Rz. 84

Im Rahmen der nicht einvernehmlichen Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist in einem 2. Schritt zu prüfen, ob die Übertragung der Alleinsorge auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten entspricht. Für diese Prüfung ist wesentlich, ob die Übertragung der Alleinsorge auf den Antragsteller die für das Kind beste Möglichkeit der Wahrnehmung elterlicher Sorge ist. Das ist unter Abwägung aller für die soziale Entwicklung des Kindes maßgeblichen Umstände zu entscheiden. Für diesen Abwägungsprozess sind insbesondere folgende Kriterien von Bedeutung:

 

Rz. 85

  • Die Bindungen des Kindes an einen Elternteil oder Geschwister sind zu beachten (OLG Dresden, Beschluss v. 15.10.2002, 10 UF 433/02; OLG Dresden, Beschluss v. 29.8.2002, 10 UF 229/02; OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.11.2006, 10 UF 156/06). Im Fall einer zerrütteten Elternbeziehung kann die Geschwisterbindung die Elternbindung verdrängen (OLG Hamm, Beschluss v. 14.11.1996, 2 UF 98/96). Der verwandtschaftlichen Verbindung zu Stiefgeschwistern, die aus einer neuen Beziehung des Elternteils entstanden sind, der das Kind nicht alltäglich betreut, kommt dagegen keine Bedeutung zu (OLG Celle, Beschluss v. 12.3.2004, 21 UF 157/03). Bei gleich starker Bindung an die Eltern sind auch Bindungen an Großeltern und Freunde zu beachten (Diederichsen, in: Palandt, BGB, § 1671 Rz. 23).
 

Rz. 86

 

Rz. 87

 

Rz. 88

  • Ein Gewaltpotential des Antragstellers gegenüber dem Kind schließt die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn aus. Das gilt sowohl für physische wie für psychische Gewalt. Beide Formen sind nach § 1631 Abs. 2 Satz 2 BGB unzulässig. Aber auch die unmittelbare Gewalt des Antragstellers "nur" gegenüber dem anderen Elternteil beeinträchtigt das Kind erheblich in seiner seelischen Entwicklung und schließt eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller aus (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.2003, 1 BvR 1140/03).
 

Rz. 89

  • Die Betreuungsmöglichkeit und Betreuungsbereitschaft ist grundlegende Voraussetzung für die Übertragung der Alleinsorge. Der Antragsteller muss deshalb in der Lage sein, in dem je nach Entwicklungsstand des Kindes erforderlichen Umfang persönlich für das Kind da zu sein.
 

Rz. 90

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