Rz. 9

§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 normieren einen gegenüber § 16 spezielleren Beratungsanspruch, der auf spezielle Lebenssituationen in der Familie zugeschnitten ist. Die Beratung gehört zu den "anderen Aufgaben" i. S. d. § 2 Abs. 3 und wird aus dem in Art. 6 Abs. 1 GG normierten Schutz von Ehe und Familie und aus dem Grundrecht der Kinder und Jugendlichen aus Art. 6 Abs. 2 GG hergeleitet. Die Vorschrift gewährt einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung. Inhalt und Umfang der Beratung stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Jugendamtes. Anspruchsberechtigte sind "Mütter und Väter" (so Abs. 1) bzw. die "Eltern" (so Abs. 2). Darin liegt allein eine sprachlich unterschiedliche Fassung, der keine inhaltliche Bedeutung zukommt. Die Teilnahme an der Beratung ist für die Eltern grundsätzlich freiwillig, was auch dem Sinn und Zweck der Beratung entspricht. Allerdings kann das Familiengericht gemäß § 156 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 FamFG die Teilnahme der Eltern anordnen. Mangelnde oder fehlerhafte Beratung kann einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung begründen (Zimmerling, in: jurisPK-BGB, § 839 Rz. 366 mit Hinweis auf OLG Celle, Beschluss v. 16.8.1996, 16 W 40/95).

 

Rz. 10

Tatbestandliche Voraussetzung ist das Bestehen eines Beratungsbedarfs. Die in Abs. 1 Satz 2 genannten Ziele der Beratung ergeben Hinweise auf Art und Umfang der Bedarfs. Die Beratung muss geeignet sein, diesem Bedarf gerecht zu werden. In systematischer Hinsicht bezieht sich die Beratung in erster Linie auf psychosoziale Themen. Darüber hinaus erfolgt aber auch eine Rechtsberatung. Sie bezieht sich auf Fragen des Sorgerechts und des Unterhaltsrechts und die rechtliche Beratung bei Trennung und Scheidung.

 

Rz. 11

Die in §§ 17 und 18 enthaltenen Regelungen ergänzen einander. Während § 17 Beratungsangebote an die Eltern in Partnerschaftskonflikten sowie in akuten Trennungs- und Scheidungssituationen normiert, enthält § 18 Beratungs- und Unterstützungsangebote, die Mütter und Väter nach der Trennung wahrnehmen können. Sie sollen dann bei der Ausübung des Sorgerechts und des Umgangsrechts sowie bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unterstüzt werden. Diese Art der Beratung richtet sich regelmäßig an einen Elternteil.

 

Rz. 12

Beratung nach § 17 wird oftmals zeitlich parallel zur Erziehungsberatung nach § 28 durchgeführt (Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 17 Rz. 4). Die Regelungen in § 17 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 überlappen sich mit dem Regelungsgehalt von § 28, wonach die Erziehungsberatung auch die Unterstützung bei Trennung und Scheidung umfasst. Bei der Beratung nach § 28 sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind.

 

Rz. 13

Während § 17 Beratungsansprüche der Mütter und Väter gegenüber dem Jugendamt regelt, sind in § 50 Mitwirkungspflichten des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren normiert. Die Regelung in § 17 Abs. 3 stellt ein Bindeglied dar. Die dort geregelte Mitteilungspflicht der Familiengerichte in Scheidungssachen setzt das jeweilige Jugendamt in den Stand, die Beratung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 sowie nach § 18 in Gang zu setzen.

 

Rz. 14

Die Beratung nach § 17 ist in engem Zusammenhang mit den Regelungen des familiengerichtlichen Verfahrensrechts zu sehen. Die §§ 155, 156 FamFG sehen ein ganzes Bündel von Regelungen vor, die in kindschaftsrechtlichen Verfahren auf eine zügig in Gang kommende einvernehmliche Regelung in der Verantwortungsgemeinschaft aller am Verfahren Beteiligten hinwirken. Familiengericht, Rechtsanwälte, Jugendamt, Beratungsstellen, Verfahrensbeistände und Sachverständige sollen dabei einbezogen werden (Tammen/Trenczek, in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 8. Aufl., § 17 Rz. 43 ff.; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 17 Rz. 42a). Dem Familiengericht kommt dabei die verfahrensleitende Funktion zu. Das Gericht kann das Verfahren zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Verfahrensbeilegung aussetzen (§ 155 Abs. 4 FamFG), wobei die 3-Monats-Frist zur Wiederaufnahme bei Erfolglosigkeit dem Beschleunigungsgebot Genüge tut. Das Familiengericht kann sogar anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen.

 

Rz. 15

Wer als "Mutter und Vater" anzusehen ist, bestimmt sich nach dem mit der Beratung und Unterstützung verfolgten Sinn und Zweck. "Vater und Mutter" sind daher diejenigen, die die elterliche Sorge ausüben oder anstreben, an der elterlichen Sorge mitverantwortlich beteiligt zu werden. Das Beratungsangebot erfasst damit die rechtlichen Eltern (dazu Rz. 22) unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben haben (Tillmanns, in: Münchener-Kommentar, BGB, § 17 SGB VIII Rz....

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