Entscheidungsstichwort (Thema)

Genehmigung einer Dienstreise als Betriebstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Eine berufliche Fortbildung (hier im Rahmen einer sogenannten Bildungsreise), die nicht von dem in der Berufsordnung für deutsche Ärzte enthaltenen Fortbildungskatalog erfaßt wird, kann eine versicherte Tätigkeit iS des § 548 Abs 1 S 1 RVO sein, wenn sie von einer solchen Qualität ist, daß der Fortbildungscharakter sich daraus unzweifelhaft ergibt.

 

Orientierungssatz

Die Ausübung einer Betriebstätigkeit ist nicht darin begründet, daß der Verwaltungsdirektor der Krankenanstalt dem Ersuchen um Genehmigung einer Dienstreise stattgibt.

 

Normenkette

RVO § 368m Abs 5, § 539 Abs 1 Nr 1, § 548 Abs 1 S 1; ÄBerufsO § 7 Abs 2; ÄKammerGSL § 18 Nr 1

 

Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Urteil vom 27.01.1987; Aktenzeichen L 2 U 36/83)

SG für das Saarland (Entscheidung vom 10.02.1983; Aktenzeichen S 3 U 92/81)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt, den während der Flugreise am 7. Oktober 1979 erlittenen Unfall als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die im Jahre 1940 geborene Klägerin war Oberärztin der Röntgenabteilung des Evangelischen Krankenhauses Z.          im Saarland. Sie meldete sich zu einer vom Deutschen Reisebüro GmbH für Röntgenfachärzte vom 7. bis 25. Oktober 1979 angebotenen Studienreise in die Volksrepublik China an. In dem der Klägerin zugegangenen Reiseprogramm sind verschiedene touristische Reiseziele genannt. Zusätzlich ist erwähnt, daß die chinesischen Gesundheitsbehörden auf den einzelnen Stationen der Reise - auch unter Berücksichtigung der fachlichen Zusammensetzung der Gruppe - Einrichtungen des Gesundheitswesens, Krankenhäuser und Röntgenstationen und eine Akupunktur-Station zeigten. Es sei auch Gelegenheit zum Gedankenaustausch mit chinesischen Kollegen über das Sozial- und Gesundheitswesen gegeben. Einzelheiten über den Reiseablauf könnten erst nach Ankunft im Lande mitgeteilt werden, da deren Ausarbeitung der staatlichen chinesischen Reiseorganisation obliege.

Die Klägerin erbat von ihrem Arbeitgeber unter Bezugnahme auf die vorgesehene Informationsreise um Genehmigung einer im Rahmen der radiologischen Fortbildung beabsichtigten Dienstreise auf eigene Kosten und ohne zusätzlichen Urlaubsanspruch. Dies wurde ihr bewilligt.

Auf dem Flug in die Volksrepublik China kam das Flugzeug bei der Zwischenlandung in Athen am 7. Oktober 1979 von der Rollbahn ab. Die Klägerin zog sich dabei eine Fraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zu.

Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte Entschädigungsansprüche ab, da das fragliche Ereignis nicht als Arbeitsunfall zu werten sei. Nach den vorhandenen Unterlagen sei nicht erkennbar, daß durch die Reise neben dem touristischen Bereich auch für die Berufsausübung als Röntgenfachärztin dienliche, gezielte Informationen vermittelt werden sollten (Bescheid vom 27. Mai 1981).

Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (Urteil vom 10. Februar 1983). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. Januar 1987). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Klägerin habe mit der Teilnahme an der Flugreise in die Volksrepublik China keine betriebliche Tätigkeit verrichtet. Der Arbeitgeber habe die Reise weder veranstaltet noch einen Auftrag hierzu gegeben. Die Klägerin habe den ihr zustehenden Tarifurlaub in Anspruch genommen. Die erteilte Genehmigung einer Dienstreise sei sozialversicherungsrechtlich bedeutungslos. Die objektiven Umstände stützten nicht die subjektive Meinung der Klägerin, daß die fragliche Reise eine ihrem Arbeitgeber dienende Tätigkeit gewesen sei. Nach den der Klägerin zugänglichen Reiseinformationen habe sie bei Reiseantritt noch nicht feststellen können, inwieweit das Programm auf die besonderen beruflichen oder betrieblichen Bedürfnisse der Reiseteilnehmer abgestellt sei. Allein die Tatsache, daß der Reiseveranstalter die Bezeichnung Studienreise für Röntgenfachärzte gewählt habe, reiche nicht aus, die subjektive Auffassung zu stützen, daß es sich um eine Dienstreise handele. Ebensowenig sei nach dem nachträglich bekanntgemachten Reiseprogramm eine gemischte Tätigkeit anzunehmen. Die Teilnahme an der Reise habe nicht wesentlich der Fortbildung der Klägerin und damit auch nicht den Interessen des Arbeitgebers gedient. Die Besichtigung von Kliniken und Krankenhäusern in verschiedenen Städten lasse keine für die Berufsausübung als Röntgenfacharzt spezifische Bedeutung erkennen. Die Begegnung mit einem Barfuß-Arzt, der Besuch einer Schröpf-Klinik und die Kenntnisse der moxa-Therapie seien zwar für das allgemeine medizinische Wissen von Interesse, speziell berufsbezogene Kenntnisse würden dadurch aber nicht vermittelt. Der Schwerpunkt der 2 1/2-wöchigen Reise liege nach dem vorgelegten Reiseprospekt auf privater Wissens- und Kenntniserweiterung und auf touristischem Gebiet. Bei Reisen in weit entfernte Gebiete sei für die Annahme eines betrieblichen Interesses ein strenger Maßstab anzulegen. Nicht jede von einem Fachverband organisierte Reise könne als beruflich veranlaßt beurteilt werden.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das Berufungsgericht habe - meint die Klägerin - den Rechtsbegriff des Arbeitsunfalles verkannt. Die Reise sei final auf den betrieblichen Zweck und das betriebliche Interesse bezogen gewesen. Sie habe dem ausdrücklichen Willen des Arbeitgebers entsprochen, was durch die Genehmigung der Dienstreise bestätigt werde. Aus dem Wortlaut des Reiseprospekts "Fachstudienreise für Röntgenfachärzte" sei der Reisezweck klar erkennbar. Wenn daneben ein touristisches Programm angeboten werde, sei dies unschädlich. Der Versicherungsschutz setze einen betrieblichen Auftrag nicht voraus. Urlaub und die Förderung betrieblicher Zwecke seien miteinander vereinbar. Wenn sie ihren Urlaub zugunsten des Betriebes habe einsetzen wollen, sei dies nach dem Unfallrecht besonders schutzwürdig.

Die Klägerin beantragt dem Sinne nach,

das Urteil des LSG aufzuheben und ihr die gesetzlichen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Berufungsurteils die Meinung, daß die Klägerin keinen Arbeitsunfall erlitten habe.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat am 7. Oktober 1979 keinen Arbeitsunfall erlitten. Davon geht das Berufungsgericht im Gegensatz zum SG zutreffend aus.

Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540, 543 - 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Die Klägerin war aufgrund ihres Dienstverhältnisses als Oberärztin der Röntgenabteilung des Evangelischen Krankenhauses Z.          nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert. Jedoch hat sich der fragliche Unfall nicht bei einer im rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehenden Tätigkeit mit ihrer Beschäftigung als Oberärztin ereignet.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffen worden und somit verbindlich sind (§ 163 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), ist die am 7. Oktober 1979 angetretene Flugreise in die Volksrepublik China nicht von der Leitung des Evangelischen Krankenhauses Z.          veranstaltet worden. Die Ausübung einer Betriebstätigkeit ist auch nicht darin begründet, daß der Verwaltungsdirektor der Krankenanstalt dem Ersuchen der Klägerin um Genehmigung einer Dienstreise im Rahmen der radiologischen Fortbildung stattgegeben hatte, jedoch ohne Übernahme der Reisekosten und unter Anrechnung auf den Jahresurlaub. Tatsächlich wollte die Klägerin, wie vom Berufungsgericht unwidersprochen festgestellt, für die Durchführung der Reise ihren Tarifurlaub in Anspruch nehmen. Der Antrag um Genehmigung einer Dienstreise diente lediglich dem Zweck, den Versicherungsschutz auf der geplanten Reise zu gewährleisten. Sozialversicherungsrechtlich ist dies, wie das LSG zutreffend ausführt, ohne rechtliche Bedeutung. Es ist nicht entscheidend, welche rechtliche Wertung die Beteiligten ihren Vertragsbeziehungen angedeihen lassen. Vielmehr kommt es auf die tatsächliche Gestaltung der Beziehungen an (BSG SozR 2200 § 1227 Nr 4; zum Sonderurlaub: BSGE 9, 222, 227). Somit ist die Bezeichnung "Dienstreise" für die Frage des Versicherungsschutzes nicht entscheidungserheblich. Es steht unfallversicherungsrechtlich nicht in der Macht des Arbeitgebers, einer Fahrt den Charakter der Dienstreise zu verleihen, wenn sie nach den tatsächlichen Verhältnissen deren Merkmale entbehrt (BayLSG Lauterbach-Kartei Nr 5438 zu § 548 Abs 1 Satz 1).

