Rz. 20

Eine bestehende sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst zugleich auch die Zuständigkeit für weitere Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln (des SGB XII) zu erbringen sind. Das gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift auch für die Kosten der Bestattung nach § 74 (vgl. Rz. 25). Die Zuständigkeitserweiterung greift nicht bei bloß teilstationärer Hilfe.

 

Rz. 21

Die Vorschrift bezweckt eine Leistungsgewährung aus einer Hand, es sollen nicht zur gleichen Zeit örtlicher und überörtlicher Träger der Sozialhilfe für verschiedene Hilfen für die gleiche Person zuständig sein (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 12; Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 19). Landesrecht kann im Fall des Abs. 4 mangels entsprechender Ermächtigung keine abweichende Regelung treffen (Schmeller, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 97 Rz. 9; Hohm, in: Schellhorn e.a., SGB XII, § 97 Rz. 16). Damit soll die bundesgesetzliche Absicht einer Leistung aus einer Hand nicht durch Landesrecht zu ungunsten des Leistungsberechtigten vereitelt werden können (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 12).

 

Rz. 22

Abs. 4 betrifft ausschließlich solche Annexhilfen, für die nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln der örtliche Träger zuständig wäre, denn in den anderen Fällen ist der überörtliche Träger ohnehin originär sachlich zuständig.

 

Rz. 22a

Voraussetzung für die Annexzuständigkeit ist das Vorliegen und die Notwendigkeit einer stationären Leistung. Es muss sich um Hilfen durch eine Einrichtung i. S. d. § 13 Abs. 2 handeln, teilstationäre Leistungen fallen nicht darunter (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 12).

 

Rz. 22b

Die Annexleistungen müssen gleichzeitig mit der stationären Hilfe zu erbringen sein. Beide Hilfen müssen zugleich nebeneinander erforderlich sein und auch erbracht werden. An das damit verbundene zeitliche Element dürfen keine überspannten Forderungen gestellt werden (Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 18). Daher fallen darunter auch Fahrtkosten oder Platzfreihaltegebühren. Ausreichend ist es, wenn der Sozialhilfeträger nur einen Teil der Leistung erbringen muss, solange dieser Teil jedenfalls als Bestandteil der stationären (Haupt-)Leistung anzusehen ist (Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 15).

 

Rz. 22c

Es muss sich um Leistungen nach "anderen Kapiteln" (des SGB XII) handeln mit der Folge, dass etwa bei einer stationären Unterbringung einer erwerbsfähigen Person, die Leistungen nach dem SGB II erhält, die Annexregelung nicht zur Anwendung kommt (Rabe,: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 15).

 

Rz. 22d

Fallen die örtliche Zuständigkeit für die stationäre und die Annexleistung auseinander, so folgt nach dem Zweck der Vorschrift die örtliche Zuständigkeit für die Annexleistung derjenigen der stationären (Haupt-)Leistung (Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 17).

 

Rz. 23

Nach dem bloßen Wortlaut der Vorschrift scheint die (abstrakte) überörtliche Zuständigkeit bereits auszureichen, um die Zuständigkeit für die anderen gleichzeitig zu erbringenden Leistungen auszulösen. Denn die bloße Zuständigkeit löst bereits die Annexzuständigkeit aus, eine tatsächliche Leistungserbringung scheint demnach nicht erforderlich zu sein (vgl. zur ähnlich gelagerten Problematik die Komm. zu § 98 Rz. 67). Eine solche Auslegung widerspricht jedoch dem Zweck der Regelung. Wenn der überörtliche Träger zwar zuständig ist, aber deswegen nicht leisten muss, weil der Betroffene selbst oder ein Dritter (z. B. die Krankenkasse) die Kosten für die Maßnahme trägt, greift die Annexregelung des Abs. 4 nicht (Schmeller, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 97 Rz. 10; Deckers, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 97 Rz. 19; Gottschick/Giese, BSHG, 9. Aufl. 1985, § 100 Rz. 11.3; Rabe, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 97 Rz. 15). In diesen Fällen findet Abs. 4 deshalb keine Anwendung, weil sein Zweck nicht erreicht werden kann, der darin liegt, eine gleichzeitig nebeneinander liegende örtliche und überörtliche Zuständigkeit verbunden mit entsprechender Leistungserbringung zu vermeiden. Tatsächlich ist in den genannten Fällen ja nur der örtliche Träger leistungspflichtig. Liest man "zu erbringen sind" in der Weise, dass sowohl Leistungen nach anderen Kapiteln als auch die stationäre Leistung des überörtlichen Trägers umfasst sind, wofür die Verwendung der Bestimmung "gleichzeitig" spricht, dann steht der Wortlaut der Vorschrift dieser Auslegung nicht entgegen, sondern stützt sie (a. A. Treichel, in: LPK-SGB XII, § 97 Rz. 13).

 

Rz. 24

Als Leistung im Wege der Annexzuständigkeit kommt jede Leistung in Betracht, für die sonst der örtliche Träger (vgl. Rz. 22) zuständig wäre, z. B.

  • Hilfe zum Lebensunterhalt, Barbetrag, Bekleidungshilfe,
  • Hilfe zur Pflege,
  • Mietkosten zur Erhaltung der Wohnung,
  • Hilfen zur Gesundheit,
  • Anschaffung von Möbeln und Hausrat zum Zwecke der Entlassungsvorbereitung (hierzu: BVerwG, Urteil v. 22.3.1990, 5 C 58/86),
  • Fahrtkosten,
  • Platzfreihaltegebühren.
 

Rz. 25

Abs. 4 nimmt auch Bezug auf die Best...

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