Entscheidungsstichwort (Thema)

Subjektive Meinung des Versicherten über das Vorliegen einer schulischen Veranstaltung. Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen

 

Orientierungssatz

1. Die Teilnahme einer Lehrkraft an einer Fahrt, an der Lehrkräfte und Auszubildende auf freiwilliger Grundlage teilnehmen, kann eine mit ihrer Lehrtätigkeit im ursächlichen Zusammenhang stehende Tätigkeit sein, wenn sie von ihrem Standpunkt aus der Meinung sein konnte, daß ihre Teilnahme an der Fahrt geeignet war, den Interessen der Lehranstalt zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (vgl BSG 1981-06-24 2 RU 87/80 = SozR 2200 § 555 Nr 5).

2. Die Voraussetzungen für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen liegen dann nicht vor, wenn eine Veranstaltung, die von Betriebsangehörigen aufgrund eigenen Entschlusses durchgeführt wird und der der Betriebsinhaber nur bei der Arbeitszeiteinteilung - hier durch den Unterrichtsausfall - entgegenkommt, keine vom Betrieb getragene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist (SozR 2200 § 548 Nr 11).

 

Normenkette

RVO § 548 Abs 1 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 15.01.1981; Aktenzeichen L 7 U 275/80)

SG Mannheim (Entscheidung vom 14.12.1979; Aktenzeichen S 1 U 1272/78)

 

Tatbestand

Die Klägerin war an der staatlich anerkannten Lehranstalt für medizinisch-technische Assistenten der Städtischen Krankenanstalten M. (MTA-Lehranstalt) als Lehrassistentin im Fachbereich Radiologie beschäftigt. Leiter der Anstalt war Prof Dr W.. In der Zeit vom 3. bis 8. Oktober 1975 unternahmen die leitende Lehrassistentin D., die Klägerin, zwei weitere Lehrassistentinnen und 27 Auszubildende der MTA-Lehranstalt eine Omnibusreise nach P. Auf der Rückreise am 8. Oktober 1975 kam es kurz hinter dem Grenzübergang W/B zu einem Verkehrsunfall, bei dem die Klägerin schwer verletzt wurde. Der Beklagte lehnte Entschädigungsansprüche ab, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Die Direktion der Städt. Krankenanstalt M. habe den Teilnehmern der Fahrt mitgeteilt, daß die Reise nicht dienstlicher Natur sei, weil der für die Ausbildung förderliche Zweck der Reise nicht erkennbar sei. Dies sei allen Teilnehmern der Reise bekannt gewesen (Bescheid vom 26. Mai 1978). Der Widerspruch der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1978).

Das Sozialgericht (SG) Mannheim hat beide Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Leistungen für die Folgen des Unfalls vom 8. Oktober 1975 aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (Urteil vom 14. Dezember 1979). Die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zurückgewiesen (Urteil vom 15. Januar 1981). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Klägerin habe mit der Teilnahme an der Reise nach P. eine betriebliche Tätigkeit verrichtet, denn die Reise sei nach den objektiven Umständen geeignet gewesen, die Interessen der MTA-Lehranstalt zu fördern und habe nicht bloß der Erholung und dem Vergnügen der Teilnehmer gedient. Unerheblich sei, ob die Klägerin auf der Reise in Ausübung ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit als Lehrerin mit Aufsichtspflichten und Weisungsbefugnissen gegenüber den mitfahrenden Auszubildenden betraut gewesen sei. Denn auch ohne solche Betreuungsaufgaben habe ihre Teilnahme an der Reise mit ihrer Beschäftigung als Lehrerin zusammengehangen, da nach dem unstreitigen Sachverhalt und dem Beweisergebnis feststehe, daß die Reise nicht als Privatfahrt einiger Auszubildenden und Lehrer, sondern als Schulveranstaltung der MTA-Lehranstalt geplant und durchgeführt worden sei, an der bestimmungsgemäß Auszubildende und Lehrer teilnehmen sollten, um das gegenseitige Kennenlernen zu fördern und dadurch den Gemeinschaftsgedanken in der Schule zu stärken. Der Annahme einer Schulveranstaltung stehe nicht entgegen, daß die Reise nach P. möglicherweise nicht den formalen Voraussetzungen für eine schulische Veranstaltung entsprochen habe, weil sie nicht im Lehrplan vorgesehen gewesen sei und von der Direktion des Schulträgers nicht als Dienstreise genehmigt worden sei. Maßgebend sei allein, ob die an der Reise beteiligten Lehrer und Auszubildenden nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände, unter denen die Reise geplant und organisiert worden sei und unter denen sie ablaufen sollte, davon ausgehen konnten, daß sie als Schulveranstaltung durchgeführt wurde. Das treffe hier zu.

