Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Anspruch auf Arbeitslosengeld II aufgrund einer in einer Eingliederungsvereinbarung enthaltenen konkludenten Zusicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Eingliederungsvereinbarungen können im Einzelfall mit konkludenten Zusicherungen verbunden sein, aus denen der Hilfebedürftige einen eigenständigen Rechtsanspruch ableiten kann.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin in der Zeit vom 18.02.2010 bis 31.07.2010 Arbeitslosengeld II zusteht.

Die 1982 geborene Klägerin stellte am 18.02.2010 erstmalig einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Die Verwaltungsakte über die Klägerin beginnt mit einem Vermerk. Die Klägerin habe nach einem Jahr das Referendariat als Lehrerin abgebrochen. Zur Zeit besuche sie eine schulische Ausbildung als Pharmazeutisch-technische Assistentin.

Dem Antragsformular kann entnommen werden, dass die Klägerin mit einer weiteren Person, nämlich ihrem späteren Ehemann, zusammenwohnt, wobei der Sachbearbeiter handschriftlich ergänzt hat, dass dieses Zusammenwohnen noch nicht ein Jahr dauere.

Weiterhin gab die Klägerin an, seit dem 01.09.2009 Wohngeld zu erhalten.

Die Klägerin legte einen Untermietvertrag vor, auf den Bezug genommen wird.

Weiterhin überreichte die Klägerin einen Bescheid über Ausbildungsförderung nach dem BAföG vom 30.05.2008 des Studentenwerkes der Universität YC., aus dem hervorgeht, dass das Ende der Förderungshöchstdauer im September 2006 war (Bl. 16 Verwaltungsakte).

Die Klägerin überreichte eine Bescheinigung über den Besuch der Akademie QW. vom 16.02.2010, aus der hervorgeht, dass es sich um eine Berufsfachschule handelt. Die Klägerin habe die Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin am 06.08.2009 begonnen. Das voraussichtliche Ende der schulischen Ausbildung werde im Juni 2011 sein. Das voraussichtliche Ende der praktischen Ausbildung liege im Februar 2012 (Bl. 17 Verwaltungsakte). Die Klägerin muss für die Ausbildung Ausbildungskosten pro Halbjahr in Höhe von 1050 € entrichten (Bl. 18 Verwaltungsakte).

Der Anlage WEP kann entnommen werden, dass Herr A. seit Mai 2009 als Techniker arbeitet (Bl. 20 Verwaltungsakte). Herr A. erhielt für Februar 2010 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 650 €, wobei das Entgelt immer am 10. des Folgemonats abgerechnet werde (Bl. 26 Verwaltungsakte).

Weiterhin wurde Herrn A. Wohngeld in Höhe von monatlich 83 € bewilligt (Bl. 27 Verwaltungsakte).

Die Klägerin zahlte für ihre Krankenversicherung seit 01.01.2010 einen monatlichen Betrag in Höhe von 287,20 € (Bl. 32 Verwaltungsakte).

Die Wohnung der Klägerin ist mit einer Gesamtmiete einschließlich Heizkosten von 450 € verbunden (Bl. 36, 38 ff. Verwaltungsakte).

Einer Mitteilung der Eltern der Klägerin vom 17.02.2010 kann entnommen werden, dass diese die Klägerin zuletzt unterstützt hatten. Da nun die Mutter bzw. Schwiegermutter ins Pflegeheim gekommen sei, sei man dazu nicht mehr in der Lage und stelle die Zahlungen ein (Bl. 57 Verwaltungsakte).

Der Beklagte und die Klägerin schlossen am 18.02.2010 eine Eingliederungsvereinbarung mit Gültigkeit bis 17.08.2010, in welcher sich die Klägerin unter 2. verpflichtete, ihre Ausbildung zur PTA fortzusetzen. Unter dem Punkt 1. “Ihr Träger für Grundsicherung Arbeitsförderung Werra Meißner unterstützt Sie mit folgenden Leistungen zur Eingliederung„ ist hingegen nur ein Sternzeichen vermerkt. Sodann heißt es in der Eingliederungsvereinbarung (Bl. 60 Verwaltungsakte):

“Halten Sie sich innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs auf, muss sichergestellt sein, dass Sie persönlich an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von Ihnen benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichbar sind.

Sie sind verpflichtet, Änderungen (z.B. Krankheit, Arbeitsaufnahme, Umzug) unverzüglich mitzuteilen und bei einer Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen.

Bei einer unangemeldeten oder unerlaubten Ortsabwesenheit entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld II, auch bei nachträglichem Bekanntwerden. Wird ein genehmigter auswärtiger Aufenthalt unerlaubt verlängert, besteht ab dem ersten Tag der unerlaubten Ortsabwesenheit kein Anspruch auf Leistungen mehr. Nähere Informationen finden Sie im Kapitel 14.3 des Merkblatts “Arbeitslosengeld II/Sozialgeld.

Die Eingliederungsvereinbarung wurde mit mir besprochen. Unklare Punkte und die möglichen Rechtsfolgen wurden erläutert. Ich bin mit den Inhalten der Eingliederungsvereinbarung einverstanden und habe ein Exemplar erhalten. Ich verpflichte mich, die vereinbarten Aktivitäten einzuhalten und beim nächsten Termin über die Ergebnisse zu berichten.„

Die Eingliederungsvereinbarung wurde von der Klägerin und einem Herrn ER. als Vertreter des Beklagten unterschrieben.

Die Klägerin wurde sodann gebeten, ihre Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Kontoauszügen und Nachweisen ihres sonstigen Vermögens nachzuweisen (Bl. 62 Verwaltungsakte).

Einem ...

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