Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebssport als Maßnahme zur Gesunderhaltung der Beschäftigten und zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft steht unter Unfallversicherungsschutz, wenn folgende Merkmale gegeben sind:

A Die Leibesübungen müssen dem Ausgleich für die Belastung durch die Betriebstätigkeit dienen, nicht dagegen der Teilnahme am allgemeinen sportlichen Wettkampfverkehr oder der Erzielung von Spitzenleistungen.

B Die Übungen müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden.

C Der Teilnehmerkreis muß im wesentlichen auf die Beschäftigten des veranstaltenden Unternehmens oder der an der gemeinsamen Durchführung des Betriebssports beteiligten Unternehmen beschränkt sein.

D Die Übungszeiten und die jeweilige Dauer der Übung müssen in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit stehen.

E Übungen müssen im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation stattfinden, zu der sich auch mehrere Unternehmen zusammenschließen können. Der Anerkennung versicherten Betriebssport steht es nicht entgegen, daß diese Organisation auf einen aus Betriebsangehörigen bestehenden Verein übertragen ist, der die soziale Betreuung der Belegschaft bezweckt und insoweit in enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmen steht.

2. Anschluß BSG 1958-05-20 2 RU 322/55 = BSGE 7, 195-199 Leitsatz Nr 2.

 

Normenkette

RVO § 542 Fassung: 1942-03-09, § 1511 Fassung: 1925-07-14

 

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15 . April 1959 wird mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben . Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen .

Von Rechts wegen .

 

Gründe

I

Der 1923 geborene Straßenbahnschaffner F ... Z ... (Z . ) nahm am 24 . November 1955 an einer Bodenturnübung teil , welche im Rahmen der vom "Sozialwerk der S... Straßenbahnen e . V . " veranstalteten Gymnastikübungsstunden in einer Schulturnhalle unter Leitung des Sportlehrers F ... stattfand . Um 16 , 00 Uhr fiel Z . beim Versuch , unter Hilfestellung einen Überschlag auszuführen , auf den Rücken und erlitt einen Wirbelbruch; wegen der Folgen dieser Verletzung wurde er vier Wochen lang stationär behandelt . Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bestand noch auf längere Zeit . Die "S ... Straßenbahnen AG" als Arbeitgeberin des Z . erstattete die Unfallanzeige und vertrat die Auffassung , die wöchentliche Gymnastikstunde für die der Sportabteilung des Sozialwerks angehörenden Belegschaftsmitglieder sei als unter Versicherungsschutz stehender Betriebssport anzusehen . Durch den an Z . und die beteiligte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) gerichteten Bescheid vom 14 . September 1956 lehnte die Beklagte den Entschädigungsanspruch ab mit der Begründung , es habe sich nicht um einen Unfall beim Betriebssport im Sinne des Rundschreibens des Reichsversicherungsamts (RVA) vom 21 . Mai 1943 (AN 1943 , 231) gehandelt . Für Sportunfälle bestehe unter dem Gesichtspunkt des Betriebssports der Unfallversicherungsschutz nur , wenn der Unternehmer selbst den Sportlehrer oder Sportwart bestellt habe und die Sportausübung daher von der Autorität des Betriebs getragen sei . Bleibe es dagegen einem eingetragenen Verein überlassen , neben anderen Abteilungen auch eine Sportabteilung zu gründen und Übungsstunden von sich aus festzusetzen , könne von Betriebssport nicht mehr die Rede sein . Das Sozialwerk der S ... Straßenbahnen sei ein eingetragener Verein , der es den Betriebsangehörigen ermögliche , je nach Neigung an Sport und Spiel oder an Geselligkeiten verschiedener Art in der Freizeit teilzunehmen; aus den Reihen der Vereinsmitglieder hätten sich einzelne Abteilungen , zB für Sport , Musik , Wandern , Kegeln usw , gebildet . Das Sozialwerk stelle also einen Verein dar , der versicherungsrechtlich nicht anders zu beurteilen sei als ein beliebiger , nicht nach dem Unternehmen benannter Verein , dem auch Belegschaftsmitglieder angehörten . Unerheblich sei der Umstand , daß der Verein Sozialwerk; durch die Stuttgarter Straßenbahnen AG finanziell unterstützt werde .

