Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsklägerin

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte berechtigt ist, im Rahmen eines Verfahrens zur Nachentrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge (hier: nach Art 12 der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 17. Dezember 1873 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit vom 20. November 1878 - DV-DISVA - i.V.m. Art 2 § 49a Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes -AnVNG-) eine Ausschlußfrist für die Einreichung eines vom Antragsteller auszufüllenden Antragsformulars und einer von ihm zu beschaffenden Staatsangehörigkeitsbescheinigung zu setzen und bei Versäumung dieser Frist den Nachentrichtungsantrag endgültig, d.h. ohne die Möglichkeit einer Nachholung der geforderten Mitwirkungshandlungen, abzulehnen.

Der Kläger beantragte am 13. Juni 1883 über seinen inländischen Bevollmächtigten die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 12 DV-DISVA und die Anerkennung von Ausfallzeiten nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Dabei gab er seinen Namen, seine Anschrift, Geburtsdatum und -ort sowie seine Identitätsnummer als israelischer Staatsangehöriger an. Eine Konkretisierung des Nachentrichtungsbegehrens hinsichtlich der mit Beiträgen zu belegenden Zeiten stellte er zurück, weil diese von einer Klärung des Umfangs der Ausbildungszeiten abhängig sei.

Die Beklagte übersandte daraufhin dem Bevollmächtigten des Klägers in Israel ein Formularschreiben, in welchem der Kläger aufgefordert wurde, den beiliegenden Antragsvordruck auszufüllen und ihn zusammen mit dem Nachweis seiner israelischen Staatsangehörigkeit innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Zugang des Schreibens wieder zurückzusenden. Falls die Unterlagen in der genannten Frist nicht bei der Beklagten eingingen, müsse der Antrag auf Nachentrichtung abgelehnt werden; eine erneute Antragstellung sei nicht möglich. Dieses Schreiben erhielt der Bevollmächtigte am 11. Dezember 1983.

Durch Bescheid vom 11. Juli 1984 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers zur Nachentrichtung von Beiträgen ab, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt weder den ausgefüllten Antragsvordruck noch eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung erhalten habe. Deshalb habe sie die Berechtigung des Klägers zur Beitragsnachentrichtung nicht feststellen können. Eine Wiederholung des Antrags sei wegen Ablaufs der Antragsfrist nicht möglich. Der - nicht näher begründete - Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 1984).

Auch die Klage wurde abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts Berlin -SG- vom 30. Dezember 1985). Nach Ansicht des SG war die Beklagte zwar nicht berechtigt, eine Ausschlußfrist für die Einreichung eines Formularantrags und eines Staatsangehörigkeitsnachweises zu setzen. Bis zum Nachweis seiner israelischen Staatsangehörigkeit habe sie jedoch "nach Aktenlage" eine Nachentrichtung ablehnen können. Da hier der Nachweis bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht beigebracht worden sei, seien die ablehnenden Bescheide im Ergebnis rechtmäßig.

Die Berufung des Klägers hatte Erfolg, nachdem er vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) eine Kopie seiner Einbürgerungsbescheinigung mit Datum vom 25. April 1983 vorgelegt hatte, die die Beklagte als ausreichenden Nachweis seiner israelischen Staatsangehörigkeit anerkannte. Das LSG war ebenfalls der Auffassung, daß die Beklagte für die Einreichung von Unterlagen keine Ausschlußfristen setzen dürfe. Sie sei nur berechtigt, aus verfahrensrechtlichen Gründen die Zulassung zur Nachentrichtung abzulehnen, solange die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Da dies inzwischen geschehen sei, seien die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Nachentrichtungsbegehrens entfallen. Das LSG verurteilte demgemäß die Beklagte, den Kläger zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 12 DV-DISVA i.V.m. Art 2 § 49a Abs. 2 AnVNG zuzulassen und ihm die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten (Urteil vom 19. August 1986).