Das Zustandekommen und die Durchführung der Reise sei von der MTA-Lehranstalt nicht nur gebilligt, sondern aktiv unterstützt und gefördert worden. Die mit zahlreichen Leitungsaufgaben und insbesondere mit der inneren Organisation der Lehranstalt betraute Lehrassistentin D. habe Planung und Ausführung der Reise in der Hand gehabt. Sie habe die allen Auszubildenden und Lehrassistenten zur Teilnahme auf freiwilliger Grundlage offenstehende Reise in die Unterrichtszeit gelegt. Der Schulleiter Prof Dr W. habe aufgrund einer Vorsprache der leitenden Lehrassistentin D. Befreiung vom Unterricht für die mitfahrenden Auszubildenden und vom Dienst für die teilnehmenden Lehrkräfte erteilt. Die leitende Lehrassistentin D. habe in Besprechungen mit den Auszubildenden und den Lehrassistenten festgestellt, ob für die Reise ein Allgemeininteresse bestehe, die Reise am "Schwarzen Brett" bekannt gemacht, die Anmeldelisten der Auszubildenden und die persönlichen Anmeldungen der Lehrassistenten entgegengenommen, die Plätze bei der Zweigstelle M. der "U. in K." gebucht, die Reisepässe eingesammelt und für die Visabeschaffung gesorgt, sowie die Reisekosten eingezogen und an den Veranstalter abgeführt. Die leitende Lehrassistentin D. habe auch mit dem Reiseveranstalter verhandelt, wobei sie im Schriftverkehr unter der Anschrift "Städt. Krankenanstalten" aufgetreten sei und in deren Namen gehandelt habe. Von ihr sei auch darauf geachtet worden, daß der Reisegruppe keine schulfremden Personen angehörten.

Der auf diese objektiven Umstände gestützten Feststellung, daß die Reise nach P. als von der Schule getragene Veranstaltung durchgeführt worden sei, ständen die Zeugenaussagen des Schulleiters Prof Dr W., er habe die Reise als rein touristisches Unternehmen aufgefaßt und der leitenden Lehrassistentin D., sie habe die Reise nicht für die MTA-Lehranstalt, sondern für die an sie herangetretenen Auszubildenden veranstaltet, nicht entgegen. Denn beides sei für das Gesamtbild der Umstände, unter denen die Reise geplant und abgelaufen sei, ohne prägende Bedeutung, da es nach dem Beweisergebnis nach außen nicht allgemein bekannt geworden sei. Die Zeugen P.-G., B., S., J. und H. hätten die Reise für eine schulische Veranstaltung gehalten und in Abrede gestellt, von der leitenden Lehrassistentin D. über den privaten Charakter der Reise und die Versagung der Dienstreisegenehmigung unterrichtet worden zu sein. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Gegen den dienstlichen Charakter der Reise nach P. spreche, daß die Klägerin auf der Reise keine Aufsichtspflichten und Weisungsbefugnisse gehabt habe. Deren Fehlen spreche bei den mitfahrenden Lehrkräften für eine Privatfahrt. Ob für die Auszubildenden dasselbe gelte, könne dahingestellt bleiben. Berufsbezogene Ziele seien mit der Reise nach P. nicht verfolgt worden. Fraglich sei, ob die beabsichtigte Stärkung des Gemeinschaftsgedankens bei einer beruflich ausgerichteten Schule für das Bestehen der Versicherungspflicht herangezogen werden könne. Es sei unzutreffend, daß die Reise von der MTA-Lehranstalt organisiert gewesen sei. Die Tätigkeit der leitenden Lehrassistentin D. könne nicht der Lehranstalt zugerechnet werden. Deren Leiter, Prof Dr W., habe eindeutig bekundet, daß die Fahrt von der Schule weder angeregt noch organisiert worden sei. Er sei allgemein befugt gewesen, Schüler von der Teilnahme am Unterricht zu befreien. Den Lehrassistenten sei im Hinblick auf geleistete Überstunden Dienstbefreiung gewährt worden. Ferner stehe fest, daß die Genehmigung einer Dienstreise für die Fahrt nach P. abgelehnt worden sei. Bedenken bestünden, den Versicherungsschutz davon abhängig zu machen, welche subjektive Auffassung die Beteiligten von dem Charakter der Reise gehabt haben.