Hiergegen erhoben Z . und die AOK Klage und machten u . a . geltend , die in der Sportabteilung des Sozialwerks durchgeführten Sportstunden würden zeitlich im Einklang mit der Diensteinteilung des Straßenbahnpersonals angesetzt; die Straßenbahngesellschaft leiste einen Mitgliedsbeitrag in gleicher Höhe wie die Betriebsangehörigen und fördere das Sozialwerk mit allen Mitteln , um der Gesunderhaltung der Belegschaft zu dienen . Das Sozialwerk sei trotz seiner selbständigen Rechtsform als eine reine Betriebseinrichtung anzusehen . Der Kläger Z . gab insbesondere an , er sei als Turner bei Betriebsveranstaltungen hervorgetreten und vom kaufmännischen Direktor der Straßenbahngesellschaft ermuntert worden , zwecks Anregung weiterer Betriebsangehöriger das Bodenturnen besonders zu pflegen . Die Beklagte hob demgegenüber hervor , das Sozialwerk betreibe ein sehr vielseitig gegliedertes Programm von Veranstaltungen - zB Fußballturniere , Theateraufführungen , bunte Abende und dgl . - und sei demnach ein Verein für die Freizeitgestaltung des Straßenbahnpersonals , seine Eigenveranstaltungen hätten mit Betriebssport bzw . Betriebsveranstaltungen nichts zu tun .

Das Sozialgericht (SG) vernahm den Dipl . Sportlehrer F ... als Zeugen . Dieser sagte aus , er leite seit acht Jahren die Sportabteilung des Sozialwerks; wöchentlich würde an einem Nachmittag für mehrere Stunden Sport getrieben , und zwar Ballspiele , Gymnastik sowie Geräte- und Bodenturnen . Turnen sei wegen der allgemeinen Durchbildung des Körpers eine gute Ausgleichsübung für alle Straßenbahner . Die Sportabteilung des Sozialwerks sei kaum auf öffentliche Veranstaltungen eingestellt . Das SG hat am 11 . April 1957 die Beklagte verurteilt , den Unfall des Klägers Z . als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Unfallentschädigung zu gewähren: Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Versicherungsschutzes beim Betriebssport , die das RVA in dem Rundschreiben vom 21 . Mai 1943 aufgestellt habe , seien im vorliegenden Falle durchweg erfüllt . Unerheblich sei , daß der Sport innerhalb des Sozialwerks als eingetragenen Vereins ausgeübt werde .

Auf die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 15 . April 1959 (Breith . 1959 , 615) die vorinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klagen abgewiesen: Zwar sei der sogenannte Betriebssport nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Meinung im Schrifttum der Arbeitstätigkeit versicherungsrechtlich gleichzustellen; die hierfür vom RVA aufgestellten Grundsätze seien im wesentlichen noch immer maßgebend . Diese - an sich eine Ausnahmeregelung darstellenden - Grundsätze seien jedoch eng auszulegen . Im vorliegenden Falle fehle es an der Hauptvoraussetzung , daß die sportliche Betätigung des Klägers zu 1) in einer vom Unternehmen organisierten Sportgemeinschaft stattgefunden habe . Das Sozialwerk e . V . führe , wie aus der Vereinssatzung hervorgehe , ein Eigenleben , in welches das Unternehmen selbst nicht in erheblichem Ausmaß einzugreifen vermöge . Die Sportabteilung möge wohl den vom RVA geforderten Ausgleichssport betreiben , sie stehe aber zum Unternehmen in keiner engeren Verbindung als etwa ein gewöhnlicher Sportverein , dem Straßenbahnbedienstete in großer Zahl angehörten . Das LSG hat die Revision zugelassen .

Gegen das am 12 . Mai 1959 zugestellte Urteil haben beide Kläger am 10 . Juni 1959 Revision eingelegt .