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, daß sie zur Setzung einer Ausschlußfrist befugt gewesen sei und Gründe für eine Verlängerung dieser Frist gemäß § 26 Abs. 7 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) nicht vorlägen. Im Verfahren der Beitragsnachentrichtung müßten, um die im Interesse der Versichertengemeinschaft notwendige Straffung des Verfahrens zu erreichen, den Antragstellern auch dort, wo es um die Einreichung von Unterlagen gehe, Ausschlußfristen gesetzt werden können. Die persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Nachentrichtungsrechts müßten geklärt sein, bevor in die meist schwierigen Ermittlungen über den Versicherungsverlauf und die aufgrund der Nachentrichtung anrechenbaren Ausfallzeiten eingetreten werde. Wegen einer beantragten Verlängerung der Frist zur Einreichung der erforderlichen Unterlagen habe sie, die Beklagte, ihr Ermessen bereits in einem Gespräch mit dem Anwalt des Klägers ausgeübt, in dem es um eine allgemeine Fristverlängerung in einer Vielzahl von Verfahren gegangen sei; dabei habe sie eine Verlängerung abgelehnt. Selbst wenn aber eine erneute Ermessensausübung vom Gericht gefordert werde, so sei im vorliegenden Fall ihr Ermessensrahmen "auf Null geschrumpft". Die Staatsangehörigkeitsbescheinigung, um deren Vorlage der Kläger gebeten worden sei, habe er bereits vor der Antragstellung gehabt, so daß er an ihrer früheren Vorlegung nicht gehindert gewesen sei. Auch das weitere Verfahren sei durch Nachlässigkeit des Klägers geprägt gewesen. Sein Widerspruch sei zwar eingelegt, aber nicht begründet worden. Eine Vollmacht habe er erst während des Verfahrens vor dem SG vorgelegt, den Staatsangehörigkeitsnachweis erst kurz vor Abschluß des LSG-Verfahrens, den ausgefüllten Antragsvordruck sogar erst nach Erlaß des LSG-Urteils.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er beruft sich vornehmlich auf das angefochtene Urteil. Ergänzend führt er aus, daß die Beklagte ihre Ablehnung nicht auf die verspätete Vorlage des Antragsvordrucks. stützen könne, da die wesentlichen Angaben bereits in dem formlosen Antragsschreiben enthalten gewesen seien. Die Bestimmung einer Ausschlußfrist für die Vorlage von Unterlagen lasse den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unbeachtet. Eine solche Bestimmung bedürfe einer gesetzlichen Grundlage, die für den Bereich der Ermittlung von Tatsachen gerade nicht bestehe. § 21 Abs. 2 SGB 10, der die Mitwirkung des Berechtigten bei der Ermittlung des Sachverhalts regele, enthalte keine Sanktionen. Im übrigen habe hier ein Bedürfnis für die Bestimmung einer Ausschlußfrist nicht bestanden, da ohnehin noch die belegungsfähigen Zeiten zu ermitteln gewesen seien. Zu der Frage, ob die Beklagte wenigstens verpflichtet gewesen sei, die von ihr gesetzte Ausschlußfrist im Wege einer Ermessensentscheidung nach § 26 Abs. 7 SGB 10 zu verlängern, trägt der Kläger hilfsweise vor, daß die Beklagte in Bezug auf den konkreten Fall ihr Ermessen bisher nicht ausgeübt habe. Eine allgemeine Besprechung könne eine individuelle Ermessensentscheidung nicht ersetzen. Abschließend verweist der Kläger auf weitere Entscheidungen des LSG Berlin, in denen die Bestimmung einer Ausschlußfrist zur Vorlage von Antragsunterlagen als unzulässig angesehen worden sei (Urteile vom 7. März 1986 - L 1 An 137/85 -, vom 5. Mai 1987 - L 12 An 32/86 - und vom 13. Mai 1987 - L 6 An 46/86 -).