Die Beklagte beantragt, die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 15. Januar 1981 und des SG Mannheim vom 14. Dezember 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zu verwerfen. Sie trägt vor, daß die beiden Vorinstanzen der Klage zu Recht stattgegeben hätten. Beide Urteile beruhten auf gründlicher Sachaufklärung und ließen Rechtsfehler nicht erkennen. Zutreffend sei die Feststellung, daß die Reise nach P. von der MTA-Lehranstalt initiiert und organisiert worden sei. Denn bei der leitenden Lehrassistentin D. handele es sich um die eigentliche Schulleiterin. Wie Prof Dr W. bekundet habe, seien die wesentlichen Aufgaben an die leitende Lehrassistentin delegiert worden. Unerheblich sei, daß den mitreisenden Lehrassistentinnen keine besonderen Aufsichtspflichten und Weisungsbefugnisse übertragen gewesen seien. Allein die Teilnahme des Lehrers an einer Veranstaltung der Schule bewirke den dienstlichen Charakter. Der Beklagte setze sich in unbekümmerter Weise über das Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der Umstände hinweg, aus denen die an der Reise teilnehmenden Lehrassistentinnen auf eine schulische Veranstaltung schließen konnten. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Beklagten, daß mit der Fahrt nach P. keine berufsbezogenen Ziele verfolgt worden seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet.

Die Klägerin hat am 8. Oktober 1975 keinen Arbeitsunfall erlitten. Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeit erleidet. Die Klägerin war zwar aufgrund ihres Dienstverhältnisses als Lehrassistentin bei der MTA-Lehranstalt nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert, jedoch hat sich der Unfall am 8. Oktober 1975 nicht bei einer Tätigkeit im ursächlichen Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung als Lehrassistentin ereignet.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist die in der Zeit vom 3. bis 8. Oktober 1975 durchgeführte Reise nach P.nicht von der Direktion der Städt. Krankenanstalten M. als dem zuständigen Organ des Schulträgers der MTA-Lehranstalt veranstaltet worden. Eine von der leitenden Lehrassistentin D. beantragte Dienstreise für die Fahrt nach P. wurde nicht genehmigt. Der Leiter der MTA-Lehranstalt Prof Dr W., hatte den an der Fahrt teilnehmenden Lehrkräften Dienstbefreiung gewährt.

Unbeschadet dieser Tatsachen hätte die Teilnahme der Klägerin an der Reise nach P. eine mit ihrer Beschäftigung als Lehrassistentin im ursächlichen Zusammenhang stehende Tätigkeit sein können, wenn sie von ihrem Standpunkt aus der Meinung sein konnte, daß ihre Teilnahme an der Fahrt nach P. geeignet war, den Interessen der MTA-Lehranstalt zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (BSGE 20, 215, 218; 30, 282, 283; SozR Nr 23 und 30 zu § 548 RVO; SozR 2200 § 555 Nr 5; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 480 q). Diese für die Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität zugrunde zu legende Rechtsauffassung hat das BSG auch im Rahmen der Schülerunfallversicherung bei der Frage vertreten, ob eine Veranstaltung im inneren Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule steht (BSGE 44, 94; 48,1). Der Senat hält daran fest. Dazu steht nicht im Gegensatz, wie der Beklagte meint, daß beispielsweise die Beurteilung, ob eine gegnerische Fußballmannschaft eine Betriebssportgruppe (BSG Beschluß vom 5. Februar 1980 - 2 BU 209/79 -) oder ein Kinderspielkreis ein Kindergarten (BSG Urteil vom 12. Mai 1981 - 2 RU 49/79 - USK 8179) ist, sich nicht nach der subjektiven Meinung desjenigen richtet, der daraus Ansprüche herleiten will. Denn insoweit handelt es sich nicht um eine Entscheidung über die haftungsbegründende Kausalität.

