Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Leistungen aus einer Kapitallebensversicherung bei der Beitragsbemessung eines freiwillig Krankenversicherten

 

Orientierungssatz

1. Bei der Beitragsbemessung eines freiwillig Krankenversicherten ist dessen gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Beitragspflichtige Einnahmen sind Arbeitsentgelt, Vorruhestandsgeld, Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen sowie alle übrigen Einnahmen.

2. Hierzu zählen u. a. Versorgungsbezüge des Versicherten aus der Ärzteversorgung. Bei den Leistungen aus einer Versorgungseinrichtung für eine bestimmte Berufsgruppe handelt es sich um Versorgungsbezüge i. S. des § 229 Abs. 1 Nr. 3 SGB 5.

3. Es verstößt nicht gegen das GG, dass bei der Beitragsbemessung auch der Teil der Versicherungsleistung herangezogen wird, der auf der privaten Vorsorge des Versicherten beruht.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Beitragshöhe, insbesondere die Heranziehung einer Kapitalversicherungsleistung zur Beitragsbemessung und die Anwendbarkeit des allgemeinen Beitragssatzes.

Der im April 1943 geborene Kläger ist seit 1970 freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und seit dem 1. Dezember 2005 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Ab dem 1. Dezember 1984 schloss sein damaliger Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung ab. Nach Ausscheiden aus der Beschäftigung führte der Kläger die Versicherung ab dem 1. April 1990 alleine weiter.

Im Mai 2007 wandte er sich an die Beklagten und teilte mit, dass er seine bisherige Tätigkeit als in einer Praxis angestellter Arzt mit Ablauf des Monats April 2007 aufgegeben habe. Neben Leistungen der Berliner Ärzteversorgung in Höhe von monatlich 2.753,43 € erwarte er noch Einnahmen aus gutachterlicher Tätigkeit in voraussichtlicher Höhe von 350,00€ monatlich.

Durch Bescheid vom 24. Mai 2007 setzten die Beklagten daraufhin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Juni 2007 in Höhe von 477,55 € monatlich neu fest. Wegen geänderter Einnahmen aus gutachterlicher Tätigkeit erhöhten die Beklagten die Beiträge dann durch Bescheid vom 3. Januar 2008 auf 499,28 € ab 1. Januar 2008.

Die Familienfürsorge Lebensversicherung teilte den Beklagten mit Schreiben vom 15. Februar 2008 mit, dass sie zum 1. März 2008 an den Kläger eine Versicherungsleistung aus einer ehemaligen betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 54.147,45 € auszahlen werde. Die Versicherung sei nur vom 1. Dezember 1984 bis zum 31. März 1990 als Direktversicherung geführt worden. Daraufhin berechneten die Beklagten durch Bescheid vom 18. Februar 2008 neue Beiträge ab dem 1. März 2008 in Höhe von 554,04 €. Die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung sei in Höhe von 1/120, also 451,23 €, monatlich der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Dagegen legte der Kläger am 5. März 2008 Widerspruch ein. Durch Bescheid vom 6. März 2008 korrigierten die Beklagten ihren Bescheid vom 18. Februar 2008 dahingehend, dass die höheren Beiträge erst ab dem 1. April 2008 gefordert wurden. Im Übrigen wiesen sie den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22. August 2008 zurück. Die Beitragsberechnung entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Bei freiwilligen Mitgliedern müsse die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigen. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehörten auch Versorgungsbezüge. Die Kapitalleistung der Familienfürsorge sei als Versorgungsbezug anzusehen, da die Versicherung ursprünglich durch den Arbeitgeber als Direktversicherung begründet worden sei. Die Leistung sei über einen Zeitraum von 10 Jahren auf Monatsbeträge umzurechnen. Es komme auch nicht darauf an, ob die Kapitalleistung als Teil einer betrieblichen Altersversorgung anzusehen sei. Auch als sonstige Lebensversicherung bestimme sie über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers.

Dagegen richtet sich die vorliegende, am 22. September 2008 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage, mit der der Kläger die Unzulässigkeit der Erhebung eines Beitrags auf die von der Lebensversicherung ausgezahlte Kapitalsumme geltend gemacht hat. Das Verfahren ist mit Rücksicht auf die vom BVerfG erwartete Entscheidung in dem dortigen Verfahren 1 BvR 739/08 zunächst zum Ruhen gebracht worden.

In der Folgezeit haben die Beklagten weitere Beitragsbescheide erlassen. Durch Bescheid vom 9. Februar 2009 setzten sie die Beiträge ab 1. Januar 2009 wegen gesetzlicher Änderung des Beitragssatzes in Höhe von 638,46 €, durch Bescheid vom 8.Juli 2009 wegen einer gesetzlichen Senkung des Beitragssatzes ab 1. Juli 2009 in Höhe von 616,41 € monatlich neu fest.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 bestimmten die Beklagten den monatlichen Beitrag zur Kranken und Pflegeversicherung ab ...

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