Die Revision ist in der Hauptsache unbegründet. Die Beklagte hat dem Kläger weder für die Rücksendung des von ihm auszufüllenden Antragsvordrucks noch für den Nachweis seiner israelischen Staatsangehörigkeit eine Frist mit der Wirkung setzen dürfen, daß er bei Versäumung der Frist mit seinem Recht zur Beitragsnachentrichtung ausgeschlossen ist (materiell-rechtliche Ausschlußfrist). Nach § 31 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - (SGB 1) dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zuläßt. Dieser "Vorbehalt des Gesetzes" gilt für alle im SGB geregelten Sozialleistungsbereiche (vgl. die Überschrift des Dritten Abschnitts vor § 30 SGB 1). Soweit die Sozialleistungen aus Beiträgen finanziert werden, wie in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung, gilt der Gesetzesvorbehalt auch für das dem jeweiligen Leistungsbereich zugeordnete Beitragsrecht. Das kann um so weniger zweifelhaft sein, als das gesamte Beitragsrecht durch die Auferlegung von Lasten geprägt ist und der Gesetzesvorbehalt den Bürger vor allem davor schützen soll, daß ihm solche Lasten von der Verwaltung ohne ein von der Volksvertretung beschlossenes Gesetz auferlegt werden. Demgemäß schreibt § 31 SGB 1 vor, daß die Verwaltung "Pflichten" für den Bürger nicht ohne gesetzliche Grundlage begründen, feststellen, ändern oder aufheben darf, was in der Sozialversicherung namentlich für Vorschriften über die Beitrags- und die Versicherungspflicht Bedeutung hat. Das SGB 1 hat darüber hinaus - im Interesse der Gleichbehandlung aller Bürger und angesichts ihrer wachsenden Abhängigkeit von öffentlichen sozialen Leistungen - den Gesetzesvorbehalt auf die Gewährung von Leistungen ausgedehnt und in § 31 auch die Begründung, Feststellung, Änderung und Aufhebung von "Rechten" an eine gesetzliche Ermächtigung gebunden. Hiernach bedarf sowohl die Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen wie umgekehrt der Ausschluß von ihr einer gesetzlichen Grundlage (vgl. zum Ganzen Hauck/Haines, SGB 1, § 31 Rdnrn. 1 ff.; Bley in GK-Sozialversicherung, SGB 1, § 31, S. 282/54 Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB AT, § 31 Anm. 2 f.; Grüner, SGB 1, § 31 Erl in Abschn. II und III; Rüfner in Wannagat, SGB, § 31 AT Rdnr. 4; Brackmann, DOK 1977, 470 f.; Wertenbruch in Festschrift für Schieckel, S. 357 ff.).

Für die Bestimmung einer Ausschlußfrist durch die Beklagte fehlt die gesetzliche Grundlage. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist deshalb rechtswidrig. Das gilt zunächst, soweit der Ausschluß des Klägers von der Beitragsnachentrichtung mit der nicht fristgemäßen Vorlage des israelischen Staatsangehörigkeitsnachweises begründet worden ist.

Inwieweit der Träger der Rentenversicherung im Verfahren zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs. 2 AnVNG Ausschlußfristen setzen darf, die als materiell-rechtliche Ausschlußfristen das Nachentrichtungsrecht selbst betreffen, hat der Senat zuletzt im Urteil vom 16. Oktober 1986 (BSGE 60, 266) entschieden. Danach ist der Rentenversicherungsträger befugt, eine solche Frist für die Konkretisierung eines zunächst nur dem Grunde nach gestellten Nachentrichtungsantrag zu bestimmen. Für den Nachentrichtungsantrag selbst hat der Gesetzgeber ausdrücklich eine Ausschlußfrist vorgesehen. Wird nun der Antrag zum Zwecke der Fristwahrung zunächst nur dem Grunde nach gestellt, was der Senat im Interesse der Versicherten zugelassen hat, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich vorab vom Versicherungsträger über die für sie günstigste Art der Beitragsnachentrichtung beraten zu lassen (vgl. dazu BSGE 50, 16, 18), dann kann, wenn der Grundantrag erst kurz vor Ablauf der Antragsfrist gestellt worden ist, die nachfolgende Konkretisierung in aller Regel nicht mehr innerhalb der Antragsfrist erfolgen. Das ändert indessen nichts daran, daß sie als eine den Grundantrag ergänzende und ihn vervollständigende Erklärung der Sache nach selbst ein Teil des vom Gesetzgeber ausdrücklich an eine Ausschlußfrist gebundenen Nachentrichtungsantrag ist. Auch für sie muß deshalb der Versicherungsträger eine Ausschlußfrist bestimmen können, schon damit die betroffenen Antragsteller nicht einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber denjenigen haben, die ihren Antrag bewußt und gewollt alsbald erschöpfend konkretisieren und dann grundsätzlich auch für die Konkretisierung die Antragsfrist einhalten müssen. Das gleiche gilt bei Zulassung von Teilzahlungen für die insoweit einzuhaltenden Fristen (BSGE 60, 268 f.).