Die objektiv gegebenen Verhältnisse stützen nicht die subjektive Meinung der Klägerin, daß ihre Teilnahme an der Reise nach P. eine der MTA-Lehranstalt dienende Tätigkeit war. Maßgebend sind dabei die zur Zeit der Fahrt bekannt gewordenen Umstände. Das LSG hat wesentliche Bedeutung der Tatsache beigemessen, daß die leitende Lehrassistentin D. Planung und Ausführung der Reise nach P. in die Hand genommen hatte und, weil sie mit zahlreichen Leitungsaufgaben, insbesondere der inneren Organisation der MTA-Lehranstalt betraut war, das Zustandekommen und die Durchführung der Reise nach P. als von der MTA-Lehranstalt aktiv unterstützt und gefördert erschien, so daß die Teilnehmer - Lehrkräfte und Auszubildende - davon hätten ausgehen können, daß eine Schulveranstaltung durchgeführt werde.

Inwieweit die an der Fahrt teilnehmenden Auszubildenden daraus berechtigt auf eine Veranstaltung der MTA-Lehranstalt schließen konnten, kann dahinstehen. Denn die Klägerin war Lehrassistentin und gehörte, wie die leitende Lehrassistentin D., zum Lehrpersonal. Für sie reicht die Tatsache, daß die leitende Lehrassistentin D. Planung und Durchführung der Reise nach P. in die Hand genommen hatte, nicht aus ihre subjektive Auffassung zu stützen, daß die Reise von der Leitung der MTA-Lehranstalt nicht nur als private Reise von Lehrern und Schülern während der Unterrichtszeit gebilligt, sondern von der Lehranstalt aktiv unterstützt und gefördert wurde (vgl BSGE 44, 94, 96/97). Die Klägerin hatte bei ihrer Meinungsbildung zu beachten, daß Leiter der MTA-Lehranstalt nicht Frau D., sondern Prof Dr W. war und daß die Initiative, eine Reise zu unternehmen, nicht von der Lehranstalt, sondern, wie das LSG festgestellt hat, von den Auszubildenden ausgegangen war. Schließlich ist auch von Bedeutung, daß die Klägerin, obwohl Lehrkraft, auf der Reise nach P. nicht mit Aufsichts- und Weisungsbefugnissen betraut, sondern lediglich Reiseteilnehmerin wie alle anderen war. Die Auffassung des LSG, daß die Teilnahme der Klägerin an der Reise auch ohne solche Betreuungsaufgaben mit ihrer Beschäftigung als Lehrerin zusammengehangen habe, da die Reise als Schulveranstaltung der MTA-Lehranstalt geplant und durchgeführt worden sei, an der "bestimmungsgemäß" auch Lehrer teilnehmen sollten, wird von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Die Teilnahme an der Reise stand nach den Feststellungen des LSG allen Auszubildenden und Lehrassistentinnen auf freiwilliger Grundlage offen. Sonach hatte niemand, auch nicht die Klägerin, "bestimmungsgemäß" an der Fahrt nach P. teilzunehmen. Schon bei der Beurteilung, ob aus der Sicht von Schülern eine von der Schule getragene Veranstaltung vorliegt, ist ua von Bedeutung, ob teilnehmende Lehrkräfte Aufsichts- und Weisungsbefugnisse hatten (BSGE 48, 1, 3). Umsomehr gilt dies für die subjektive Meinungsbildung der teilnehmenden Lehrkräfte selbst. Die Teilnahme von Lehrassistentinnen an der Reise nach Prag, ohne daß sie mit Aufsichts- oder Weisungsbefugnissen betraut waren, ist daher kein objektiver Anhalt für die Meinung, daß die Lehrassistentinnen damit eine im ursächlichen Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung an der MTA-Lehranstalt stehende Tätigkeit verrichteten.

