Rz. 15

Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 verpflichtet zur Bezeichnung von Beweismitteln ohne Aufforderung durch den Leistungsträger. Das ist auf die Beweismittel begrenzt, die für die begehrte oder empfangene Leistung erheblich sind. Ist das der Fall, kann sich der Leistungsberechtigte der Bezeichnung (oder Vorlage auf Verlangen) nicht dadurch entziehen, dass er Beweismittel nur bei konkretem Verdacht des Leistungsträgers, etwa auf Leistungsmissbrauch, vorlegen will. Beweismittel sind hauptsächlich Personen (Arbeitgeber, Ärzte, Psychologen, sonstige Zeugen usw.) als sachverständige Zeugen sowie Urkunden und Dokumente, aus denen der jeweilige Beweis hervorgeht. Die Erstellung von Kopien von Kontoauszügen und Lohnabrechnungen und deren Einordnung in die Verwaltungsakte stellt eine Datenspeicherung dar, die nur bei Erforderlichkeit zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zulässig ist. Die Prüfung der Voraussetzungen für die Leistungserbringung und die Notwendigkeit, die getroffenen Verwaltungsentscheidungen auch längerfristig nachvollziehen zu können, sind notwendiger Teil der Verwaltungsaufgaben (Bay. LSG, Beschluss v. 14.11.2013, L 7 AS 579/13 B ER). Ein Ausländer hat für Leistungen nach dem SGB II sein Aufenthaltsrecht nachzuweisen (LSG Hamburg, Urteil v. 15.11.2012, L 4 AS 490/11). Allgemeine und amtsbekannte Tatsachen müssen nicht bezeichnet werden, die Verpflichtung des Betroffenen reicht ohnehin nur soweit, wie er auch selbst Kenntnis von deren Existenz hat. Der Verpflichtete muss auch keine Beweismittel beschaffen, die er nicht in seinem Besitz hat. Im sozialrechtlichen Vorverfahren spielt die Beschaffung und Vorlage von Beweismitteln durch einen Rechtsanwalt eine wesentliche Rolle dafür, ob dem Rechtsanwalt im Erfolgsfall eine Geschäftsgebühr oder zusätzlich eine Erledigungsgebühr zusteht. Zu den Mitwirkungsobliegenheiten im sozialrechtlichen Vorverfahren gehört es nicht, selbst Beweismittel zu beschaffen oder erstellen zu lassen. Auch von einem gewissenhaft, sorgfältig und gründlich das Vorverfahren betreibenden Rechtsanwalt kann nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er seinen Mandanten dazu veranlasst, sich ärztliche Befundberichte erstellen zu lassen, und diese dann im Vorverfahren vorlegt (BSG, Urteil v. 2.10.2008, B 9/9a SB 5/07 R). Eine unaufgeforderte Vorlage (für eine Erledigungsgebühr) ist nicht mehr gegeben, wenn ein Rechtsanwalt nach mehrfacher Aufforderung ein konkret benanntes Beweismittel vorlegt, weil er lediglich den Mitwirkungsobliegenheiten seines Mandanten Rechnung trägt (LSG Sachsen, Beschluss v. 6.6.2012, L 7 AS 625/10 NZB).

 

Rz. 16

Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 verpflichtet auch zur Vorlage von Beweisurkunden bzw. zur Zustimmung zur Vorlage. Dies hat der Berechtigte nur auf Verlangen des Leistungsträgers zu tun. Auf den Urkundsbegriff kommt es nicht an, sondern auf den Nachweis der relevanten Tatsachen für das Sozialrechtsverhältnis. Der Leistungsträger wiederum muss die vorzulegende Beweisurkunde konkret und unmissverständlich bezeichnen. Dabei muss er ggf. auf Einschränkungen hinweisen, die sich z. B. aus datenschutzrechtlichen Vorschriften ergeben. Fordert ein Jobcenter z. B. die Vorlage von Kontenauszügen – was jedenfalls für die jeweils letzten 3 Monate und in einem Einzelfall auch für 6 Monate durch das BSG nicht beanstandet worden ist –, muss auf Grenzen der Mitwirkungspflicht gesondert hingewiesen werden, bei Kontoauszügen im Hinblick auf § 67 Abs. 12, § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X auf die Möglichkeit der Schwärzung der Adressaten auf der Ausgabenseite. Das BSG hat eine Entscheidung über die Versagung von Alg II nach nicht erfolgter Vorlage von Kontoauszügen für die letzten 6 Monate durch das LSG unbeanstandet gelassen und erklärt, dass die Vorlagepflicht keine ungeklärte Rechtsfrage mehr darstelle und nach der vorherigen Entscheidung des BSG Klärungsbedürftigkeit nicht mehr vorliege (BSG, Beschluss v. 15.7.2010, B 14 AS 45/10 B, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 19.9.2008, B 14 AS 45/07 R). In der Praxis fordern die Jobcenter allerdings ohnehin nur noch Kontoauszüge von 3 Monaten an. Das Begehren des Leistungsträgers ist ohne einen solchen Hinweis allerdings nur dann rechtswidrig, wenn der Begehrende nicht schon von vornherein deutlich gemacht hat, dass er zur Mitwirkung nicht bereit ist. Andernfalls wird der Begehrende vor den Rechtsfolgen des § 66 nicht geschützt. Die einem Antragsteller obliegende Mitwirkungspflicht umfasst auch die Vorlage von Kontoauszügen aus dem Zeitraum vor der Antragstellung. Ist ein Verdacht auf fehlerhafte Angaben gegeben, besteht eine Vorlagepflicht auch für Zeiträume, die länger als 3 Monate zurückliegen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.4.2018, L 19 AS 518/18 B ER). Bloße Umsatzabfragen haben nicht die Beweiskraft von lückenlosen Kontoauszügen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 24.10.2014, L 4 AS 423/14 B ER). Anlassbezogen darf der Leistungsträger auch die Vorlage von Kontoauszügen für die letzten 3 Jahre als Mitwirkungshandlung verlangen (LSG Sachsen-Anhalt, Be...

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