Gleichwohl wäre der betriebliche Bezug hergestellt und damit Versicherungsschutz gegeben, wenn die Reise der Fortbildung hätte dienen sollen mit dem Ziele, eine Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit im erlernten und ausgeübten Beruf zu erreichen (zum Begriff Fortbildung: BSGE 26, 195, 196 = SozR Nr 27 zu § 1267 RVO). Dies vorausgesetzt, verhielte sich die Klägerin wie auch bei den sonstigen versicherten Tätigkeiten in ihrer finalen Zielsetzung sozial- wie auch arbeitsrechtlich norm- und vertragsgerecht. Dieser finalen Handlungstendenz kommt entscheidende Bedeutung für den Versicherungsschutz zu. Die rechtliche Beurteilung einer Handlung in ihrer Ziel- und Zwecksetzung orientiert sich aus der betrieblichen Sphäre selbst, also aus den Rechten und Pflichten des Versicherten im Rahmen seiner Einordnung in den Betrieb (Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, RdNr 65 zu § 548).

Die berufliche Stellung der Klägerin als Oberärztin der Röntgenabteilung eines Krankenhauses gebietet nicht nur im Interesse des Arbeitgebers selbst, sondern gerade auch der Patienten, die den Ärzten anvertraut sind, die Pflicht zur Fortbildung. Dies ist nicht allein den Kassenärzten durch das "Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechtes" vom 28. Dezember 1976 - BGBl I 3871 - auferlegt. Nach dem aufgrund dieses Gesetzes eingefügten Abs 5 in § 368 Buchst m RVO müssen die Satzungen der kassenärztlichen Vereinigungen Bestimmungen über die Fortbildung der Ärzte auf dem Gebiet der kassenärztlichen Tätigkeit sowie das Nähere über deren Art und Weise enthalten (vgl hierzu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, S 459). Vielmehr haben sich ausnahmslos alle berufsausübenden Ärzte nach den von nahezu allen Bundesländern erlassenen Gesetzen der beruflichen Fortbildung zu unterziehen. Damit wurde dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 (BVerfGE 33, 125) Rechnung getragen, wonach der Gesetzgeber seinen Einfluß auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen nicht gänzlich preisgeben dürfe und daher verpflichtet sei, die ärztliche Berufsausübung jedenfalls in ihren Grundzügen in einem förmlichen Gesetz zu regeln. Diesem Verfassungsgebot kam auch das Saarland, in dem die Klägerin zur Zeit des Unfalles beschäftigt war, nach. Nach § 18 Ziff 1 des Saarländischen Ärztekammergesetzes in der Neufassung vom 14. Mai 1975 (Amtsblatt S 766) haben die Mitglieder der Ärztekammer, die ihren Beruf ausüben, insbesondere die Pflicht, sich beruflich fortzubilden und sich dabei über die für ihre Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten. Wegen der Einzelheiten verweist § 19 des Gesetzes auf die Berufsordnung. Die Berufsordnung für die deutschen Ärzte, die aufgrund der Beschlüsse des 79. Deutschen Ärztetages 1976 und gemäß den Änderungen der Ärztetage 1977, 1979, 1983 erlassen wurde (abgedruckt in DÄBl 1983 Heft 44 S 75 f) bestimmt in § 7 neben der Verpflichtung zur beruflichen Fortbildung (Abs 1), in Abs 2, daß geeignete Mittel der Fortbildung insbesondere sind: "a) Teilnahme an allgemeinen oder besonderen Fortbildungsveranstaltungen (Kongresse, Seminare, Übungsgruppen, Kurse, Kolloquien), b) klinische Fortbildung (Vorlesungen, Visiten, Demonstrationen und Übungen), c) Studium der Fachliteratur, d) Inanspruchnahme audiovisueller Lehr- und Lernmittel." Diese genannten Fortbildungsmaßnahmen entsprechen wörtlich der vom Deutschen Ärztetag 1976 verabschiedeten Musterberufsordnung.

