Rz. 9

Während das frühere Recht nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge nur bei der Festsetzung der ersparten Aufwendungen in den Fällen einer auswärtigen Unterbringung vorsah (§ 94 Abs. 2 Satz 2 a. F.), schafft Abs. 5 die generelle Möglichkeit, für die Kostenbeiträge von Eltern pauschalierte Kostensätze durch Rechtsverordnung festzulegen. Wegen der Auswirkungen dieser Verordnung auf die Länder bedarf die Rechtsverordnung nach Art. 80 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates. Diese Regelung führt zu einer wesentlichen Verfahrensvereinfachung.

Die Verordnung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung – KostenbeitragsV) v. 1.10.2005 (BGBl. I S. 2907), geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Kostenbeitragsverordnung v. 5.12.2013 (BGBl. I S. 4040), sieht die Bildung von Einkommensgruppen zur Bestimmung der Höhe der Kostenbeiträge von Elternteilen, Ehegatten und Lebenspartnern vor. Die unterschiedlichen Beitragsstufen sowie die Zuweisung zu höheren oder niedrigeren Einkommensgruppen berücksichtigen Belastungen und Entlastungen in Abstimmung zu den unterhaltsrechtlichen Wertungen.

 

Rz. 10

Die Streichung der bisher in Abs. 5 Satz 2 vorgesehenen Verpflichtung des Verordnungsgebers, die Beträge alle 2 Jahre der Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitseinkommens anzupassen, durch die nach der Gesetzesbegründung unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden werde, zumal der Aufbau der KostenbeitragsV mit der Einteilung in Einkommensstufen einer Veränderung der Einkommenssituation bereits Rechnung trage, ist zumindest kritikwürdig: Das BVerfG hat in mehreren Entscheidungen zum steuerlichen Existenzminimum betont, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Höhe von Sozialleistungen zwar einen weiten Gestaltungsspielraum habe (BVerfG, Beschluss v. 18.6.1975, 1 BvL 4/74) und bei Massenverfahren auch Typisierungen vornehmen darf (BVerfG, Beschluss v. 25.9.1992, 2 BvL 5, 8, 14/91). Gleichwohl ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsgrundsatz des Art. 20 Abs. 1 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG, dass der Staat dem Steuerpflichtigen, in den Fällen des § 94 dem Kostenbeitragspflichtigen, die finanziellen Mittel belassen muss, die er und seine Familie zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein des Familienverbandes benötigt (BVerfG, Beschluss v. 29.5.1990, 1 BvL 20, 26/84, 1 BvL 4/86). Vor diesem Hintergrund wäre die Belassung der Überprüfungspflicht, ggf. unter Streichung der starren 2-Jahres-Anpassungsfrist, vorzugswürdiger gewesen. Gleichwohl hat der Verordnungsgeber mit der Anpassung der Kostenbeiträge nach nunmehr 8 Jahren u. a. den inzwischen eingetretenen wirtschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen und insoweit den vom BVerfG aufgestellten verfassungsrechtlichen Maßgaben entsprochen.

 

Rz. 11

Die Verordnung sieht die Festsetzung des Kostenbeitrags durch die Ermittlung zweier Faktoren vor (§§ 1 und 2 KostenbeitragsV):

  • der Ermittlung der Einkommensgruppe,
  • der Beitragsstufe, die sich nach der Art der Leistung – vollstationär oder teilstationär – sowie der Anzahl der Personen, die Leistungen erhalten,

richtet. Sowohl die Einteilung in Einkommensgruppen als auch die Zahl der Beitragsstufen wurden in der neuen Anlage zur KostenbeitragsV mit dem Ziel einer Vereinfachung des Beitragsfestsetzungsverfahrens verringert. Die Einkommensstaffelung beginnt in Gruppe 1 bei einem Einkommen bis 1.100,99 EUR und sieht in den Gruppen 2 und 3 eine Staffelung von 100,00 EUR, in den Gruppen 4 und 5 eine Staffelung von 150,00 EUR, in den Gruppen 6 bis 9 eine Staffelung von 200,00 EUR, in den Gruppen 10 bis 15 eine Staffelung von 300,00 EUR und in den Gruppen 16 und 17 eine Staffelung von 400,00 EUR und ab der Gruppe 18 bis zur Gruppe 27 eine Staffelung von 500,00 EUR vor. Die verschiedenen Beitragsstufen (Stufen 1 bis 3) differenzieren nach der Anzahl der Personen bei vollstationären Leistungen (Stufen 1 bis 3) sowie nunmehr nur noch eine Beitragsstufe 4 für teilstationäre Leistungen.

 

Rz. 12

Ist die kostenbeitragspflichtige Person Dritten gegenüber unterhaltspflichtig, so wird diese Unterhaltsverpflichtung, die nach § 94 Abs. 2 angemessen zu berücksichtigen ist, dadurch ausgeglichen, dass der Kostenbeitrag in den Einkommensgruppen 2 bis 6 pro Unterhaltsverpflichtung sich nach der um zwei Einkommensgruppen niedrigeren Einkommensgruppe und in den Einkommensgruppen 7 bis 18 um eine Einkommensgruppe niedrigeren Gruppe bemisst (§ 4 Abs. 1 KostenbeitragsV). In jedem Fall ist der Kostenbeitrag so zu bemessen, dass Unterhaltsansprüche vor- oder gleichrangiger Berechtigter nicht geschmälert werden (§ 4 Abs. 2 KostenbeitragsV). Die Fälle, in denen eine Schmälerung eintreten würde, sind zwingend als besondere Härte gemäß § 92 Abs. 5 anzusehen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV). Die vom BVerwG angesprochene Frage, ob die pausch...

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