Rz. 14

Die Winterausfallgeld-Vorausleistung ist keine Sozialleistung an Arbeitnehmer nach dem SGB III, sondern eine arbeitsvertraglich gegen den Arbeitgeber zu beanspruchende Leistung, die tarifvertraglich in einer Betriebsvereinbarung oder einzelarbeitsvertraglich abgesichert ist. Das beruht auf der Überlegung, dass die gewerblichen Arbeitnehmer keinen Lohnanspruch haben, wenn die Arbeitsleistung ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe unmöglich wird (z.B. § 5, Ziffer 5.1 BRTV Bau). Die Winterausfallgeld-Vorausleistung tritt an die Stelle des verloren gegangenen Lohnanspruches.

 

Rz. 15

Die Winterausfallgeld-Vorausleistung hat zentrale Bedeutung für das Winterausfallgeld (WAG, vgl. § 214). Der (erschöpfte) Anspruch auf sie ist dort besondere Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch auf WAG (§ 214 Abs. 1 Nr. 2). § 211 Abs. 3 definiert in Bezug darauf nicht allein, was eine Winterausfallgeld-Vorausleistung in einem Arbeitsverhältnis ist, sondern auch den erforderlichen Umfang des Anspruchs, um nach dessen Erschöpfen WAG in Anspruch nehmen zu können.

 

Rz. 16

Der Umfang des Anspruchs auf Winterausfallgeld-Vorausleistung wird im Gesetz zum Teil der Definition der Leistung selbst. Denn unabhängig von tatsächlich in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträgen geregelten Ansprüchen auf eine Winterausfallgeld-Vorausleistung kann eine solche nur dann zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen dienen, wenn sie mindestens in dem Umfang beansprucht werden konnte und ausgeschöpft wurde, wie dies in § 211 Abs. 3 vorgegeben wird.

 

Rz. 17

Einerseits kommt es auf die Bezeichnung des Anspruchs gegen den Arbeitgeber nicht an, andererseits kann WAG nicht deshalb beansprucht werden, weil der Arbeitgeber ohne Rechtspflicht Winterausfallgeld-Vorausleistungen tatsächlich erbracht hat. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass der Gesetzgeber - im Einvernehmen mit den Tarifvertragsparteien jedenfalls des Bauhauptgewerbes - den Zielen der Winterbauförderung Vorrang eingeräumt hat, wonach den Arbeitnehmern ein ganzjähriges Einkommen ohne vorübergehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugesichert werden soll, und zwar dauerhaft und nicht in Abhängigkeit von der Kulanz einzelner Arbeitgeber in ausgesuchten Beschäftigungsverhältnissen. Diesen Zielen könnte aber ein Verzicht auf verbindliche Ansprüche nicht gerecht werden.

 

Rz. 18

Der in Abs. 3 definierte Mindestumfang des Anspruchs auf eine Winterausfallgeld-Vorausleistung stellt die entscheidende Weiche für die Kostenverteilung zwischen den Bauarbeitgebern, in deren Betrieben oder Betriebsabteilungen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, und der Solidargemeinschaft der Beitragszahler. Je mehr Ausfallstunden durch Winterausfallgeld-Vorausleistung zu finanzieren sind, umso mehr erhöht sich das Risiko erheblicher finanzieller Verpflichtungen für den Arbeitgeber. Andererseits kann Winterausfallgeld-Vorausleistung auch aus bestehenden Ansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Bauarbeitgeber finanziert werden, so dass es für den Umfang solcher Ansprüche darauf ankommt, nach wie vielen Ausfallstunden Winterausfallgeld für weitere Ausfallstunden zu leisten ist. Weil das Winterausfallgeld zum Teil durch die in die Winterbauförderung einbezogenen Betriebe selbst durch Umlage aufzubringen ist, entsteht ein komplexes Gefüge, das sowohl den (Tarif-)Vertragsparteien großen Spielraum einräumt als auch das Arbeitgeberrisiko im Baugewerbe ausreichend berücksichtigt. Die BA tritt mit beitragsfinanziertem WAG erst ab der 101. Ausfallstunde ein; damit tragen die Arbeitgeber und bei Entgeltausfall auch die Arbeitnehmer zunächst das Witterungsrisiko in der Schlechtwetterzeit, die Betriebe des Baugewerbes müssen aber ihre Arbeitnehmer nicht ohne zeitliche Begrenzung absichern. Tendenziell wird der Einsatz von Beitragsmitteln umso mehr erforderlich, je ungünstiger sich die Witterung in der Schlechtwetterzeit darstellt.

 

Rz. 19

Winterausfallgeld-Vorausleistungen i.S.d. Winterbauvorschriften sind zunächst nur solche Leistungen, die dem Arbeitnehmer bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall (Abs. 4) in der Schlechtwetterzeit das Arbeitsentgelt für mindestens 100 Ausfallstunden ersetzt. Dabei muss die Vorausleistung der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zum WAG stehen. Dieses gleicht die Nettoentgeltdifferenz beim Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum zu 67% bzw. 60% aus (vgl. die Komm. zu § 129, s. Komm. zu § 214). Dazu steht eine Winterausfallgeld-Vorausleistung nur in angemessenem Verhältnis, wenn sie einerseits das fiktive WAG nicht unterschreitet, andererseits aber auch nicht über den Entgeltausfall hinausgeht (Nettoentgeltdifferenz 100%).

 

Rz. 20

Abs. 3 Satz 2 definiert Winterausfallgeld-Vorausleistungen dem Umfang nach auf mindestens 30 Ausfallstunden, für die dem Arbeitnehmer bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall in der Schlechtwetterzeit das Arbeitsentgelt in voller Höhe ersetzt wird, der Arbeitnehmer also das Arbeitsentgelt erhält, das er ohne den Arbeitsausfall erzielt h...

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