Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Direktzahlung der Miete an Vermieter. kein Zahlungsanspruch des Vermieters. Übernahmeerklärung. Auslegung. Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Zusage. materiell-rechtliche Zahlungsverpflichtung. besondere Umstände. sozialgerichtliches Verfahren. Leistungsklage. kein Anspruch auf Verzugszinsen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Allein aus dem Umstand, dass das Jobcenter Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs 7 SGB II direkt an den Vermieter überweist, ergibt sich kein eigener einklagbarer Zahlungsanspruch des Vermieters gegen das Jobcenter.

2. Bei einer vom Jobcenter gegenüber dem Vermieter abgegebenen Übernahmeerklärung (Direktzahlung der Miete gem. § 22 Abs 7 SGB II) handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Zusage.

3. Zahlungsansprüche aus einer solchen öffentlich-rechtlichen Zusage können vom Vermieter im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. Hierfür ist der Sozialrechtsweg eröffnet.

4. Bei einer Übernahmeerklärung iS einer öffentlich-rechtlichen Zusage ist durch Auslegung zu ermitteln, ob sich diese Erklärung in einer Tatsachenmitteilung erschöpft oder darüber hinaus eine materiell-rechtliche Zahlungsverpflichtung des Jobcenters gegenüber dem Vermieter begründet. Es bedarf besonderer Umstände, um aus einer solchen Übernahmeerklärung eine eigenständige materiell-rechtliche Zahlungsverpflichtung herzuleiten.

5. Die Zahlungsverpflichtung aus einer Übernahmeerklärung des Jobcenters ist der Höhe nach generell auf den grundsicherungsrechtlich anzuerkennenden Umfang der Hilfebedürftigkeit begrenzt. Es besteht somit kein Anspruch auf Zahlung von Mietzins oder "Nutzungsentgelt" für Zeiten, in denen die Wohnung gar nicht mehr von den Hilfebedürftigen bewohnt wird.

6. Ein Anspruch des Vermieters auf Verzugszinsen bei verspäteter Direktzahlung der Miete besteht nicht.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 7; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 4a, § 54 Abs. 5; SGB I § 44; BGB § 362

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.914,42 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Zahlungsansprüche aus einer vom Beklagten gemäß § 22 Abs 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zugesagten Direktzahlung von Kosten der Unterkunft (KdU).

Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung im J. 2 in K., die sie mit Wirkung ab 1. April 2011 an Frau L. M. N., deren im Jahr 2006 geborenen Sohn O. sowie an Herrn P. Q. zu einem monatlichen Mietzins von 687,-- Euro (Bruttokaltmiete) vermietet hatten. Im Mietvertrag war die Zahlung einer Mietkaution zu Mietbeginn i.H.v. 1.080,-- Euro vorgesehen. Frau N., deren Sohn O. sowie Herr Q. standen im streitbefangenen Zeitraum beim Beklagten im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen, wobei einerseits Frau N. sowie ihr Sohn O. und andererseits Herr Q. als jeweils eigenständige Bedarfsgemeinschaften geführt wurden.

Auf Nachfrage erklärte der Beklagte vor Abschluss des Mietvertrags unter der Bezugszeile “Übernahme der Mietkosten und Mietkaution/Mietsicherheit„ gegenüber der für die Kläger handelnden Hausverwaltungsgesellschaft R. schriftlich u.a. Folgendes:

“Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Frau S. sowie Herr T. hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches sind und derzeit eine Grundsicherung durch uns beziehen, worin auch die Kosten für die Unterkunft enthalten sind.

Vertragspartner für das o.g. Mietverhältnis ist nicht das Jobcenter Hameln Pyrmont sondern Frau N. und Herr Q..

Für den Fall des Mietvertragsabschlusses sichern wir die Übernahme

·

der geforderten Mietkaution in Höhe von 1080,-- Euro

·

Mietzahlungen in Höhe von monatlich 687,-- Euro (inklusive Betriebskostenvorauszahlung)

zu.

Die Mietzahlung wird durch das Jobcenter direkt an den Vermieter gezahlt. (…)„ (vgl. im Einzelnen: Übernahmeerklärung des Beklagten vom 4. April 2011)

In der Folgezeit überwies der Beklagte trotz dieser weitreichenden Übernahmeerklärung zunächst lediglich den auf Herrn Q. entfallenden Anteil von Mietkaution sowie laufender Miete (jeweils 1/3 der Gesamtbeträge) an die Kläger (zunächst nur für die Monate April bis November 2011; Nachzahlung für die Monate Dezember 2011 und Januar 2012 im September 2016, vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 20. September 2016). Die Zahlung von zunächst nur 1/3 der Miete sowie 1/3 der Mietkaution beruhte darauf, dass Frau N. trotz entsprechender Aufforderung dem Beklagten keinen Mietvertrag vorgelegt hatte, der auch sie (neben U. X.) als Mieterin der Wohnung auswies. Erst nachdem die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten einen auch von Frau N. unterschriebenen Mietvertrag vorgelegt hatten, zahlte der Beklagte im Dezember 2011 die auf Frau N. und ihren Sohn O. entfallenden laufenden Mietanteile (2/3 von 687,-- Euro = 458,-- Euro pro Monat) für die Monate April bis Dezember 2011 nach (Überweisungsbetrag: 4.122,-- Euro). Die noch ausstehenden Anteile...

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