2.1 Mindestdauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit

 

Rz. 5

Ein Rentenanspruch besteht nur, wenn die gesetzlichen Erfordernisse, Vorliegen einer MdE von wenigstens 20 % (Ausnahme: Abs. 1 Satz 2; vgl. Rz. 6 ff.) und dies über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall (Arbeitsunfall) hinaus, erfüllt sind. Das Ende der 26. Woche nach dem Versicherungsfall hat selbst keinen Einfluss auf den Rentenbeginn. Grundsätzlich beginnt die Rente nach dem Tag, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, also nach dem Tag, an dem die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit weggefallen ist (vgl. hierzu im Einzelnen Komm. zu § 46 Abs. 3, § 72 Abs. 1). Bei der Berechnung der 26-Wochen-Frist wird der Ereignistag (Unfalltag) selbst nicht mitgerechnet (§ 26 SGB X, § 187 BGB).

2.2 Mindesthöhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit

 

Rz. 6

Grundsätzlich ist ein Rentenanspruch nur bei Vorliegen einer MdE von wenigstens 20 % gegeben. Ausnahme hiervon bildet Abs. 1 Satz 2 bis 4. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle (auch z. B. ausländische Unfallversicherungsfälle, soweit das Recht der EU oder Sozialversicherungsabkommen dies vorsehen) oder vergleichbarer Entschädigungsfälle (vgl. Abs. 1 Satz 4, z. B. nach Beamtenrecht, dem Recht der sozialen Entschädigung etc.) gemindert, die aber für sich allein kein rentenberechtigendes Ausmaß von wenigstens 20 % erreichen, ergibt sich ein sog. Stützrententatbestand, aus dem gleichwohl ein Rentenanspruch entstehen kann. Diese Ausnahmeregelung hat den Sinn und Zweck, Unbilligkeiten zu vermeiden, die sich aus einer Anhäufung von Unfallfolgen aus mehreren Unfällen geringfügiger Art, also mit einer MdE um weniger als 20 %, ergeben können. Es können aber nur solche Fälle berücksichtigt werden, die für sich allein betrachtet – also abgesehen vom Grad der MdE – geeignet sind, den Anspruch auf eine Verletztenrente zu begründen. Die Berücksichtigung der Folgen eines Unfalls mit einer MdE um wenigstens 10 % setzt deshalb – in gleicher Weise wie bei einem für sich allein entschädigungspflichtigen Unfall mit einer MdE um wenigstens 20 % – voraus, dass die MdE des Versicherten über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus andauert (vgl. BSG, Urteil v. 10.5.1968, RKnU 12/67; BSG, Urteil v. 29.1.1971, 2 RU 154/68).

Resultiert aus den Folgen eines dieser Fälle eine MdE von weniger als 10 %, so ist diese Schädigung, weil weder wirtschaftlich noch medizinisch messbar, bei der Prüfung eines Stützrententatbestandes unbeachtlich (vgl. BSG, Urteil v. 7.12.1976, 8 RU 14/76).

 

Rz. 7

Hinsichtlich eines früheren Versicherungsfalls oder vergleichbaren Entschädigungsfalls, für den bereits Rente bezogen wird, ist der Unfallversicherungsträger an die Feststellung, dass eine rentenberechtigende MdE vorliegt, gebunden (vgl. BSG, Urteil v. 22.1.1981, 8/8a RU 94/79). Wird hingegen keine Leistung aus diesem Unfall bezogen, so ist der Unfallversicherungsträger auch an einen in früheren Verwaltungsakten festgestellten Grad der MdE nicht gebunden, sondern es ist der zum möglichen Rentenbeginn bestehende Grad der MdE zu ermitteln und zu berücksichtigen.

2.3 Rente

 

Rz. 8

Da bei der Rentenbemessung im Einzelfall nicht nach den Entschädigungszwecken unterschieden wird, ist die Rente abstrakt festzustellen, so dass es eines konkret eingetretenen Schadens nicht bedarf. Es ist daher unerheblich, ob der Versicherte aufgrund der verbliebenen Folgen des Versicherungsfalls einen tatsächlichen Einkommensverlust erleidet. Gerade bei geringen Verletzungen, die zu einem Rentenanspruch führen, tritt i. d. R. kein Einkommensverlust des Versicherten ein, so dass neben den Einkünften in bisheriger Höhe eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 14.11.1984, 9b RU 38/84).

 

Rz. 9

Gesundheitsschäden, die auf mehreren Versicherungsfällen (Arbeitsunfällen) beruhen, sind jeweils getrennt zu beurteilen; die Bildung einer Gesamt-MdE kommt insoweit nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn dasselbe Organ durch mehrere Versicherungsfälle betroffen worden ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat der sachlich und örtlich zuständige Unfallversicherungsträger für jeden Versicherungsfall die Rente jeweils gesondert festzusetzen (vgl. BSG, Urteil v. 14.11.1984, 9b RU 58/83). Erfüllt eine Krankheit hingegen die Tatbestände mehrerer Berufskrankheiten, handelt es sich um eine in ihren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit einheitlich zu beurteilende Erkrankung. Es wird nur eine einheitliche MdE gebildet und nur eine einheitliche Rente gezahlt, selbst dann, wenn es sich nicht um dieselbe Erkrankung handelt, sich die Funktionsbeeinträchtigungen jedoch an dem gleichen Organ realisieren (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30.6.2015, L 15 U 755/12).

2.4 Minderung der Erwerbsfähigkeit

 

Rz. 10

Die individuelle Erwerbsfähigkeit des Versicherten ist das versicherte Rechtsgut in der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie ist die Fähigkeit des Versicherten, sich durch die Ausnutzung von Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (allgemeiner Arbeitsmarkt), die sich ihm dort nach seinen gesamten Kenntnissen und körperlichen sowie geistigen Fähigkeiten bieten, ei...

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