2.1 Geltendmachen von Beitragsansprüchen

 

Rz. 3

Die Formulierung in Abs. 1 Satz 3 verpflichtet die Krankenkasse als Einzugsstelle, die nach § 22 entstandenen Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind (vgl. § 23), beim Beitragsschuldner geltend zu machen, d. h. bei Fälligkeit einzuziehen, notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung. Die Einzugsstelle tritt im Außenverhältnis als Gläubigerin des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auf. Die gesetzlichen Krankenkassen sind seit dem 1.1.2010 der Anwendung der Insolvenzordnung unterworfen. Dennoch gehört der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht zum Schuldnervermögen einer Krankenkasse und fällt damit nicht nach § 35 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse. Dies ergibt sich für die an den Gesundheitsfonds weiter zu leitenden Beiträge unmittelbar aus § 171b Abs. 6 Satz 2 SGB V, für die übrigen Zweige der Sozialversicherung aus dem Treuhandverhältnis, das durch die Regelungen über die Funktionen der Einzugsstelle geschaffen wird.

2.2 Entscheidung über Versicherungspflicht und Beitragshöhe

 

Rz. 4

Damit der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erhoben werden kann, bedarf es der vorherigen Entscheidung über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Diese Entscheidung trifft nach Abs. 2 die Krankenkasse als Einzugsstelle im sog. Einzugsstellenverfahren. Die Entscheidung umfasst auch die Beitragshöhe in den einzelnen Versicherungszweigen sowie die Verteilung der Beitragsanteile auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer (BSG, Urteil v. 5.5.2010, B 12 KR 14/09 R m. w. N.). Sie ist für den Arbeitgeber bindend, wenn er gegen die Entscheidung der Einzugsstelle keinen Widerspruch einlegt, denn der Bescheid ist ein Verwaltungsakt (§ 31 SGB X).

Weiterhin ist die nach § 28i Abs. 5 zuständige Einzugsstelle verpflichtet, die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenzen bei geringfügig entlohnten Beschäftigten nach den §§ 8 und 8a zu prüfen.

Das BSG hatte in zwei Verfahren am 15.7.2009 (B 12 R 1/08 R und B 12 R 5/08 R) die Auffassung vertreten, dass die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nicht zum Erlass der Verwaltungsakte befugt ist, wenn wegen Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenze Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung eintritt. Diese Befugnis wurde der DRV Knappschaft-Bahn-See nunmehr mit Abs. 2 Satz 4 ausdrücklich eingeräumt. Unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 2 und 3 hat die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts zu schätzen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Einzugsstelle auch dann Beiträge festsetzen kann, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Einreichung von Beitragsnachweisen nicht nachkommt.

 

Rz. 4a

Nach § 76 Abs. 3 trifft die Einzugsstelle die nach § 76 Abs. 2 mögliche Entscheidung über eine Stundung, Niederschlagung, oder den Erlass eines Anspruchs auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Hierbei hat sie bei dem Übersteigen bestimmter Richtwerte ein Einvernehmen mit den betroffenen Versicherungsträgern herzustellen.

 

Rz. 4b

Die Einzugsstelle entscheidet nicht, wenn bereits ein Betriebsprüfungsverfahren durch den Träger der Rentenversicherung nach § 28p eingeleitet wurde. Ist das Betriebsprüfungsverfahren ohne Beanstandung abgeschlossen worden, kann die Einzugsstelle einen von diesem Ergebnis abweichenden Beitragsbescheid nach § 28h Abs. 2 Satz 1 jedenfalls dann erlassen, wenn nicht ausdrücklich personen- und zeitraumbezogene Feststellungen zu dem konkreten Beschäftigungsverhältnis getroffen wurden. Denn die Betriebsprüfung dient nicht der Entlastung des Arbeitgebers (BSG, Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76). Dieser hat in Zweifelsfällen die Möglichkeit, nach § 28h Abs. 2 Satz 1 rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden sind (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R). Letzteres gilt nicht für die Bundesagentur für Arbeit (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, bestätigt durch Beschluss v. 6.4.2001, B 7 AL 108/00 B).

Die Einzugsstelle entscheidet auch nicht, soweit bereits ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 bei der DRV Bund eingeleitet wurde. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, und v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R) das Statusfeststellungsverfahren keine isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ermöglicht, sondern konkrete Feststellungen zu dem Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Versicherungspflicht in den vom Prüfumfang erfassten Zweigen der Sozialversicherung erfordert. Schließlich muss die Einzugsstelle selbst ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 einleiten, wenn der Arbeitgeber bestimmte Besonderheiten seiner Beziehung zu dem Beschäftigten meldet, z. B. als Ehegatte (§ 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1d und 1e).

 

Rz. 4c

Wenn ein Arbeitgeber mit der Entscheidung der Einzugsstelle über Versicherungspflicht oder Beitragshöhe nicht einverstanden ist, kann in der gesetzlichen Frist von einem Monat (bei zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung) oder in...

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