Unberücksichtigt hat zu bleiben, daß die leitende Lehrassistentin D. im Schriftverkehr mit dem Veranstalter der Reise nach P. unter der Anschrift "Städt. Krankenanstalten" aufgetreten ist und auch in deren Namen gehandelt hat. Denn diese Umstände waren den Teilnehmern der Reise im Zeitpunkt der Durchführung nicht bekannt, so daß sie auch für die Überzeugungsbildung der Klägerin über den dienstlichen Charakter ihrer Teilnahme an der Reise schon deshalb nicht beigetragen haben können.

Das LSG hat, anders als noch vom SG erwähnt, nicht festgestellt, daß mit der Reise nach P. auch ein berufsbezogenes Programm, wie etwa die Besichtigung einer Kinderklinik oder eines anderen Krankenhauses, verbunden sein sollte. Zwar hatte die leitende Lehrassistentin D. in ihrem an die Direktion der Städt. Krankenanstalten M. gerichteten Dienstreiseantrag entsprechende Angaben gemacht, jedoch hat auch das SG keine näheren konkreten Vorbereitungen hierfür feststellen können, und tatsächlich haben Besichtigungen in Prag auch nicht stattgefunden. Das LSG hat dann auch den Unfallversicherungsschutz für die Fahrt nach P. allein wegen der Förderung der Allgemeinbildung der Teilnehmer und der Stärkung des Gemeinschaftsgedankens als gegeben angesehen.

Für eine Reise mit dienstlichen Charakter spricht nach Ansicht des Senats allein die Tatsache, daß die Fahrt in der Unterrichtszeit, wenn auch in den ersten Tagen des am 1. Oktober 1975 begonnenen Semesters, und über das Wochenende (Freitag bis Mittwoch), durchgeführt wurde. Dem steht andererseits die Tatsache entgegen, daß die von der leitenden Lehrassistentin D. beantragte Dienstreise für die Fahrt nicht genehmigt und den teilnehmenden Lehrkräften nur Dienstbefreiung gewährt worden ist. Das LSG mißt diesem Umstand nur deshalb keine Bedeutung bei, weil die ehemaligen Auszubildenden der MTA-Lehranstalt P.-G., B., J. und H. sowie die Lehrassistentin S. als Zeugen bekundet haben, davon nicht unterrichtet gewesen zu sein. Immerhin sind aber auch nach Meinung des LSG die Auffassungen des Prof Dr W. und der leitenden Lehrassistentin D., daß die Fahrt nach P. ein rein touristisches Unternehmen und nicht für die MTA-Lehranstalt, sondern für herangetretene Schüler organisiert worden sei, nach außen, wenn auch nicht allgemein, bekannt geworden. Da jedoch nicht entscheidend ist, ob allen Teilnehmern dies bekannt war und welche Schlüsse die einzelnen Teilnehmer daraus gezogen haben (BSGE 48, 1, 2), bestimmen auch diese Umstände das Gesamtbild der Reise nach P., die für die teilnehmenden Lehrassistentinnen nicht die subjektive Meinung rechtfertigen, daß die Fahrt für sie eine mit ihrer Beschäftigung zusammenhängende Tätigkeit war. Die Voraussetzungen für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen liegen schon deshalb nicht vor, weil eine Veranstaltung, die von Betriebsangehörigen aufgrund eigenen Entschlusses durchgeführt wird und der der Betriebsinhaber nur bei der Arbeitszeiteinteilung - hier durch den Unterrichtsausfall - entgegenkommt, keine vom Betrieb getragene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist (BSG SozR 2200 § 548 Nr 1; Brackmann aaO S 482 l).

Die Urteile erster und zweiter Instanz mußten daher aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662531

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