräume, die einem schlüssigen Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten im Rahmen der Grundsicherungsleistungen zugrunde gelegt werden sollen (SG Magdeburg, Urteil v. 5.1.2021, S 32 AS 3077/16). Für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten ist der Grundsicherungsträger demnach nicht dazu verpflichtet, auf die Angaben in einem qualifizierten Mietspiegel als Datenbasis zu den Wohnungsmarktdaten zurückzugreifen. Vielmehr ist er grundsätzlich in der Entscheidung über die Datengrundlage frei. Sicherzustellen ist insoweit lediglich, dass die Datenerhebung Neuvertrags- und Bestandsmieten erfasst und die Daten zudem ein getreues Abbild des Wohnungsmarktes im jeweiligen Vergleichsraum liefern. Zudem ist die Methode der Datenerhebung im Konzept darzulegen. Für die Ermittlung von Angebotsmieten als notwendige Daten zum Wohnungsmarkt bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts genügt dem SG zufolge die Einbeziehung von Wohnungsmarktinformationen aus Neuvermietungen von Wohnungen. Eine Auswertung auch von aktuellen Wohnungsinseraten in Medien ist nicht erforderlich. Die Einbeziehung von 10 % des relevanten Wohnungsbestandes soll demnach ausreichend repräsentativ sein.

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