Der Kläger zu 1) meint in seiner am 12 . Juni 1959 eingegangenen Revisionsbegründung , es wäre der sozialpolitischen Zielsetzung des Betriebssports abträglich , einen Unterschied zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Vereinen zu machen . Die rechtliche Eigenständigkeit als e . V . lasse unberührt , daß die Betriebsleitung ihre Autorität dem Vereinsvorstand übertragen habe , der nicht aus eigener Machtvollkommenheit , sondern im Einvernehmen mit dem Unternehmen tätig werde . Die Form des e . V . sei lediglich als Mittel der Dezentralisation - vielleicht auch aus steuerlichen Gründen - benutzt worden , während die Aufsichtsbefugnis beim Unternehmen verblieben sei . Zu Unrecht habe demnach das LSG das Sozialwerk einem selbständigen Sportverein gleichgestellt , in welchem das Unternehmen keine Ordnungsbefugnis hinsichtlich der Sportausübung der Betriebsangehörigen habe .

Die Klägerin zu 2) führt in ihrer am 4 . Juli 1959 eingegangenen Revisionsbegründung aus , die Straßenbahngesellschaft habe im Jahre 1948 ihre schon früher bestehenden Fürsorgeeinrichtungen in dem Verein Sozialwerk zusammengefaßt , um hierdurch eine zweckmäßigere und intensivere Wirksamkeit der einzelnen Einrichtungen zu erzielen . Dem Sozialwerk als Gemeinschaftseinrichtung obliege die Erholungsverschickung und die sonstige gesundheitliche Förderung des Personals , darunter auch der Betriebssport . Die Schichteinteilung im Straßenbahnbetrieb sei ganz auf den Veranstaltungsplan des Sozialwerks eingestellt , so daß zB die Betriebssportler des ganzen Betriebs an demselben Abend frei hätten . Beim Sozialwerk handele es sich also nicht um einen Sportverein im Sinne des Abschnitts IV des RVA-Rundschreibens vom 21 . Mai 1943 .

Die Kläger beantragen übereinstimmend ,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen .

Die Beklagte beantragt ,

die Revision zurückzuweisen .

Sie pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und meint , die Revisionsbegründung der Klägerin zu 2) enthalte neues Tatsachenvorbringen , welches nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht berücksichtigt werden dürfe .

II

Die Revisionen sind statthaft durch Zulassung (§ 162 Abs . 1 Nr . 1 SGG) . Sie sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden , daher zulässig . Sie hatten auch zum Teil Erfolg .

Bei der Klägerin zu 2) handelt es sich um die AOK , die dem Kläger zu 1) die gesetzlichen Leistungen aus der Krankenversicherung gewährt hat . Ihre Befugnis , neben dem Verletzten dessen Entschädigungsanspruch gegen die Berufsgenossenschaft im Klagewege zu verfolgen , ergibt sich aus der eine Prozeßstandschaft für die AOK begründenden Vorschrift des § 1511 der Reichsversicherungsordnung (RVO) . Der erkennende Senat hat bereits im Urteil vom 20 . Mai 1958 (BSG 7 , 195 = SGb 1959 , 20 mit zustimmender Anmerkung Schieckel) entschieden , daß diese Vorschrift auch nach Inkrafttreten des SGG weiter gilt . Dieser Auffassung hat sich , soweit ersichtlich , die Rechtsprechung einhellig angeschlossen (vgl . LSG Baden-Württemberg , Breith . 1961 , 27; LSG Hamburg , Breith . 1960 , 490; LSG Niedersachsen , Breith . 1961 , 995; LSG Rheinland-Pfalz , Breith . 1961 , 513) . Im Schrifttum gehen die Meinungen allerdings zur Zeit auseinander; neben zustimmenden Äußerungen (vgl . Dersch-Knoll , RVO-Gesamtkommentar , Anm . 1 , 4 und 5 zu § 1511; Klenke , WzS 1959 , 136) finden sich auch kritische Einwände gegen den vom Senat vertretenen Standpunkt (vgl . Lauterbach , Unfallvers ., 2 . Aufl ., Anm . 3 zu § 1511; Straub , DOK 1959 , 73; Nagel , BG 1959 , 517 und SGb 1961 , 325) . Nach Ansicht des Senats ist aber durch diese Einwände nicht überzeugend dargelegt worden , daß die Daseinsberechtigung des § 1511 RVO erloschen und die AOK ausschließlich auf die Verfolgung ihres Ersatzanspruchs im Klagewege des § 54 Abs . 5 SGG angewiesen sei; deshalb besteht kein hinreichender Anlaß , von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen .

Bei der Prüfung der Frage , inwieweit betriebssportliche Veranstaltungen dem Unfallversicherungsschutz unterliegen , ist das LSG mit Recht von den Grundsätzen ausgegangen , die das RVA in dem bereits angeführten Rundschreiben vom 21 . Mai 1943 aufgestellt hat . Diese Grundsätze , die an Empfehlungen des Verbands der deutschen gewerblichen Berufsgenossenschaften (Rundschreiben vom 5 . 7 . 1938 , EuM 43 , 253; siehe auch RAM-Erlaß vom 17 . 9 . 1938 ebenda) anknüpfen , stammen zwar aus der Zeit des NS-Regimes und befassen sich bei einigen Sonderfragen (Abschnitt III , IV b; vgl . auch Verbandsrundschreiben aaO Abschnitt II , ferner die RVA-Entscheidungen , AN 1944 , 133 Nr . 5557; EuM 46 , 121; 48 , 1; 50 , 230; 51 , 4) mit solchen sportlichen Veranstaltungen , denen die damals herrschenden politischen Verhältnisse das Gepräge gaben . Hiervon wird jedoch der Grundgedanke nicht berührt , daß sportliche oder turnerische Betätigungen , die einen Ausgleich für die den Beschäftigten meist einseitig beanspruchende Betriebsarbeit bezwecken , nicht nur den persönlichen Interessen des Beschäftigten , sondern auch betrieblichen Interessen dienen , deshalb dem Unternehmen zuzurechnen sind und vom Unfallversicherungsschutz umfaßt werden . Dieser Grundgedanke ist vielmehr - ungeachtet des Wechsels der politischen Anschauungen - im wesentlichen unverändert gültig geblieben , so daß allein aus der Entstehungszeit nicht etwa gefolgert werden darf , die RVA-Grundsätze seien nicht mehr anwendbar und der Betriebssport stehe nunmehr außerhalb des Versicherungsschutzes (vgl . auch Lauterbach aaO , Anm . 3 II h zu § 542 RVO S . 69 b) . Der erkennende Senat hat diese Frage zwar in einer Entscheidung (BSG 9 , 222 , 225) , die einen Unfall beim Erholungsaufenthalt betraf , offengelassen; bei anderer Gelegenheit hat er jedoch bereits auf die - auch versicherungsrechtlich relevante - gesteigerte Bedeutung hingewiesen , die nach heutigen Anschauungen den Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten und zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft zukommt (vgl . BSG 4 , 219 , 223) . Zu diesen Maßnahmen gehört , wie nicht näher dargelegt zu werden braucht , insbesondere der Betriebssport . Veranstaltungen dieser Art dienen wesentlich den Interessen des Unternehmens; Unfälle , die Teilnehmern solcher Veranstaltungen zustoßen , sind daher als Arbeitsunfälle anzusehen .

Die Abgrenzung des versicherten Betriebssports von einer Sportausübung , die mit den Betriebsinteressen nicht so eng verknüpft ist , hat bereits das RVA in seinem Rundschreiben vom 21 . Mai 1943 auf eine im allgemeinen auch heute noch bedeutsame Weise vorgenommen . Allerdings erscheinen die rechtlich erheblichen Gesichtspunkte in den RVA-Grundsätzen nicht durchweg ihrer inneren Rangordnung entsprechend aufgegliedert . Aus diesem Grunde - und weil andererseits ein Teil der RVA-Grundsätze durch die politische Entwicklung überholt ist - hat es der Senat anläßlich der Entscheidung dieses Rechtsstreits für angebracht gehalten , die für die Anerkennung eines unfallversicherten Betriebssports vorauszusetzenden Merkmale wie folgt zusammenzufassen .

A . Die Leibesübungen müssen dem Ausgleich für die - körperliche , geistige oder nervliche - Belastung durch die Betriebstätigkeit dienen , nicht dagegen der Teilnahme am allgemeinen sportlichen Wettkampfverkehr oder der Erzielung von Spitzenleistungen . - Dieser Zielsetzung entspricht an sich , wie das LSG Hamburg (Breith . 1959 , 988) zutreffend ausgeführt hat , am meisten der reine Ausgleichssport in Gestalt von Gymnastik , Lockerungsübungen und dgl . Freilich darf der Begriff des Betriebssports nicht auf Übungen dieser Art eingeengt werden , immerhin aber kann unter Umständen schon die Art der gewählten Sport- oder Turnübungen Anhaltspunkte dafür ergeben , ob die Veranstaltungen den vom Ausgleichszweck her gezogenen Rahmen noch einhalten . Die Wettkampfbetätigung von Firmensportvereinen und ein dieser Zweckbestimmung entsprechendes Training von Belegschaftsmitgliedern überschreiten stets diesen Rahmen , einerlei , um welche Sportart es sich handelt .

