Rz. 71

Der Leistungsbegriff des Abs. 2 a. F. ist eng gefasst, weil der Gesetzgeber nur die zur Eingliederung erforderlichen Leistungen aufgenommen wissen will. Erforderlichkeit liegt nur vor, wenn eine Eingliederung voraussichtlich ohne die Leistung nicht erreicht werden kann. Es genügt also nicht, dass die Leistung zweckmäßig ist oder geeignet erscheint, weil die Eingliederungschancen dadurch günstig beeinflusst werden könnten. Andererseits muss eine Leistung nicht unmittelbar zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit führen, es genügt, wenn die Chancen, eine Integration in Erwerbstätigkeit zu erreichen, sichtbar verbessert werden können. Hierzu bedarf es einer Prognose der Integrationsfachkraft des Jobcenters, bei der es allerdings sein Bewenden hat, wenn die Prognose nicht zutreffen sollte, sondern sich später als fehlerhaft erweist. Es muss jedoch ein sachlicher Zusammenhang zu den Pflichten des Leistungsberechtigten bestehen und die Leistungen des Jobcenters müssen als angemessen bewertet werden können, insbesondere in einem vernünftigen Verhältnis zu den Pflichten des Leistungsberechtigten stehen.

 

Rz. 72

Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a. F. geht davon aus, dass die zur Eingliederung erforderlichen Leistungen zu Beginn des Sozialrechtsverhältnisses nach dem SGB II, jedenfalls nach der Potenzialanalyse, bereits feststehen. Das dürfte insbesondere der Fall sein, wenn zuvor Versicherungsleistungen nach dem SGB III (Arbeitslosengeld) gezahlt worden sind, nicht jedoch stets auch in anderen "Neufällen". Das Jobcenter kann den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung hinausschieben oder sie auf die bereits festgestellten Erforderlichkeiten begrenzen. Eine Eingliederungsvereinbarung kommt nach einer auf Wirkungen ausgerichteten Geschäftsprozesskette erst in Betracht, wenn das individuelle Profiling des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach Abs. 1 vorgenommen und auf dieser Basis eine individuelle Strategie zur Erlangung einer Erwerbstätigkeit entwickelt und verabredet worden ist. In der Eingliederungsvereinbarung dürfen weder das Jobcenter noch der Leistungsberechtigte einseitig ausschließlich oder übermäßig begünstigt oder belastet werden, Fördern und Fordern soll sich in der Eingliederungsvereinbarung in einem angemessenen Verhältnis zueinander spiegeln. Dazu gehört es, die Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung hinreichend bestimmt darzustellen, ansonsten bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung. Hinreichend bestimmt ist eine Pflicht dann, wenn sich aus ihr konkret ergibt, welchen Inhalt sie hat, wann sie zu erfüllen ist und in welchem zeitlichen Umfang sie zu erfüllen ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 4.9.2014, L 7 AS 1018/14, 1442/14 B ER).

 

Rz. 73

Inhalt der Eingliederungsvereinbarung sind einerseits die Leistungen durch den Leistungsträger. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sollen die Leistungen aufgenommen werden, die der Leistungsberechtigte erhält (Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a. F.). Da die Eingliederungsvereinbarung im Regelfall der Erbringung der Leistungen zeitlich vorausgeht, erhalten die aufgenommenen Leistungen Verbindlichkeit für den Leistungsträger. Hierauf ist bei den Jobcentern der gemeinsamen Einrichtungen besonders zu achten, wenn die Leistungen in der Eingliederungsvereinbarung den kommunalen Träger binden. Eine dem Leistungsberechtigten auferlegte Verpflichtung, eine vor der Vereinbarung aufgenommene Ausbildung fortzusetzen und die Teilnahme regelmäßig nachzuweisen, kann als Zusicherung zur Erbringung von Leistungen abweichend von § 7 Abs. 5 verstanden werden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 11.12.2012, L 34 AS 2550/12 B ER). Wird in einer Eingliederungsvereinbarung die konkrete Vereinbarung getroffen, dass der Leistungsberechtigte eine Entgeltsicherung erhält, wenn er eine geringer entlohnte Erwerbstätigkeit aufnimmt, stellt dies nach Auffassung des SG Stade eine Zusicherung i. S. v. § 34 SGB X dar (SG Stade, Schlussurteil v. 11.1.2011, S 16 AL 122/09, vgl. auch SG Kassel, Urteil v. 13.3.2013, S 6 AS 854/10). Eingliederungsvereinbarungen können im Einzelfall mit konkludenten Zusicherungen i. S. v. § 34 SGB X verbunden sein, aus denen der Leistungsberechtigte einen eigenständigen Rechtsanspruch ableiten kann (SG Kassel, Urteil v. 13.3.2013, S 6 AS 854/10). Das gelte selbst dann, wenn die Zusicherung rechtswidrig sei, denn sie könne nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 SGB X zurückgenommen werden. Waren dem Jobcenter bevorstehende Rechtsänderungen bereits bei Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung bekannt, und schließt es die Vereinbarung dennoch mit Zusagen ab, ist es ihm später nicht unzumutbar i. S. v. § 59 SGB X, an der Zusage festzuhalten (BSG, Urteil v. 6.12.2012, B 11 AL 15/11 R).

 

Rz. 74

Aus der gesetzlichen Konstruktion heraus wird der Leistungsberechtigte letztlich keinen Anspruch auf eine Leistung herleiten können. Einerseits kann das Jobcenter bzw. der zugelassene kommunale Träger jederzeit eine Änderung der Eingliederungsvereinbarung anstre...

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