Rz. 15

Die Verjährungsfrist beträgt für Sozialleistungen einheitlich 4 Jahre. Die Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist auf 3 Jahre (§ 195 BGB) ist für das SGB nicht übernommen worden. Die Verjährung beginnt erst nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem der Anspruch entstanden ist, also mit dem Schluss des Kalenderjahres, also dem 31.12. des Jahres (vgl. Rolfs, NZS 2002 S. 169, 171). Anders als nach § 199 BGB ist es für den Beginn der Verjährung im SGB nicht erforderlich, dass der Gläubiger positiv Kenntnis von dem Anspruch hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen können. § 45 trifft für Sozialleistungsansprüche eine abschließende Regelung, so dass auch für bescheidmäßig festgestellte Ansprüche die 4-jährige Verjährungsfrist und nicht die 30-jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB (früher: § 218 BGB) gilt (BSG, Urteil v. 22.6.1994, 10 RKg 32/93). Soweit an bestandskräftige Verwaltungsakte die Rechtsfolge längerer Verjährungsfristen geknüpft ist, ist dies ausdrücklich geregelt (z. B. in § 52 Abs. 2 SGB X für bestandskräftige Verwaltungsakte).

 

Rz. 16

Das Entstehen des Anspruchs als Forderungsrecht, ist als die Verjährung auslösendes Ereignis notwendig und ausreichend. Damit wird auf das Entstehen der Rechtsanspruchsleistungen nach §§ 38, 40 abgestellt, also die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes für konkrete Sozialleistungsansprüche, was den Zeitpunkt, die Leistung fordern (beantragen) zu können, im Regelfall einschließt. Der Verjährung unterliegen daher insbesondere auch die unerkannt entstandenen und bestehenden Ansprüche, bei denen ein Antrag lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung hat. Bei materiell-rechtlich notwendigen Anträgen entsteht vor Antragstellung schon kein Anspruch, der der Verjährung unterliegen könnte (vgl. Komm. zu § 40).

 

Rz. 17

Die Verjährung selbst beginnt mit dem Entstehen des Anspruchs (so auch Kretschmer, in: GK-SGB I, 3. Aufl., § 45 Rz. 16; Heinze, DAngVers 1977 S. 265; a. A. Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 45 Rz. 17, Stand: Juli 2017; H. Lilge, in: Lilge, SGB I, § 45 Rz. 2f; Schifferdecker, in: KassKomm, § 45 Rz. 28, Stand: Dezember 2018, die in Anlehnung an § 199 Abs. 1 BGB die Verjährung erst ab dem 1.1. des Folgejahres annehmen). Letztgenannte Auffassung erscheint zweifelhaft, zumal Abs. 1 für die Verjährung allein auf den Ablauf des 4. Kalenderjahres abstellt. Vom Beginn der Verjährung ist die Frage des Zeitraumes bis zum Eintritt der Verjährung zu unterscheiden. Der Verjährungszeitraum umfasst bei der Verjährungsfrist von 4 Jahren einen Zeitraum von mindestens 4 Kalenderjahren, der mit dem Folgejahr beginnt. Dies ist insbesondere in den Fällen von Bedeutung, in denen zwischen dem Entstehen des Anspruchs auf die Sozialleistung und dem Beginn des folgenden Kalenderjahres Hemmungstatbestände oder eine Unterbrechung der Verjährung eintritt. Würde man annehmen, dass die Verjährung erst mit dem Beginn des Folgejahres beginnt, hätten derartige Ereignisse, da die Verjährungsfrist noch nicht läuft, darauf auch keinen Einfluss.

 

Rz. 18

Die Verjährungsfrist endet i. d. R. zum Ablauf des 4. Kalenderjahres nach dem Entstehen der Einzelansprüche. Die Verjährung tritt daher mit Ablauf des 4. Kalenderjahres, also dem 1.1. eines Kalenderjahres ein. Da der Neujahrstag gesetzlicher Feiertag ist, tritt Verjährung am 2.1. des nachfolgenden Kalenderjahrs ein, soweit es sich hierbei ebenfalls nicht um einen Samstag oder Sonntag, sondern einen regulären Werktag handelt. Ist der 2.1. des Kalenderjahres ein Sonntag, allgemeiner Feiertag oder Samstag, endet die Verjährungsfrist erst am nächstfolgenden Werktag des neuen Jahres (§ 26 Abs. 3 SGB X). Das Ende der Verjährung im Falle des Vorliegens einer Hemmung kann dagegen auch erst im Laufe des folgenden Kalenderjahres eintreten.

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