Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft

 

Orientierungssatz

1. Kosten der Unterkunft werden vom Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 SGB 2 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit ist nach der Produkttheorie zu ermitteln.

2. In Berlin gilt eine Wohnung für drei Personen mit einer Wohnfläche bis höchstens 80 qm und für vier Personen mit einer solchen bis höchstens 90 qm als angemessen.

3. Existiert ein Mietspiegel, so richtet sich die maßgebliche Referenzmiete nach dessen Inhalt.

4. Bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis verfügbar ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2010 abgeändert, soweit es den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 30. Juni 2007 betrifft.

Insoweit wird der Bescheid vom 6. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 27. Dezember 2007 (Bewilligungszeitraum 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006) und den Bescheid vom 11. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2007 teilweise zurückzunehmen und den Klägern für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 30. Juni 2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Anrechnung bereits bewilligter 619,- Euro in Höhe von monatlich 624,88 Euro zu gewähren, wobei die Leistungen nur für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2007 vorläufig zu gewähren sind.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für den Zeitraum vom 16. September 2005 bis zum 30. Juni 2007.

Die 1965 und 1968 geborenen Kläger zu 1. und 2. und ihre 2000 geborene Tochter, die Klägerin zu 3., bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Der Kläger zu 1. ist als freiberuflicher Übersetzer selbständig tätig. Sie bewohnten eine rund 64 m² große Drei-Zimmer-Wohnung zu einer monatlichen Warmmiete von 518,83 Euro (Kaltmiete 366,53 Euro zuzüglich 152,30 Euro Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung). Zum 1. September 2005 erhöhte der Vermieter die Warmmiete auf monatlich 559,04 Euro (385,75 Euro zuzüglich 173,29 Euro Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung).

Die Kläger zu 1. und 3. bezogen von dem Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (Bescheid vom 3. Juni 2005 für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005; Bewilligung endgültig). Die Klägerin zu 2. studierte bis zum 30. September 2005 und bezog aufgrund des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 5 SGB II keine Leistungen nach dem SGB II. Zum 1. Oktober 2005 wurde die Klägerin zu 2. aufgrund der bevorstehenden Geburt des zweiten Kindes vom Studium beurlaubt. Ihr wurde vom Bezirksamt mit Bescheid vom 10. August 2005 Wohngeld auch für September 2005 in Höhe von 15,- Euro monatlich gewährt.

Mit Änderungsbescheid vom 22. August 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1. bis 3. Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2005. Er berücksichtigte die neue Miete und bewilligte ab dem 1. Oktober 2005 auch der Klägerin zu 2. Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte berücksichtigte die volle Warmmiete, zog aber Kosten für die Warmwasserbereitung im September 2005 in Höhe 12,90 Euro und ab Oktober 2005 in Höhe von monatlich 16,80 Euro ab.

Zum 16. September 2005 zogen die Kläger zu 1. bis 3. aufgrund der bevorstehenden Geburt des zweiten Kindes in die aus dem Rubrum ersichtliche Wohnung ein. Die Wohnung ist 103,78 m² groß. Ausweislich des Mietvertrages betrug die monatliche Warmmiete zunächst 792,89 Euro, die sich wie folgt zusammensetzte:

- Kaltmiete 546,01 Euro,

- kalte Betriebskosten 88,20 Euro,

- Kaltwasser 42,45 Euro,

- Heizung (Fernheizung) und Warmwasser 116,23 Euro.

In einer Zusatzvereinbarung wurden Erhöhungen der Kaltmiete ab 2006 jeweils zum 1. Oktober vereinbart (Staffelmietvereinbarung). Ab dem 1. Oktober 2006 betrug die Kaltmiete danach monatlich 566,77 Euro. In der neuen Wohnung nutzt der Kläger zu 1. für seine freiberufliche Tätigkeit ein Arbeitszimmer mit einer Gesamtgröße von 7,32 m².

Mit Schreiben vom 6. September 2005 erklärte der Beklagte den Klägern zu 1. bis 3., dass die nunmehr bezogene Wohnung unangemessen teuer sei. Angemessen seien nur monatlich 619,- Euro. Nur in dieser Höhe könnten Mietkosten anerkannt werden. Mit Bescheid vom 6. September 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1. bis 3. Leistungen für KdU wie folgt: Im September 2005 bewilligte er nur dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 3. Leistungen in Höhe von 478,98 Euro abzüglich 12,43 Euro Einkommen, demnach also 466,55 Euro, von denen 239,48 Euro auf den Kläger zu 1. und 227,07 Euro auf die Klägerin zu 3. entfielen. Ab Oktober 2005 bis zum 31. De...

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