Rz. 39

Die Auswahl der Hilfe hat bedarfsgerecht und am Einzelfall orientiert zu erfolgen, wie Abs. 2 Satz 2 klarstellt. Das engere soziale Umfeld und damit wichtige Bezugspersonen des Kindes sind einzubeziehen. Hilfe soll insbesondere pädagogisch und therapeutisch orientiert sein, Abs. 3 Satz 1. Die aufgelisteten Hilfstypen sind nicht abschließend. Es können also auch andere, vom Gesetz nicht genannte Hilfen in Betracht kommen, die Hilfen miteinander verzahnt oder auch mehrere Hilfen nebeneinander gewährt werden. Es gibt auch nicht etwa eine vom Gesetz vorgegebene oder abgestufte Rangordnung (BT-Drs. 11/5948 S. 69). Zwar sind die Hilfen der §§ 28 bis 35 hinsichtlich ihrer Eingriffsintensität geordnet: §§ 28 bis 31 sind ambulante Hilfen, § 32 ist teilstationär, § 33 und § 34 sind stationäre Hilfen mit Fremdunterbringung. Aus der vom Gesetzgeber gewählten Reihenfolge ergibt sich jedoch keine rechtliche Rangfolge der Hilfen. Alle Hilfen sind gleichrangig; sie stellen keine miteinander konkurrierende Hilfen dar, sondern müssen als einander ergänzende und miteinander verzahnte Hilfen angesehen und dementsprechend organisiert werden (so ausdrücklich die gesetzgeberische Intention, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 69; vgl. ausführlich auch oben unter Rz. 30 ff. – gesetzliche Regelbeispiele nach Satz 1). Entscheidend ist allein der erzieherische Bedarf. Je exakter der Hilfebedarf im Einzelfall ermittelt wird, umso präziser wird die im Einzelfall geeignete und notwendige Hilfe bestimmt werden können.

Dem Hilfeplan, § 36, kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Jugendhilfeleistungen – wie etwa Hilfe zur Erziehung (§ 27) oder auch Eingliederungshilfe (§ 35a) – bauen regelmäßig auf einer Jugendhilfeplanung (§ 36) auf und sind an einem vom Jugendhilfeträger konkret festgestellten Hilfebedarf auszurichten und damit individuell zugeschnitten (vgl. stellv. BVerwG, Urteil v. 23.10.2018, 5 C 15/17 Rz. 21; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.4.2021, 12 A 1753/18 Rz. 14). Großes Gewicht muss hierbei auch der Beteiligung der Eltern und sonstiger wichtiger sozialer Bezugspersonen zukommen. Deren Einbeziehung fordert schon Abs. 2 Satz 2. Daneben sieht § 36 die umfassende Beteiligung aller Betroffenen vor. § 5 gewährt ein Wunsch- und Wahlrecht bei der Gewährung von Leistungen; dieses gilt auch für die Anspruchsinhaber des Rechtes auf Hilfe zur Erziehung. Nicht zuletzt wird Hilfe nur greifen, wenn diese von allen Beteiligten als erforderlich und geeignet angesehen, entsprechend akzeptiert und gemeinsam umgesetzt wird. Hilfe soll daher nach Möglichkeit von den Betroffenen nicht als Zwang empfunden werden. Beteiligte sind mit ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst zu nehmen. Eine auf sachfremde Gründe, etwa allein auf finanzielle Gesichtspunkte wie fehlende Haushaltsmittel gestützte Ablehnung ist rechtswidrig (VG Hamburg, Beschluss v. 8.12.1999, 13 VG 4683/99; DIJuF-Rechtsgutachten v. 30.3.2017, J 8.260/J 4.200 Bm, JAmt 2017, 237; so auch Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 27 Rz. 86; Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 10/2006, 35. Ergänzungslieferung 2023, § 27 SGB VIII Rz. 32).

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