Entscheidungsstichwort (Thema)

Säumniszuschläge. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 43 Abs 1 GKG ist auf Säumniszuschläge nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Angefochtene Säumniszuschläge sind daher bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 20.11.2008 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde der Beklagten gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Streitwertfestsetzung durch die Kammervorsitzende des Sozialgerichts um eine Einzelrichterentscheidung i. S. des § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 SGG (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 16.12.2008 - L 10 R 5747/08 W-B - zur Veröffentlichung vorgesehen), jedoch hat der danach für Beschwerdeentscheidung an sich zuständige Berichterstatter (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG) das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat zur Entscheidung übertragen.

Die Beschwerde gegen den in Anwendung des § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. mit § 1 Satz 1 Nr. 4, § 63 Abs. 2 GKG ergangenen Streitwertbeschluss ist zulässig, insbesondere mit Blick auf den Beschwerdewert des § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Streitwert für die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage auf € 25.833,22 festgesetzt und dabei nicht nur die mit den angegriffenen Bescheiden nachgeforderten Versicherungsbeiträge, sondern auch die zugleich erhobenen Säumniszuschläge berücksichtigt.

Nach § 52 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (Abs. 1). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (Abs. 3). Dabei ist allerdings eine Streitwertobergrenze von € 2.500.000 zu beachten (Abs. 4). Darüber hinaus sieht § 43 Abs. 1 GKG vor, dass dann, wenn außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen sind, der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt wird.

In Anwendung dieser Regelungen ist der Streitwert auf den vom Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 16.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2007 geforderten Gesamtbetrag von € 25.833,22 festzusetzen. Denn der Kläger hat die genannten, auf eine bezifferte Geldleistung im Sinne des § 52 Abs. 3 GKG gerichteten Behördenentscheidungen vollumfänglich angefochten. Auch schließt § 43 Abs. 1 GKG die Berücksichtigung der in den angegriffenen Bescheiden neben Versicherungsbeiträgen geforderten Säumniszuschläge in Höhe von € 6.197,00 nicht aus (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2008 - L 4 R 6315/06 - nicht veröffentlicht). Denn die Regelung ist auf Säumniszuschläge nicht, auch nicht entsprechend anwendbar.

Zum einen findet § 43 Abs. 1 GKG auf Säumniszuschläge i. S. des § 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht unmittelbar Anwendung. Zwar sind die in Rede stehenden Zuschläge als Nebenforderungen nachgeforderter Versicherungsbeiträge anzusehen. Indes handelt es sich bei Säumniszuschlägen nicht um Früchte, Nutzungen oder Kosten und stellen sie insbesondere auch keine Zinsen dar (allg. Meinung: vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 29.01.2007 - L 6 RJ 1024/03 - zit. nach www.sozialgerichtsbarkeit.de, [zur Vorgängerregelung des § 22 GKG a. F.] sowie Behn, ZfS 2005, 198, 200, jew. m. w. N.). Vielmehr sanktioniert § 24 SGB IV die verspätete Beitragszahlung, indem durch die säumnisbedingte Erhöhung des Zahlbetrages einerseits eine “Druckfunktion„ auf den Schuldner ausgeübt wird; damit soll sichergestellt werden, dass die Sozialleistungsträger die entstandenen Beiträge zum Fälligkeitstermin auch tatsächlich zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten zur Verfügung haben. Andererseits wird vermittels der Sanktion aber auch ein standardisierter Mindestschadensausgleich vorgenommen; hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass sich der Beitragsschuldner durch rechtswidriges Verhalten ein “zinsloses„ Darlehen verschafft oder durch eine verspätete Beitragszahlung selbst einen Zinsvorteil erlangt (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 13 RJ 28/03 R - SozR 4-2400 § 24 Nr. 2 = BSGE 92, 150 ff. m. w. N.). Unterscheidet sich der Zweck der Säumniszuschläge damit grundlegend von demjenigen der Zinsen, nämlich der bloßen Entgeltzahlung für die Kapitalüberlassung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, Rdnr. 3 zu § 43 GKG), so unterfallen die Zuschläge dem Zinsbegriff nicht. Dem Umstand, dass mit der Erhebung der Zuschläge im Ergebnis auch - also lediglich unter anderem - ein “Zinseffekt„ verbunden ist (vgl. zu § 22 GKG a. F. LSG Rheinla...

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