Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Berufung. Beschwerdewert bei Klage gegen Meldeaufforderung. Nichterreichen des Beschwerdewerts

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn sich ein Kläger gegen eine Meldeaufforderung als solche wendet und damit wirtschaftliche Folgen in Form von Sanktionen nach § 32 SGB II von vornherein abwehren will, ist zur Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands an die Höhe der nach § 32 Abs 1 S 1 SGB II drohenden Minderung für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommt, anzuknüpfen.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. September 2016 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Einladung zu einem Termin beim Beklagten am 12. Januar 2015.

Die 1969 geborene Klägerin steht seit dem 1. November 2009 ununterbrochen beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Mit Schreiben des Beklagten vom 16. Dezember 2014 wurde die Klägerin zu einem Termin beim Beklagten am 12. Januar 2015 um 8.15 Uhr eingeladen. In dem Schreiben hieß es:

"Ich möchte mit Ihnen Ihr(e) Stellengesuch(e) und vermittlungsrelevanten Daten besprechen bzw. ergänzen. […]

[…] Bitte bringen Sie folgende Unterlagen zu diesem Termin mit: ausgedruckte Bewerbungsunterlagen […]

Dies ist eine Einladung nach § 59 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i. V. m. § 309 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Wenn Sie ohne wichtigen Grund dieser Einladung nicht Folge leisten, wird Ihr Arbeitslosengeld II bzw. das Sozialgeld um 10 Prozent des für Sie nach § 20 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert."

Gegen diese Meldeaufforderung legte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2015 Widerspruch ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25. Februar 2015 als unbegründet zurückgewiesen, da die Meldeaufforderung die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle.

Die am 2. März 2015 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. September 2016 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Es hat die Klage für unzulässig gehalten, da sich die Meldeaufforderung durch Zeitablauf gemäß § 39 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) mit Ablauf des Meldetermins am 12. Januar 2015 erledigt habe und eine Anfechtungsklage mithin nicht mehr statthaft sei. Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei nicht zulässig. Es fehle am erforderlichen besonderen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Das Urteil ist der Klägerin am 16. September 2016 zugestellt worden. Noch am selben Tag hat sie Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für unrichtig, da sie die ihr vom SGB II auferlegten Pflichten insgesamt für verfassungs-, menschenrechts-, EU-Grundrechts- und völkerrechtswidrig hält. Die Meldepflicht sei ein unrechtmäßiger Freiheitsentzug. Auch liege eine Wiederholungsgefahr vor.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. September 2016 aufzuheben sowie die Verfassungs-, Menschenrechts-, EU-Grundrechts- und Völkerrechtswidrigkeit der Sozialgesetzbücher in Bezug auf die diversen so genannten "Pflichten", hier hauptsächlich die Meldepflicht an sich, und die Verfassungs-, Menschenrechts- und Völkerrechtswidrigkeit in Bezug auf die Verweigerung (Sanktion) der Auszahlung der grundgesetzlich zustehenden Leistung an sich zu überprüfen und festzustellen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Er verweist zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im streitgegenständlichen Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Vorbringen der Klägerin, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat entscheidet nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.

II.

Die Berufung ist unzulässig, da sie nicht statthaft ist. Sie bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung. Eine solche ist durch das Sozialgericht aber nicht erfolgt.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.

Der Wert des Beschwerdegegenstands bestimmt sich danach, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versa...

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