Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietkaution. Darlehen. Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 14 AS 40/17 R

 

Orientierungssatz

Die Tilgung eines Mietkautionsdarlehens gemäß § 42a Abs 2 S 1 SGB 2 durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs ist rechtmäßig.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.11.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Tilgung eines Mietkautionsdarlehens durch monatliche Aufrechnung gegen den Leistungsanspruch nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Die im Jahr 1989 geborene Klägerin bezieht Leistungen nach dem SGB II gemeinsam mit ihrem Partner und fünf Kindern. Am 07.01.2012 schlossen die Klägerin und ihr damaliger Lebenspartner, jetziger Ehemann, mit Zustimmung des Beklagten einen Mietvertrag über eine Mietwohnung in E ab. Mietbeginn war der 01.02.2012. Ausweislich des Mietvertrages war an den Vermieter eine Mietkaution iHv 1410 EUR zu zahlen. Die Klägerin beantragte am 07.02.2012 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten die Gewährung eines Darlehens zur Zahlung der Mietkaution, die Kaution könne sie nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Sie unterzeichnete eine Abtretungsvereinbarung zugunsten des Beklagten über den Rückforderungsanspruchs der Kaution gegenüber dem Vermieter. Mit Bescheid vom 27.02.2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin, ihrem Partner und den damals noch drei Kindern Leistungen nach dem SGB II nach dem Umzug in eine neue Wohnung (Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung). Mit Bescheid vom 12.03.2012 gewährte er der Klägerin ein Darlehen iHv 1410 EUR nach § 22 Abs. 6 SGB II für die Mietkaution und überwies den Betrag unmittelbar an den Vermieter der Klägerin. In dem Bescheid führte der Beklagte weiter aus: "Bis zur endgültigen Tilgung des Darlehens werden monatlich 67,40 Euro von ihren laufenden Leistungen, Arbeitslosengeld II, einbehalten".

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Einbehaltung von 67,40 EUR sei rechtswidrig. Da die Mietkaution an den Beklagten abgetreten sei, stehe dem Beklagten der komplette Auszahlungsanspruch der Kaution zu, so dass die Rückzahlung bereits geregelt sei. Eine vorherige Tilgung durch Einbehaltung sei rechtswidrig. Sie führe zu einer faktischen Kürzung der laufenden Leistung und damit im Ergebnis zu einer verfassungswidrigen Unterdeckung des Existenzminimums.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2012 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. § 42a SGB II sehe die Aufrechnung vor. Deren Höhe richte sich nach dem monatlichen Regelbedarf. Eine rechtswidrige Beeinträchtigung liege nicht vor, da bei vollständiger Tilgung des Darlehens der Vermieter informiert werde, die Abtretung ihre Gültigkeit verliere und die Rückzahlung an die Klägerin erfolge.

Im Anschluss an ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erließ der Beklagte unter dem 27.06.2012 einen Änderungsbescheid, mit dem die Tilgung des Darlehens bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens vorläufig ausgesetzt wurde. Auch im weiteren Klageverfahren ist die aufschiebende Wirkung beachtet worden.

Mit der am 01.08.2012 beim Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin beanstandet, der Beklagte habe sein Ermessen nicht hinreichend ausgeübt. Zudem lege er bei der Einbehaltung auch den Regelbedarf ihres Lebensgefährten zugrunde, obwohl dieser weder ein Darlehen beantragt, noch erhalten habe. Er werde in Bescheid und Abtretungserklärung auch nicht erwähnt. Aufgrund der Abtretung liege eine Übersicherung des Beklagten vor. Es bestünden aber auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 42a Abs. 2 SGB II. Durch die starre Tilgungsrate würden Bezieher von Leistungen nach dem SGB II über einen langen Zeitraum unter das sozioökonomische Existenzminimum gedrückt.

Im Erörterungstermin vom 18.02.2013 hat der Beklagte die Aufrechnung auf 10 Prozent des Regelbedarfs der Klägerin beschränkt; die Klägerin hat das Teilanerkenntnis im Termin vom 11.05.2017 angenommen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.11.2013 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Es bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 42a SGB II. Es sei nicht davon auszugehen, dass durch die Tilgung des Darlehens i.H.v. 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs das soziokulturelle Existenzminimum nicht mehr gedeckt sei. In diesem Zusammenhang sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nur eine Regelung hinsichtlich der Höhe der Tilgungsrate, nicht aber hinsichtlich der Tilgungsdauer getroffen habe. Dies spreche dafür, dass er die Tilgung über einen längeren Zeitraum im Auge gehabt habe. In diesem Zusammenhang sei auch d...

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