B . Die Übungen müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden . - Dieses vom RVA nicht ausdrücklich angeführte Erfordernis folgt ohne weiteres aus dem Wesen des Ausgleichssports , welcher der Tag für Tag wiederkehrenden Belastung durch die Betriebstätigkeit entgegenwirken soll . Unter diesem Gesichtspunkt können aus besonderem Anlaß stattfindende einmalige Sport- oder Turnveranstaltungen nicht als Betriebssport angesehen werden; dabei bleibt jedoch zu prüfen , ob in solchen sportlichen Darbietungen - zumal wenn sie etwa der hierzu eingeladenen übrigen Belegschaft vorgeführt werden - evtl . betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen zu erblicken sind (vgl . Urteil des erkennenden Senats vom 28.11.1961 ,2 RU 188/58) .

C . Der Teilnehmerkreis muß im wesentlichen auf die Beschäftigten des veranstaltenden Unternehmens oder der an der gemeinsamen Durchführung des Betriebssports beteiligten Unternehmen beschränkt sein . - Bereits das RVA hat den Umstand berücksichtigt , daß in kleineren Unternehmen vielfach die Voraussetzungen für die Pflege bestimmter Sportarten wegen zu geringer Teilnehmerzahl nicht gegeben sind; es hat deshalb den Zusammenschluß mehrerer Unternehmen für diese Zwecke in Betracht gezogen; die sportliche Betätigung innerhalb einer solchen "Sportgemeinschaft" unterstehe dann dem Schutz der Unfallversicherung (EuM 51 , 5) . Die angeführte Entscheidung läßt freilich nicht klar erkennen , welche Erfordernisse für die Anerkennung einer "Sportgemeinschaft" gelten sollen . Nach Ansicht des Senats genügt es , daß die für den Betriebssport verantwortlichen Stellen der beteiligten Unternehmen die regelmäßige (vgl . B) Abhaltung von Übungsstunden untereinander vereinbaren . Jedenfalls bildet der Umstand , daß Belegschaftsmitglieder verschiedener Unternehmen an der Sportausübung - zB einem Fußballspiel - beteiligt sind , für sich allein noch nicht - wie in der Rechtsprechung gelegentlich angenommen wird (Bayer . LVAmt , Breith . 1953 , 172; LSG Niedersachsen , BG 1961 , 491) - das ausschlaggebende Kriterium , aus dem die Versagung des Versicherungsschutzes herzuleiten wäre . Für die Abgrenzung kommt es nach Meinung des Senats vielmehr darauf an , ob ein regelmäßig wiederkehrender Ausgleichssport innerhalb eines im wesentlichen gleichbleibenden Kreises von beteiligten Unternehmen vorliegt oder ob von Fall zu Fall besonders festgesetzte Wettkämpfe gegen Mannschaften fremder Unternehmen stattfinden (vgl . auch LSG Hamburg aaO) .

D . Die Übungszeiten und die jeweilige Dauer der Übung müssen in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit stehen .

E . Die Übungen müssen im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation stattfinden , zu der sich (vgl . C) auch mehrere Unternehmen zusammenschließen können . - Das LSG , das in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt die unter A bis D aufgeführten Voraussetzungen zutreffend als gegeben erachtet hat , leitet seine Bedenken gegen die Anerkennung des Versicherungsschutzes ausschlaggebend aus diesem das organisatorische Gebiet betreffende Begriffsmerkmal ab . Nach Ansicht des Senats wird jedoch der im angefochtenen Urteil vertretene Standpunkt mit der Erwägung , die Grundsätze über den Betriebssport seien eine stets eng auszulegende Ausnahmeregelung , nicht überzeugend gerechtfertigt , zumal wenn es sich wie hier um die rein organisatorische Seite der Angelegenheit handelt .

