Rz. 11

Die Vorschrift regelt in Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2, unter welchen Voraussetzungen der Sozialhilfeträger zur Übernahme von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet ist. Nach Abs. 2 Satz 1 kann er nach pflichtgemäßem Ermessen Beiträge für bestimmte Arten der freiwilligen Krankenversicherung übernehmen. Abs. 3 enthält eine Übertragung der Grundsätze aus Abs. 1 und 2 auf die Übernahme von Beiträgen für die gesetzliche Pflegeversicherung. In Abs. 4 befindet sich eine Regelung zu dem Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V. Schließlich trifft Abs. 5 Bestimmungen zur Übernahme von Beiträgen bei privaten Krankenversicherungsunternehmen.

 

Rz. 12

Gemeinsame Voraussetzung für alle Tatbestände ist die Bedürftigkeit des Berechtigten i. S. d. § 19 Abs. 1, § 27 Abs. 1, § 41 Abs. 1. Dabei ist maßgebend der Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge (BSG, Urteil v. 15.11.2012, B 8 SO 3/11 R Rz. 17 m. w. N.). Bei der Berechnung des Bedarfs sind die Beiträge zur Krankenversicherung nicht zu berücksichtigen (vgl. aber Rz. 13 ff.). Es ist vielmehr nur der Regelbedarf für die Hilfe zum Lebensunterhalt zugrunde zu legen. Ferner ist zu beachten, dass nach Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 und Abs. 5 Satz 3 die Vorschriften des § 82 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 nicht zum Tragen kommen, d. h., geleistete Beiträge zur Krankenversicherung werden nicht von dem einzusetzenden Einkommen abgesetzt. Diese Regelung verhindert mögliche Doppelleistungen, da sie die zweimalige Berücksichtigung von Beiträgen vermeidet (Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 9/2018, § 32 SGB XII, Rz. 8). Schließlich ist bei der Berechnung des Einkommens nicht nur das Einkommen des in § 19 Abs. 1 Satz 2 i.d. bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung bzw. § 27 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich genannten Personenkreises, sondern auch das Einkommen von Personen zu berücksichtigen, die mit dem Berechtigten in ehe- bzw. partnerschaftsähnlicher Gemeinschaft i. S. d. § 20 leben (vgl. zum alten Recht: VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 8.7.1997, 6 S 856/96 Rz. 30; Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 9/2015, § 20 SGB XII, Rz. 30).

2.1 Gebundene Übernahme von freiwilligen und Pflichtbeiträgen zur Krankenversicherung (Abs. 1)

 

Rz. 13

Nach Abs. 1 hat der Sozialleistungsträger die Beiträge für Berechtigte zu übernehmen, die nach bestimmten Vorschriften versichert sind. Dabei berücksichtigt der Gesetzgeber sowohl Tatbestände der Versicherungspflicht (dazu Rz. 14 ff.) als auch der freiwilligen (Weiter-)Versicherung (dazu Rz. 18 ff.) sowie Beiträge für Rentenantragsteller, die als Mitglied einer Krankenkasse gelten (dazu Rz. 22 ff.).

2.1.1 Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 2 Abs. 1 Nr. 7 KVLG 1989

 

Rz. 14

Der Gesetzgeber war wohl der Ansicht, dass von § 32 Abs. 1 sowohl Personen erfasst werden, die ohnehin bedürftig i. S. d. § 19 Abs. 1, § 27 Abs. 1 sind, als auch solche, die dies erst aufgrund der Beitragspflicht werden. Dafür sprechen der differenzierende Gesetzeswortlaut in Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 16/3100 S. 189 zu Art. 10). Es ist aber davon auszugehen, dass der zuerst genannte Personenkreis i. d. R. schon im Leistungsbezug (nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII) steht und deswegen nach den Vorschriften des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V oder des § 2 Abs. 6a Satz 2 KVLG 1989 von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 7 KVLG 1989) ausgeschlossen ist. Diese Personen unterliegen von vornherein keiner Versicherungs- und damit auch keiner Beitragspflicht, für die der Leistungsträger einstehen müsste.

 

Rz. 15

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welchen Anwendungsbereich die Regelung überhaupt haben kann (dazu auch Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 7. Aufl. 2020, § 32 Rz. 8 ff.; Pfriender, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 32 Rz. 31, , sowie H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 32 Rz. 18 ff.; kritisch zu der Regelung insgesamt Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 9/2018, § 32 Rz. 19 ff.). Ein Anwendungsbereich ergibt sich zunächst für Personen, die allein aufgrund der aus der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V resultierenden Beitragspflicht bedürftig i. S. d. § 19 Abs. 1, § 27 Abs. 1 werden. Zwar handelt es sich auch bei der Gewährung von Leistungen nach § 32 um Hilfe zum Lebensunterhalt. Bei sachgerechter Betrachtung sind diese Leistungen aber nicht geeignet, die Ausschlusswirkung des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V bzw. § 2 Abs. 6a Satz 2 KVLG 1989 auszulösen (so auch v. Boetticher/Münder, in: Conradis/ThiesBieritz-Harder, LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 32 Rz. 9); denn als Ziel der genannten Ausschlussregelungen ist es anzusehen, nur solche Personen von der Versicherungspflicht auszunehmen, die auf der Grundlage eines bereits bestehenden Leistungsbezugs – insbesondere nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII – einen Anspruch auf Leistungen bei Krankheit (etwa nach § 48 SGB XII oder nach § 264 SGB V) haben. Bei Personen, die allein aufgrund der Beitragspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 7 KVLG 1989 bedürftig werden, ist dies aber anders,...

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