2.1 Voraussetzungen

2.1.1 Anspruchsvoraussetzungen

 

Rz. 4

Der Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst nur Sozialleistungsansprüche (vgl. § 11 und Komm. dort), auf die ein Rechtsanspruch besteht. Über § 42 hinausgehend werden dabei nicht nur Geldleistungen, sondern insbesondere insbesondere auch Ansprüche auf Sach- und Dienstleistungen von der Vorschrift erfasst. Auf Ermessensleistungen im Verhältnis zum Berechtigten findet § 43 keine Anwendung, weil dieser Anspruch erst durch die positive Entscheidung des Trägers entsteht (vgl. § 40 Abs. 2 und Komm. dort), der (im Regelfall mit der Leistungsbewilligung) dann auch seine Zuständigkeit bejaht (so auch Bigge, in: Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB I, 2. Aufl., § 43 Rz. 4). Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein sollte (str. vgl. Giese, in: Giese/Krahmer, SGB I, § 43 Rz. 3; Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 43 Rz. 5, Stand: Mai 2018; Lilge, SGB I, 4. Aufl., § 43 Rz. 18; a. A. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 43 Rz. 16; differenzierend Schifferdecker, in: KassKomm. SGB I, § 43 Rz. 13, Stand: Dezember 2018).

 

Rz. 5

Für das Sozial- und das Kinder- und Jugendhilferecht findet die Vorschrift insbesondere und insoweit Anwendung, als zusammen mit der Art der zu erbringenden Leistung zugleich auch ein anderer Träger regional oder sachlich zuständig wäre (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.9.1991, 5 C 14/87). Dies hat dann im Wesentlichen für die Frage der Erstattungsansprüche der Träger untereinander Bedeutung (§§ 102, 105 SGB X).

 

Rz. 6

Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist, dass ein unstreitig kraft Gesetzes bestehender Anspruch auf eine konkrete Sozialleistung (vgl. BVerwG, Beschluss v. 23.11.1988, 5 B 73/88) besteht und geltend gemacht wird und dieser Anspruch mit dem Entstehen (vgl. § 41) schon fällig ist. Dies setzt die Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen für eine bestimmte Sozialleistung voraus. Die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs ist in § 43 zwar nicht ausdrücklich genannt, ist aber ungeschriebene Voraussetzung für die Gewährung vorläufiger Leistungen (so auch Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 43 Rz. 27, Stand: 30.7.2018; Bigge, in: Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB I, 2. Aufl., § 43 Rz. 4; Schifferdecker, in: KassKomm. SGB I, § 43 Rz. 17, Stand: Dezember 2018).

 

Rz. 7

Der Anspruch auf eine vorläufige Leistung ist ein eigenständiger Anspruch, der allerdings dem Grunde nach und in seinem Bestand von einem unstreitigen anderen endgültigen Sozialleistungsanspruch abhängig ist. Wegen der ggf. bestehenden Zuständigkeit eines anderen Trägers, für den möglicherweise auch andere Rechtsvorschriften gelten würden (vgl. Rz. 9), muss zumindest ein konkreter Sozialleistungsanspruch bestehen, der der Art nach gegenüber beiden oder mehreren Trägern und nach verschiedenen Rechtsvorschriften bestehen kann.

 

Rz. 7a

Der Anspruch auf vorläufige Leistungen steht nur dem Sozialleistungsberechtigten selbst zu; Pfändungsgläubiger, Abtretungsempfänger und Sonderrechtsnachfolger können daher keine Ansprüche auf Sozialleistungen aus § 43 für sich ableiten und als solche geltend machen. Dies gilt für Dienst- und Sachleistungen schon deswegen, weil diesen gegenüber kein aktueller Leistungsbedarf bestehen kann, der (nach § 17) unverzüglich zu erfüllen ist (vgl. Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 43 Rz. 13, Stand: Mai 2018). Bei Leistungsansprüchen in Geld dürfte es in den meisten Fällen an dem Erfordernis der Dringlichkeit fehlen. Ob daher im Wege der Abzweigung nach § 48 vorläufige Leistungen an unterhaltsberechtigte Kinder und Ehegatten in Betracht kommen (so Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 43 Rz. 43, Stand: 30.7.2018) erscheint zweifelhaft.

2.1.2 Zuständigkeitsstreit

 

Rz. 8

Es muss ein Zuständigkeitsstreit in der Weise bestehen, dass der um Leistungen angegangene Träger seine Zuständigkeit für die Leistung bestreitet, weil er einen anderen Träger für zuständig hält, dieser aber seinerseits wiederum seine Zuständigkeit nicht für gegeben hält. Dieser Streit kann wegen der zurückverweisenden vermeintlichen Zuständigkeit des ursprünglich angegangenen Trägers oder auch wegen vermeintlicher Zuständigkeit eines dritten Trägers ausgelöst sein.

 

Rz. 9

Dieser Streit kann sowohl zwischen verschiedenen Trägern des gleichen Leistungsbereiches (z. B. zwischen Krankenkassen, Berufsgenossenschaften oder Rentenversicherungsträgern) mit gleichen gesetzlichen Vorschriften, als auch zwischen Trägern mit unterschiedlichen Leistungsbereichen (z. B. zwischen Krankenkasse und Unfallversicherungsträger oder Versorgungsverwaltung, Unfall- und Rentenversicherungsträger und Bundesagentur für Arbeit – typisch bei Rehabilitationsleistungen) und mit unterschiedlichen Rechtsvorschriften und damit unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen bestehen. Der Zuständigkeitsstreit kann aber auch wie im Recht der Sozialhilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe die Hierarchie des Sozialleistungsträgers (örtlicher oder überörtlicher Träger) betreffen. Trotz der organisatorischen Zuordnung der Pflegekasse zu...

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