Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. zulässige Anfechtungsklage. zulässige Feststellungsklage. gesetzliche Unfallversicherung. zuständiger Unfallversicherungsträger. Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich. Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen. Verkehrsunternehmen gem § 129 Abs 4 SGB 7. Müllentsorgungsunternehmen. altes Recht. neues Recht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Müllentsorgungsbetrieb handelt es sich um ein Verkehrsunternehmen iS des § 129 Abs 4 SGB 7. Für ihn ist die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen der zuständige Unfallversicherungsträger. Dies folgt aus der historisch gewachsenen Abgrenzung der Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger und gilt mangels Neuordnung durch Rechtsverordnung (Ermächtigung in § 122 Abs 1 S 1 SGB 7, früher § 646 Abs 2 RVO) bis heute.

2. Trotz des Wegfalls des Übernahmeverfahrens nach § 129 Abs 3 SGB 7 idF bis 31.12.2004 bleibt die Anfechtungsklage eines Unfallversicherungsträgers gegen den Übernahmebescheid zulässig. Sie kann um die Klage auf Feststellung des zuständigen Unfallversicherungsträgers erweitert werden.

3. Die Übergangsvorschrift des § 218d SGB 7 findet keine Anwendung, wenn ein Ausschlusstatbestand gemäß § 129 Abs 4 SGB 7 vorliegt.

4. Die Regelung des § 131 Abs 1 SGB 7, wonach der für das Hauptunternehmen zuständige Unfallversicherungsträger auch für dessen Neben- und Hilfsunternehmen zuständig ist, gilt auch für in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts betriebene Unternehmen der Kommunen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.05.2007; Aktenzeichen B 2 U 10/06 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. April 2005 sowie der Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2000 aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der für die Beigeladene zu 2) zuständige Unfallversicherungsträger ist.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte mit Wirkung ab 1. Januar 2001 die Beigeladene zu 2) in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1) (kommunaler Unfallversicherungsträger) übernehmen durfte bzw. wer der zuständige Unfallversicherungsträger ist.

Ursprünglich handelte es sich bei der Beigeladenen zu 2) um eine seit 7. November 1991 existierende reine Verwaltungsgesellschaft, die für andere Einrichtungen Verwaltungsaufgaben im Bereich sonstige Abfallentsorgung (“sonstige„ heißt nicht im Bereich Müllabfuhr und Abfall- und Reststoffbeförderung) und Städtereinigung wahrnahm. Außerhalb des kaufmännischen Bereichs hatte sie keine Beschäftigten. Die Klägerin war für sie der zuständige Unfallversicherungsträger.

Mit Wirkung ab 1. Januar 2000 (Handelsregistereintragung vom 8.8.00) wurde dieser Betrieb mit der Stadtreinigung N. GmbH, für die bis dahin der Beigeladene zu 1) zuständiger Unfallversicherungsträger war, verschmolzen. Der Name Abfall- und Wertstofflogistik N. GmbH (AWL) wurde beibehalten.

Die neue Firma führt neben der Müllabfuhr auch Straßenreinigung durch. Außerdem betreibt sie eine Werkstatt und eine Tankstelle überwiegend für den Eigenbedarf. Im Betriebsfragebogen gab sie weiter an, zu 98% für die Stadt N. tätig zu sein. Ohne Geschäftsleitung arbeiten im kaufmännischen Teil 10 vollbeschäftigte Arbeitnehmer und eine Aushilfskraft, im technischen Teil 67 vollbeschäftigte Arbeitnehmer und eine Aushilfskraft. Für den kaufmännischen Teil wurde die zu erwartende Lohnsumme für 2001 auf 900.000 DM geschätzt, während von 3.750.000 DM für den technischen Bereich ausgegangen wurde.

Unternehmensgegenstand ist nach dem Gesellschaftsvertrag die ausreichende, sichere und umweltverträgliche Entsorgung - insbesondere das Einsammeln und Transportieren - von Abfällen und Wertstoffen sowie die Erbringung von Leistungen für die Straßenreinigung und den Winterdienst. Der Unternehmenszweck wurde 2001 um “weitere Dienstleistungen„ erweitert, da die Firma auch die Verwaltung der Entwässerung übernahm. Seit 22. August 2000 hat die Beigeladene zu 2) eine Lizenz für den gewerblichen Güterverkehr inne und zu ihren Betriebsmitteln zählten 4 Pkw, 9 Lkw über 750 kg Nutzlast, 13 Müllspezialfahrzeuge, 8 Containerfahrzeuge bzw. Absetzmulden und 12 Straßenkehrfahrzeuge. Müllabfuhr aus Privathaushaltungen und Straßenreinigung bilden das Kerngeschäft und machen 57,6 % des Umsatzes aus. Hinzu kommt noch die Wertstoff- und Gewerbeabfallsammlung. Mit 11,17 % des Umsatzes schlagen das Abholen von Sondermüll und der Einsatz des Schadstoffmobils zu Buche. Zusammen mit der Verwaltung der Abwasserbeseitigung machen alle diese Bereiche 95 % des Aufgabenspektrums aus. Eine Verwertung des gesammelten Abfalls erfolgt nicht.

Inzwischen sind die Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) die Stadt N. (mit einem Anteil von 51%) und die Stadtwerke N. GmbH (mit einem Anteil von 49%, selbst zu 100% in städtischem Besitz). Von den 84 Mitarbeitern im Jahre 2005 erwirtschafteten im Bereich der Straßenreinigung 35 Mita...

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