Mit der Wortwahl "insbesondere" in § 7 Abs 2 der genannten Berufsordnung ist klargestellt, daß dem Gesetzgeber eine abschließende Aufzählung nicht vorgeschwebt hatte. Auch andere Maßnahmen können als Mittel der Fortbildung dienen. Sie müssen jedoch, sofern sie dem genannten Fortbildungskatalog nicht zuzurechnen sind, von einer solchen Qualität sein, daß der Fortbildungscharakter sich daraus unzweifelhaft ergibt. Daran sind auch sogenannte Fortbildungsreisen zu messen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob etwa eine Berufsorganisation die Reise veranstaltet. Wesentlich für die Frage des Versicherungsschutzes ist allein der Reiseablauf, nicht hingegen, wer für deren organisatorische Ausrichtung verantwortlich ist.

Daß der Versicherte sich hierbei ausschließlich der Fortbildung zuwendet, ist für den Versicherungsschutz nicht vorausgesetzt. So gelten bei Fortbildungsreisen, die üblicherweise sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen dienen, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der gemischten Tätigkeit (Brackmann aaO S 480 q ff). Dabei ist darauf abgestellt, ob die Tätigkeit sich eindeutig in zwei Teile zerlegen läßt, wobei die eine der versicherten und die andere der nicht versicherten Verrichtung gedient hat. Hat sich in einem solchen Fall der Unfall bei der zuletzt genannten Tätigkeit ereignet, ist der Versicherungsschutz zu verneinen (Brackmann aaO S 480 r II mwN). Ist eine Trennung hingegen nicht möglich, besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Zwecken wesentlich dient, sie braucht ihnen nicht überwiegend gedient zu haben (BSGE 3, 240, 245; 20, 215, 217; Urteil des BSG vom 19. Oktober 1981 - 8/8a RU 72/80 - = Lauterbach-Kartei § 548 Abs 1 Satz 1 Nr 11117; Brackmann aaO mwN). Bei der Beurteilung, ob eine Fahrt wesentlich zu beruflichen Zwecken unternommen wird, ist weniger Gewicht auf den Zeitaufwand der betrieblichen Tätigkeit im Verhältnis zur privaten Verrichtung zu legen, sondern die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen festzustellen (Urteil des erkennenden Senats vom 25. November 1977 - 2 RU  99/76 - = SozSich 1978 S 115/116). Andererseits ist der Zeitaufwand nicht gänzlich außer Betracht zu lassen, jedoch nur als Merkmal für das Gewicht der beruflichen Betätigung und nicht als bloße Zahl zur Ermittlung des Verhältnisses von betrieblicher zu privater Betätigung (Brackmann aaO S 481 s).

Unter Beachtung der dargelegten Grundsätze hat das LSG zutreffend geprüft, ob die Fahrt nach China als gemischte Tätigkeit zu werten ist. Sie hat dies nach Auswertung des von der Klägerin vorgelegten endgültigen Reiseprogramms ohne Rechtsirrtum verneint. Die Reise diente nicht wesentlich der Fortbildung und damit den Interessen des Arbeitgebers. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) sollten zwar in verschiedenen Städten Kliniken und Krankenhäuser besichtigt werden, jedoch sind kaum solche - geplanten - Besichtigungen erkennbar, die spezifisch auf die radiologische Berufsausübung bezogen sind. Insbesondere werden typisch berufsbezogene Kenntnisse jedenfalls nicht dadurch vermittelt, daß die Begegnung mit einem Barfuß-Arzt oder Besuch einer Schröpf-Klinik sowie Informationen über die moxa-Therapie vorgesehen waren. Alles dies mag von allgemeinem medizinischen Interesse sein, entspricht aber nicht dem Wesen der Berufsfortbildung, die - wie ausgeführt - auf die Verbesserung der berufseigenen Leistungsfähigkeit bezogen ist. Selbst wenn aber anläßlich der 2 1/2 wöchigen Reise auch Kenntnisse auf dem Fachgebiet der Klägerin hätten erworben werden sollen, liegt nach dem vorgelegten Reiseprospekt der Schwerpunkt auf einer privaten Wissens- und und Kenntniserweiterung sowie auf touristischem Gebiet. Zu Recht verweist das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (SozR Nrn 23 und 29 zu § 548 RVO) darauf, daß es nicht genügt, wenn gelegentlich einer Erholungs-, Besichtigungs- und Bildungsreise nebenher berufliche Kenntnisse vermittelt werden, die Reise im übrigen aber privaten (touristischen) Interessen dienen soll. Dann ist der berufliche Bezug nur Nebenzweck einer vorwiegend den Privatinteressen dienenden Reise, hat also gerade nicht wesentlich betriebliche Interessen zum Inhalt, was unerläßliche Voraussetzung