Andere Grundsätze gelten demgegenüber für die Feststellung der Zugangsvoraussetzungen für die Beitragsnachentrichtung, insbesondere für die Feststellung der Staatsangehörigkeit des Antragstellers und - im Rahmen von Art 12 DV-DISVA - seines gewöhnlichen Aufenthalts im Gebiet eines der Vertragsstaaten. Auch diese Voraussetzungen müssen zwar spätestens bei Ablauf der Antragsfrist vorliegen (vgl. SozR 5750 Art 2 § 51a Nr. 60). Ihre Feststellung unterliegt hingegen keinen Ausschlußfristen. Das gilt auch, soweit der Versicherungsträger den Sachverhalt nicht selbst ermittelt, sondern dazu den Antragsteller heranzieht, indem er von ihm bestimmte Angaben verlangt oder, soweit zulässig, außerdem die Vorlage von Beweismitteln fordert. Welche Regeln er dabei zu beachten hat, ergibt sich aus den Vorschriften des SGB 10 über das Verwaltungsverfahren, namentlich aus dessen § 21. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift sollen die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

Ist hiernach schon für die Begründung einer Mitwirkungspflicht, die über den in § 21 Abs. 2 SGB 10 festgelegten Rahmen hinausgeht, eine besondere Rechtsvorschrift erforderlich, dann muß dies erst recht gelten, wenn an die Verletzung einer Mitwirkungspflicht bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden sollen. Insoweit fehlt es indessen für das Verfahren der Beitragsnachentrichtung an einer gesetzlichen Regelung. § 66 SGB 1, der die Folgen einer fehlenden Mitwirkung für denjenigen regelt, "der eine Sozialleistung beantragt oder erhält", gilt nach Wortlaut und Systematik nur für das Verfahren bei der Leistungsgewährung, nicht aber für das der Beitragsentrichtung (vgl. BSGE 50, 152, 153). Wenn der Senat in diesem Zusammenhang die Befugnis des Versicherungsträgers, für eine noch ausstehende Konkretisierung des Nachentrichtungsantrags eine Ausschlußfrist zu setzen, aus allgemeinen Grundsätzen über die Mitwirkungspflicht der Versicherten abgeleitet hat, so hat er dies nur für die Begründung, Hinderung oder Konkretisierung von Rechten getan; im übrigen hat der Senat schon damals aus der gesetzlichen Ausschlußfrist für die Antragstellung gefolgert, "daß auch die nachträgliche Konkretisierung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen muß" (a.a.O. S. 154). Aus dieser Entscheidung kann deshalb nichts für die Frage entnommen werden, welche Rechtsfolgen gelten sollen, wenn der Antragsteller, wie hier der Kläger, bei der Feststellung von persönlichen Voraussetzungen für seine Nachentrichtungsberechtigung nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist mitgewirkt hat. Da der Gesetzgeber in diesem Fall weder ausdrücklich noch sinngemäß einen Ausschluß des Antragstellers von seinem Nachentrichtungsrecht vorgeschrieben oder zugelassen hat, durfte die Beklagte dem Kläger mit ihrer Aufforderung zur Vorlage einer Staatsangehörigkeitsbescheinigung nicht eine Ausschlußfrist setzen und ihn später nicht wegen nicht fristgemäßer Vorlage der Bescheinigung von der Nachentrichtung ausschließen.

Was hiernach für die Zugangsvoraussetzungen gilt, gilt auch für weitere Angaben, die die Beklagte in ihrem dem Kläger übersandten Vordruck gefordert und deren nicht rechtzeitige Mitteilung sie ebenfalls als einen den Ausschluß des Klägers rechtfertigenden Grund angesehen hat. Hierzu hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß der Rentenversicherungsträger nicht berechtigt ist, für die Mitwirkung der Versicherten an der Klärung ihres Versicherungsverlaufs Ausschlußfristen zu setzen; dies sei auch dann unzulässig, wenn die Ermittlungen der notwendigen Vorklärung für die Konkretisierung eines fristgebundenen Antrags auf Beitragsnachentrichtung dienen (Urteil vom 18. Mai 1983, SozR 5070 § 10 Nr. 23).

An der in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat fest. Danach erweist sieh der angefochtene Bescheid der Beklagten auch insoweit als rechtswidrig, als sie darin den Nachentrichtungsantrag des Klägers auch deswegen abgelehnt hat, weil er im Antragsvordruck gestellte Fragen über zurückgelegte Beitrags-, Ersatz- und Ausfallzeiten nicht fristgemäß beantwortet hat. Die Beantwortung dieser Fragen sollte der Beklagten eine Beratung des Klägers über die zweckmäßigste Art der Konkretisierung seines Nachentrichtungsantrags ermöglichen. Kann eine solche Beratung mangels ausreichender Mitwirkung des Antragstellers nicht erfolgen, dann darf ihm der Versicherungsträger auch ohne eine - sonst grundsätzlich gebotene (vgl. BSGE 50, 152) - Beratung eine Frist zur Konkretisierung seines Antrags setzen. Der Versicherungsträger darf den Antragsteller jedoch nicht allein wegen unterbliebener oder verspäteter Beantwortung von Fragen, insbesondere wegen nicht fristgemäßer Ausfüllung eines Antragsvordrucks, von der Beitragsnachentrichtung ausschließen.