Die Betrachtungsweise des LSG läßt außer acht , daß im heutigen Arbeitsleben vielfach Aufgaben , die früher ausschließlich vom Unternehmer wahrgenommen wurden , der Belegschaft zur eigenverantwortlichen Ausübung durch ihre hierzu berufenen Organe übertragen worden sind . So kommt es - wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (BSG 7 , 249 , 252) - für den Versicherungsschutz einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht darauf an , ob der Unternehmer selbst Veranstalter ist , vielmehr genügt es , daß der Betriebsrat als Repräsentant der Arbeitnehmer die Funktionen des Veranstalters ausübt . Dementsprechend wäre auch eine vom Betriebsrat organisierte Sportausübung der Belegschaft - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - geeignet , als Betriebssport den Unfallversicherungsschutz zu begründen . Unzweifelhaft wäre ferner nach Ansicht des Senats versicherter Betriebssport anzuerkennen , wenn der Unternehmer zwar die Abhaltung der Sport- oder Turnübungen billigt , unter Umständen auch noch einen geeigneten Betriebsraum zur Verfügung stellt , jedoch die Bezahlung eines etwa benötigten hauptberuflichen Turn- oder Sportlehrers der Belegschaft überläßt , so daß die Teilnahme an den Übungsstunden von der Entrichtung einer Gebühr abhängt . In dem hier gegebenen Fall kommt diese - dem Versicherungsschutz grundsätzlich nicht entgegenstehende - Mitwirkung der Belegschaft in besonderem Maße dadurch zur Geltung , daß ein nur aus Betriebsangehörigen der Stuttgarter Straßenbahnen bestehender rechtsfähiger Verein gegründet worden ist , dessen Sportabteilung mit der Pflege des Ausgleichssports - im Sinne der oben unter A bis D gekennzeichneten Begriffsmerkmale - betraut ist . Dem LSG kann nicht darin beigepflichtet werden , schon durch die Rechtsform des eingetragenen Vereins schlechthin werde jegliche Sportbetätigung der dem Verein angehörenden Arbeitnehmer außerhalb des Zusammenhangs mit dem Unternehmen gerückt . Dies träfe allerdings zu , wenn es sich um einen Firmensportverein mit dem Zweck der Teilnahme an allgemeinen sportlichen Wettbewerben handeln würde . Nach den Feststellungen des LSG ist aber der Verein "Sozialwerk der Stuttgarter Straßenbahnen e . V . " mit Firmensportvereinen dieses Typs nicht vergleichbar , da die von der Sportabteilung veranstalteten Übungsstunden lediglich dem Ausgleichssport gewidmet sind . Die Frage , ob dies als versicherter Betriebssport anzusehen ist , wird mit dem bloßen Hinweis auf die vereinsrechtliche Organisationsform nicht erschöpfend beantwortet; vielmehr bedarf es einer Prüfung der Umstände des Einzelfalls . Hierbei kommt es auch nicht allein auf den Inhalt der Vereinssatzung an , sondern es wäre auch zu ermitteln , welche Anlässe seinerzeit zur Vereinsgründung geführt haben , ob und inwiefern damals Unternehmerfunktionen hinsichtlich der Regelung betriebssportlicher Veranstaltungen faktisch - wenn auch nicht im Satzungswortlaut erkennbar - auf den Verein delegiert wurden und ob nach alldem der Verein die Belange des Unternehmens - hier insbesondere hinsichtlich der Pflege des Ausgleichssports - in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung fördert oder aber ein vom Unternehmen kaum beeinflußtes Eigendasein führt . Das diese Einzelheiten betreffende Tatsachenvorbringen - namentlich der Klägerin zu 2) -kann vom Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden . Bereits in der Klagebegründung war übrigens geltend gemacht worden , die Schichteinteilung des Fahrpersonals und die vom Sozialwerk veranstalteten Übungsstunden seien zeitlich aufeinander abgestimmt . Hierdurch hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen , Ermittlungen in der angedeuteten Richtung vorzunehmen .

Die Revisionen sind hiernach begründet . Da die bisher getroffenen Feststellungen für eine Entscheidung des Senats in der Sache selbst nicht ausreichen , war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs . 2 Satz 2 SGG) .

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten .

 

Fundstellen

BSGE, 1

NJW 1962, 1174

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