Ungeachtet dessen könnte die Teilnahme der Klägerin an der Reise nach China eine mit der Beschäftigung als Oberärztin der Röntgenabteilung des Evangelischen Krankenhauses Z.          verknüpfte Tätigkeit sein, wenn die Klägerin von ihrem Standpunkt aus der Meinung sein durfte, daß diese Unternehmung geeignet sei, den Interessen der Krankenanstalt zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (BSGE 20, 215, 218; 30, 282, 283; SozR Nrn 23 und 30 zu § 548 RVO; SozR 2200 § 555 Nr 5; Brackmann aaO S 480 q). Von dieser für die Zuordnung zur versicherten Tätigkeit maßgeblichen Rechtsauffassung ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat festgestellt, daß die objektiv gegebenen Verhältnisse nicht die subjektive Meinung der Klägerin, die Teilnahme an der Reise nach China sei eine der Krankenanstalt dienende Tätigkeit, zu stützen vermögen. Maßgebend sind dabei die zur Zeit der Fahrt bekannt gewordenen Umstände (Urteil des erkennenden Senats vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 23/81 - = USK 82148). Das LSG hat aus dem der Klägerin vor Reiseantritt von dem Reiseunternehmen zur Verfügung gestellten Reiseprospekt entnehmen dürfen, daß das Reiseprogramm nicht auf die besonderen beruflichen oder betrieblichen Erfordernisse der Klägerin zugeschnitten war. Nach der Leistungsbeschreibung sind ausschließlich touristische Reiseziele genannt, wie dies auch sonst bei allgemeinen Besichtigungsreisen üblich ist. Als Besonderheit enthielt die Leistungsbeschreibung lediglich den Hinweis, daß die chinesischen Gesundheitsbehörden auf den einzelnen Stationen der Reise - auch unter Berücksichtigung der fachlichen Zusammensetzung der Gruppe - Einrichtungen des Gesundheitswesens, Krankenhäuser, Röntgenstationen und eine Akupunktur-Station zeigen würden; außerdem sei Gelegenheit zum Gedankenaustausch mit chinesischen Kollegen über das Sozial- und Gesundheitswesen gegeben. Das Reiseunternehmen sah sich jedoch, wie besonders angemerkt ist, nicht imstande, Details über den genauen Ablauf der Reise innerhalb Chinas mitzuteilen. Darüber würden die Reiseteilnehmer nach Ankunft im Lande unterrichtet, da die Ausarbeitung des Reiseverlaufs der staatlichen chinesischen Reiseorganisation obliege. Mithin fehlen objektive Anhaltspunkte dafür, die berechtigt auf einen wesentlichen betrieblichen Bezug der genannten Reise hätten schließen lassen. Allein die Tatsache, daß der Reiseveranstalter die Reise als Studienreise für Röntgenfachärzte angeboten hatte, gestattet es entgegen der Meinung der Klägerin nicht anzunehmen, die gesamte Reise sei wesentlich dazu bestimmt, den Interessen des Krankenhauses zu dienen. Selbst wenn man entsprechend dem Revisionsvorbringen der Klägerin davon ausgeht, es habe sich um ein renommiertes Reiseunternehmen gehandelt, das die Reise für Röntgenfachärzte angeboten habe, ist ohne konkrete Angaben über vorgesehene Fortbildungsveranstaltungen nicht zwingend auf den Fortbildungscharakter der gesamten Reise zu schließen. Wenigstens in deutlich erkennbaren Umrissen hätte der fragliche Reiseablauf feststehen müssen, um daraus Rückschlüsse auf Art und Umfang der Reise in bezug auf die Fortbildung ziehen zu können. Die objektiv dargebotenen Umständen rechtfertigen nicht, daraus die subjektive Meinung abzuleiten, es habe sich um eine Fortbildungsreise gehandelt.

Die Revision war nach alledem gemäß § 170 Abs 1 Satz 1 SGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647141

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