0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist am 1.7.1977 in Kraft getreten. Sie hat den bis dahin geltenden § 26 Abs. 2 bis 7 des Selbstverwaltungsgesetzes (SVwG) übernommen und wurde in der Folgezeit wie folgt geändert.

Das Gesetz zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen v. 27.7.1984 (BGBl. I S. 1029) hat mit Wirkung zum 3.8.1984 die Vorschrift neu gefasst und ergänzt. Dabei wurde mit Abs. 4 insbesondere die bisherige Vorschrift des § 54a fast wortgleich übernommen. Diese Vorschrift wurde gleichzeitig gestrichen. Sie war ab 1.1.1980 durch das Gesetz über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung v. 15.12.1979 (BGBl. I S. 2241) eingefügt worden.

Das Poststrukturgesetz (PostStruktG) v. 8.6.1989 (BGBl. I S. 1026) änderte Abs. 4 zum 1.7.1989.

Das Dritte Wahlrechtsverbesserungsgesetz (3. WRVG) v. 29.4.1997 (BGBl. I S. 968) hat mit Wirkung zum 7.5.1997 den Abs. 2 Satz 4 neu gefasst und Satz 5 eingefügt.

Das Zweite SGB IV-ÄndG v. 10.8.2003 (BGBl. I S. 1600) hat mit Wirkung zum 15.8.2003 in Abs. 2 die Sätze 4 und 5 gestrichen und in Abs. 4 terminologische Änderungen vorgenommen. Das Versicherungsamt hatte nach den entfallenen Regelungen über Modalitäten der Wahl nur noch auf Antrag des Arbeitgebers und nicht mehr von Amts wegen zu entscheiden.

Das Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) hat mit Wirkung zum 1.10.2005 Abs. 1 Satz 2 aufgehoben und damit der obsolet gewordenen Wahl der Versichertenältesten bei der früheren Bundesknappschaft Rechnung getragen (vgl. Rz. 3).

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift betrifft Regelungen über die technische Durchführung der Wahl. Sie enthält

  • in Abs. 1 die ausnahmslos geltende Bestimmung, dass die Wahlen in Form der Briefwahl stattfinden,
  • in Abs. 2 Regelungen für den Fall, dass die Wahlunterlagen nicht übersandt, sondern ausgehändigt werden, sowie
  • in Abs. 3 und 4 weitere Regelungen zum Wahltermin und zur postalischen Beförderung der Wahlbriefe.

2 Rechtspraxis

2.1 Briefwahl als einzige Wahlform (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Bestimmung des Abs. 1, die als einzige Wahlform die Briefwahl zulässt, hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. Zunächst war die Stimmabgabe in eigens dafür eingerichteten Wahlräumen die Regelform der Sozialwahlen. Zwar war die Briefwahl auch schon während der Geltung des Selbstverwaltungsgesetzes (SVwG), also in der Zeit bis zum 30.6.1977 als Alternative zur persönlichen Stimmabgabe ermöglicht worden. Als die Wahlberechtigten dann seit den Sozialversicherungswahlen 1974 auch ohne besonderen Antrag zusammen mit dem Wahlausweis und dem Stimmzettel die Briefwahlunterlagen erhielten, führte das zu einer ganz überwiegenden Bevorzugung der Briefwahl. Der Anteil der in Wahlräumen abgegebenen Stimmen ging drastisch zurück und betrug bei der Sozialversicherungswahl 1980 z. B. bei der BfA 0,27 %, bei der Gesamtheit der Versicherungsträger 1,39 %. Dies und auch Gründe der Kostenersparnis haben dann zu der jetzigen Regelung geführt. Die briefliche Stimmabgabe erfolgt durch das Ausfüllen des Stimmzettels. Die Wahlunterlagen sind dann im amtlichen Briefwahlumschlag der deutschen Post AG an den Wahlausschuss zu senden. Es ist aber auch möglich, den Wahlbriefumschlag in den Hausbriefkasten des Versicherungsträgers einzuwerfen.

Das RVOrgG hat durch die Aufhebung des Abs. 1 Satz 2 die letzte Möglichkeit für Wahlen in gesonderten Wahlräumen entfallen lassen. Es handelte sich um eine Kann-Vorschrift, den Versicherten der damaligen Bundesknappschaft die Möglichkeit zur Wahl der Versichertenältesten zu geben. Nach der Gesetzesbegründung kann die Regelung entfallen, da mit der Organisationsreform die allgemeinen Vorschriften zur Selbstverwaltung auf den Bundesträger DRV Knappschaft-Bahn-See ausgedehnt werden (vgl. BR-Drs. 430/04 zu § 54 SGB IV).

2.2 Verfahren bei Aushändigung der Wahlunterlagen (Abs. 2)

 

Rz. 4

Auch wenn durch den Wegfall der Wahl in gesonderten Räumen die für solche Wahlen typischen Gefährdungen grundsätzlich nicht mehr auftreten, gibt es doch auch im Zusammenhang mit der Briefwahl Fallgestaltungen, bei denen Wahlfreiheit und Wahlgeheimnis gefährdet sein können. Ihrer Wahrung dienen die Modalitäten nach Abs. 2. Solche Gefährdung kann dann vorkommen, wenn die Wahlunterlagen nicht übersandt, sondern ausgehändigt werden. Wenn auch in § 55 generell von Aushändigung die Rede ist, so trifft das etwa bei den Rentenversicherungsträgern nicht zu, die fast ausschließlich den Wählern die Wahlunterlagen zusenden. Der in § 55 gewählte Begriff der Aushändigung wird in diesem Zusammenhang offensichtlich als Oberbegriff verwendet, der eine Zusendung der Unterlagen mit beinhaltet. Eine Aushändigung im engeren Sinne erfolgt insbesondere durch die Arbeitgeber und die Träger der Unfallversicherung.

 

Rz. 5

Werden die Unterlagen in diesem Sinne "ausgehändigt" und treffen bei dieser Gelegenheit Personengruppen zusammen, so besteht die Gefahr, beobachtet und beeinflusst zu werden. Die Regelungen nach Abs. 3 sollen dieser Gefahr vorbeugen. Die Wahl als solche verliert dadurch den Charakter der Briefwahl nicht, erhält aber zusätzlich Elemente der persön...

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