Dies hindert die Beklagte jedoch nicht, auch in Fällen der vorliegenden Art das Nachentrichtungsverfahren zügig abzuwickeln, woran vor allem die Versichertengemeinschaft ein dringendes Interesse hat. Je länger sich nämlich die Feststellung der Zugangsvoraussetzungen für die Beitragsnachentrichtung verzögert, um so später kann der Versicherungsträger über die Zulassung entscheiden, zumal wenn auch die Beratung des Antragstellers und die Konkretisierung seines Antrags noch längere Zeit erfordern, und um so später erhält dann die Versichertengemeinschaft die nachzuentrichtenden Beiträge. Dies kann zwar auch für den Antragsteller nachteilig sein, sofern bei ihm vorher ein Versicherungsfall eintritt. Auf der anderen Seite kann er sich aber durch eine verzögerte Beitragsnachentrichtung erhebliche Vorteile verschaffen, indem er den Nachentrichtungsbetrag inzwischen selbst netzt und auch aus einer zwischenzeitlichen Geldentwertung Nutzen zieht, während umgekehrt ihm die nachentrichteten Beiträge so angerechnet werden, als ob sie in dem Zeitraum entrichtet worden sind, für den sie bestimmt sind, also mit entsprechend hohen Werteinheiten. Um die daraus für die Versichertengemeinchaft entstehenden Nachteile in Grenzen zu halten, kann die Beklagte dem Antragsteller, soweit sie ihn überhaupt zur Mitwirkung bei der Feststellung der Nachentrichtungsvoraussetzungen nach Grund und Höhe heranziehen darf, angemessene Fristen setzen. Werden diese trotz eines entsprechenden Hinweises auf die Rechtsfolgen nicht eingehalten, kann die Beklagte "nach Lage der Akten" entscheiden, also den Antrag mangels Klärung der rechtlichen Voraussetzungen der beantragten Nachentrichtung zunächst ablehnen. Damit muß nunmehr der Antragsteller entscheiden, ob er seinen Antrag durch Einlegung eines Rechtsbehelfs weiterverfolgen will, was für ihn in der Regel mit Kosten verbunden ist, insbesondere bei Beauftragung eines Bevollmächtigten.

In einem anschließenden Widerspruchs- und Gerichtsverfahren kann er zwar die bisher unterbliebene Mitwirkungshandlung wirksam nachholen. Auch bei einem für ihn günstigen Ergebnis des Verfahrens wird er jedoch dessen Kosten im allgemeinen - sofern er nicht ausnahmsweise für die Verzögerung einen triftigen Grund hatte - selbst tragen müssen. Das gilt nicht nur für die Kosten eines Widerspruchsverfahrens, sondern auch für die eines Gerichtsverfahrens, wenn dieses sich bei rechtzeitiger Vornahme der Mitwirkungshandlung erübrigt hätte. Dies trifft im Falle des Klägers sowohl für das Klage- wie für das Berufungsverfahren zu. Der Senat hat deshalb die Beklagte auf ihre Revision auch von einer Erstattung der dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen Kosten freigestellt. Im übrigen hat der Senat den Urteilsausspruch dahin geändert, daß die Beklagte nur dem Grunde nach verpflichtet ist, den Kläger zur Beitragsnachentrichtung zuzulassen. Die Beklagte hat also nach erfolgter Konkretisierung des Antrags noch darüber zu entscheiden, in welcher Zahl und Höhe der Kläger Beiträge nachentrichten darf. Falls er für die Nachentrichtung Teilzahlung beantragt, wird die Beklagte bei der Bemessung der Teilzahlungsfrist berücksichtigen dürfen, daß der Kläger das Nachentrichtungsverfahren durch die verspätete Vorlage seiner Staatsangehörigkeitsbescheinigung erheblich verzögert hat.

Die eigene Kostenentscheidung des Senats entspricht dem Ausgang des Revisionsverfahrens, das für die Beklagte im wesentlichen ohne Erfolg geblieben ist.12 RK 49/86

BSG

Bundessozialgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 518906

BSGE, 214

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