Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialdatenschutz. Datenverarbeitung bzw -speicherung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zulässigkeit der Abheftung von Kopien von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte. Erforderlichkeit der Datenspeicherung für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben. Sicherungsanordnung. Antragsbefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Herstellen und Abheften von Kopien von Unterlagen in der Verwaltungsakte ist eine Form der Datenspeicherung.

2. Das Speichern von Sozialdaten ist gem § 67c Abs 1 S 1, Abs 2 Nr 1 SGB 10 zulässig, wenn es zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Behörde erforderlich ist. Zu diesen Aufgaben gehören nicht nur Leistungsbewilligungen, sondern auch die Umsetzung späterer Entwicklungen durch Korrektur der ursprünglichen Entscheidung. Hinzu kommen gerichtliche Verfahren und verwaltungsinterne Maßnahmen nach § 67c Abs 3 SGB 10.

3. Die längerfristige Speicherung von Daten zum Einkommen von Leistungsempfängern nach SGB 2, insbesondere von Kontoauszügen und Lohnabrechnungen, ist durch § 67c SGB 10 legitimiert.

 

Normenkette

SGB X § 67 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 5, 6 S. 2 Nr. 1, § 67c Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 20; SGB I § 35 Abs. 1-2, § 60 Abs. 1; SGB II § 11; SGG § 86b Abs. 2 S. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 26.08.2013, Az. S 52 AS 1902/13 ER, wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Eilverfahren dagegen, dass der Antragsgegner im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld II Kopien einer Lohnabrechnung und von Kontoauszügen erstellt und zur Verwaltungsakte nimmt. Einer bloßen Vorlage dieser Unterlagen zur Einsicht wird nicht widersprochen.

Der 1960 geborene Antragsteller bezieht zusammen mit seiner Ehefrau (Antragstellerin zu 1) und seiner Tochter (Antragstellerin zu 2) seit Ende 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Die Antragstellerin zu 2 erzielt Erwerbseinkommen als Auszubildende.

Mit Bewilligungsbescheid vom 29.07.2013 wurde den Antragstellern Arbeitslosengeld II für die Monate September, Oktober und November 2013 in Höhe von insgesamt 1128,- Euro bewilligt. In der Begründung ist ausgeführt, dass, um das Einkommen der Tochter anrechnen zu können, die Lohnabrechnung und der Kontoauszug mit dem Gehaltseingang benötigt werde. Diese Unterlagen seien bei Erhalt beim Antragsgegner einzureichen. Mit Schreiben vom 30.07.2013 machte der Antragsteller geltend, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, dem Antragsgegner die Gehaltsabrechnung oder Kontoauszüge zu überlassen. Es sei lediglich eine Einsichtnahme in diese Unterlagen erforderlich. Hierzu antwortete der Antragsgegner mit Schreiben vom 01.08.2013, dass alternativ eine Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers gemäß § 58 SGB II vorgelegt werden könne.

Am 05.08.2013 stellten die Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Der Antragsgegner handele vorsätzlich, voller krimineller Energie, begehe Rechtsbeugung, Amtsmissbrauch, Willkür und Schikane sowie Prozessbetrug. Die Antragsteller seien bereit, die gewünschten Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, falls die anfallenden Reisekosten erstattet würden. Sie seien jedoch nicht bereit, die Unterlagen oder Kopien davon dem Jobcenter zu überlassen. Es gehe um Datenschutz.

Das Sozialgericht München lehnte den Antrag mit Beschluss vom 05.08.2013 ab. Es fehle an einem Anordnungsgrund, weil eine gerichtliche Entscheidung darüber, ob Kopien zu den Akten genommen werden können, nicht erforderlich sei. Aus der maßgeblichen und ungeklärten Rechtsfrage entstünden den Antragstellern angesichts der vorhandenen Bewilligung unmittelbar keine nachteiligen Auswirkungen.

Die Antragsteller haben am 28.08.2013 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Es gehe darum, zu verhindern, dass Kopien der Kontoauszüge zu den Akten genommen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien Kontoauszüge lediglich vorzulegen. Das Sozialgericht habe Rechtsbeugung und Missachtung höchstrichterliche Rechtsprechung begangen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 05.08.2012 aufzuheben und vorläufig festzustellen, dass eine Vorlage der Kontoauszüge und Lohnabrechnung der Antragstellerin zu 2 ausreichend ist und der Antragsgegner von diesen Unterlagen keine Kopien zur Verwaltungsakte nehmen darf.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

1. Wie das Sozialgericht zutreffend feststellt, begehren die Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz in Form einer einstweiligen...

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