0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB I v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) zum 1.1.1976 in Kraft getreten und ist seither unverändert geblieben.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift präzisiert und konkretisiert das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG und den Willen des Gesetzgebers, öffentlich-rechtliche Entschädigungsleistungen für Gesundheitsschäden zu gewähren, die aus Opfern erwachsen sind, die für die Gemeinschaft erbracht wurden oder aus anderen oder gleichartigen oder ähnlichen Gründen entstanden sind. Die Abgrenzung zu § 4 erhellt, dass es sich beim Recht der sozialen Entschädigung (SER) nicht um Sozialversicherung handelt.

 

Rz. 3

Durch § 5 wird nur ein Programmsatz im Sinne einer Leitidee formuliert. Aus der nur programmatische Ziele umreißenden Vorschrift lassen sich nicht unmittelbar Ansprüche ableiten; diese ergeben sich vielmehr aus den besonderen Teilen des SGB (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.9.2009, L 9 KR 1022/05). Der Regelungsgehalt der Vorschrift beschränkt sich darauf, gleichsam als Obersatz für das SER zu fungieren. Im Gegensatz zu weiten Teilen des bislang zersplitterten Sozialrechts, das zunehmend durch einzelne Bücher in das Sozialgesetzbuch eingegliedert wird, sind die dem SER zuzuordnenden Regelungsbereiche bislang hoch ausdifferenziert in jeweils gesonderten Gesetzeswerken normiert, die über § 68 zu den Besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches gehören. Gleichsam "Grundgesetz" des SER ist das Bundesversorgungsgesetz (BVG) i. d. F. der Bekanntmachung v. 22.1.1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung v. 23.9.2014 (BGBl. I S. 1533). Dieses bildet das strukturierte Gerüst für alle anderen, das SER betreffenden Gesetzeswerke und hat insoweit Modellcharakter. Zu den Nebengesetzen zählen u. a. das Opferentschädigungsgesetz (OEG) i. d. F. der Bekanntmachung v. 7.1.1985 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 20.6. 2011 (BGBl. I S. 1114), das Infektionsschutzgesetz (IfSG) v. 20.7.2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 36, Art. 4 Abs. 21 des Gesetzes v. 7.8.2013 (BGBl. I S. 3154), das Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i. d. F. der Bekanntmachung v. 16.9.2009 (BGBl. I S. 3054), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes v. 28.8.2013 (BGBl. I S. 3386), das Häftlingshilfegesetz (HHG) i. d. F. der Bekanntmachung v. 2.6.1993 (BGBl. I S. 838), zuletzt geändert durch Art. 6 Abs. 3 des Gesetzes v. 20.6.2011 (BGBl. I S. 1114) und das Zivildienstgesetz (ZDG) i. d. F. der Bekanntmachung v. 17.5.2005 (BGBl. I S. 1346), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes v. 15.7.2013 (BGBl. I S. 2416).

 

Rz. 4

All diese Leistungssysteme enthalten jeweils eigenständige, den anspruchsbegründenden Tatbestand betreffende Normen auf (z. B. § 1 OEG). Hinsichtlich der Rechtsfolgen verweisen sie hingegen durchgängig auf den Kompensationsmechanismus des BVG (z B. § 1 Abs. 1 OEG: "erhalten Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes"). Ungeachtet dessen lassen sich die im BVG postulierten Grundsätze nicht immer und nicht ohne weiteres auf die entschädigungsrechtlichen Nebengesetze übertragen. Dies wird dadurch deutlich, dass in den Nebengesetzen immer nur auf eine "entsprechende Anwendung" des BVG verwiesen wird. Es ist jeweils zu prüfen und zu klären, ob Besonderheiten des Nebengesetzes eine spezielle Auslegung oder Anwendung gebieten.

 

Rz. 5

§ 5 stellt klar, dass die verschiedenen Entschädigungsregelungen nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern Teile eines umfassenden sozialen Entschädigungsrechts bilden. Demgemäß kann hieraus nicht die Forderung nach einer strikt-einheitlichen Linie der Leistungsgrundlagen hergeleitet werden. Es ist vielmehr Rücksicht zu nehmen auf die unterschiedlichen, jeweils berücksichtigten Schädigungsmodalitäten (BSG, Urteil v. 8.12.1982, 9a RV 18/82, SozR 3100 § 1 Nr. 29). Das BSG hat dies im Beschluss v. 21.11.1983 (9a BVi 7/83) wie folgt formuliert: "Wie der erkennende Senat in den oben zitierten Entscheidungen entschieden hat, ist das Impfschadensrecht allen Rechtsgrundsätzen des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) unterstellt worden, soweit nicht Besonderheiten ausdrücklich angeordnet worden sind. Das Impfschadensrecht ist dem sozialen Entschädigungsrecht im Sinne der §§ 5 und 24 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil– SGB I) eingegliedert. Dieses soziale Entschädigungsrecht richtet sich nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen (Art. II § 1 Nr. 11 Buchst. d SGB I). Infolgedessen ist die gleichlautende Rechtsnorm über die Anforderung, die an den Gewißheitsgrad für den ursächlichen Zusammenhang gestellt wird, hier nicht anders als im Recht der Kriegsopferversorgung auszulegen."

 

Rz. 6

Überdies ist zu beachten, dass das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VII) eine Reihe von Affinitäten zum SER hat und deswegen dessen Grundentscheidungen auch bei der Auslegung von Vorschriften des SER-Systems zu beachten sind (BSG, Urteil v. 8.8.2001, B 9 VS 2/00 R, BSGE 88 S. 247 = So...

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