Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Arbeitslosengeldes. umsatzabhängiges Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

Entscheidend ist für die Anwendung des § 112 Abs 3 S 2 AFG nach der Systematik des Gesetzes allein, daß das im Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt sich in der Höhe nach dem erzielten Umsatz richtete (vgl BSG vom 14.2.1985 7 RAr 77/83 = SozR 4100 § 112 Nr 24).

Daß das Beschäftigungsverhältnis an sich auf ein umsatzabhängiges Entgelt angelegt war, ist unerheblich.

 

Normenkette

AFG § 112 Abs 3 S 2 Nr 2 Fassung: 1979-07-23

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 22.08.1986; Aktenzeichen L 1 Ar 61/85)

SG Lübeck (Entscheidung vom 12.03.1985; Aktenzeichen S 7 Ar 584/83)

 

Tatbestand

Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision höheres Arbeitslosengeld (Alg).

Die Klägerin war seit Mai 1979 bei der Firma N.     , L.    , als Betriebswirtin im Fachbereich Verkauf beschäftigt. Sie erhielt ein Festgehalt, das sich aus dem Grundgehalt und dem geldwerten Vorteil für die private Nutzung eines firmeneigenen Pkw zusammensetzte. Außerdem hatte sie Anspruch auf eine erfolgsabhängige Umsatzprovision, die nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) ab März 1981 0,4 % der vereinbarten Kaufpreise betrug. Die Provision wurde jeweils in dem Monat fällig, der dem folgte, in dem die erste Kaufpreisrate auf einem Konto der Firma N.      eingegangen war.

Am 1. Juli 1983 kündigte die Firma N.      das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1983, da die Klägerin vertragsbrüchig geworden sei. In dem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren verglichen sich die Arbeitsvertragsparteien ua dahin, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung durch die Firma N.      zum 30. Juni 1983 endete. Diese verpflichtete sich, der Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 20.000,-- DM zu zahlen.

Die Klägerin meldete sich am 29. Juli 1983 arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 2. September 1983 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab 29.Juli 1983. Sie bemaß die Leistung aufgrund des in der Arbeitsbescheinigung vom 15. August 1983 für Juni 1983 ausgewiesenen festen Monatsgehalts von 3.314,-- DM brutto nach einem gerundeten Arbeitsentgelt von 765,-- DM wöchentlich. Provision hatte die Klägerin in diesem Monat ebenso wie in dem Monat April 1983 nicht erhalten. Indes betrugen ihre Bruttobezüge im Mai 1983 13.377,-- DM, da ihr für diesen Monat insgesamt 10.063,-- DM an Provisionen ausgezahlt wurden. Die Klägerin hat den Bescheid vom 2. September 1983 auch wegen der Höhe des zu gewährenden Alg angefochten.

Während des Vorverfahrens stellte die Beklagte die Leistung ein. Die Klägerin erhielt einen Leistungsnachweis (Entgeltbescheinigung) vom 12. Oktober 1983, demzufolge der Leistungsbezug ab 29. Juli 1983 beendet sei. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einem weiteren Widerspruch. Mit Bescheid vom 20. Oktober 1983 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg-Anspruchs für die Zeit vom 29. Juli bis 30. September 1983 fest. Durch weiteren Bescheid vom 25. Oktober 1983 wurde der Klägerin ab 1. Oktober 1983 Alg unter Beibehaltung des dem Bescheid vom 2. September 1983 zugrundeliegenden Bemessungsentgelts bewilligt. Die Widersprüche der Klägerin gegen den Bescheid vom 2. September 1983 und den Leistungsnachweis vom 12. Oktober 1983 wurden durch den Bescheid vom 17. November 1983 zurückgewiesen. In dem Widerspruchsbescheid ist ua ausgeführt, daß der Klägerin im Laufe des Vorverfahrens mitgeteilt worden sei, daß der Leistungsbeginn unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlage auf den 1. Oktober 1983 neu festgesetzt worden sei, dieser Bescheid zum Gegenstand des Vorverfahrens gemacht und die Leistung richtig bemessen worden sei. Der Widerspruch, den die Klägerin nach dem 17. November 1983 gegen den Bescheid vom 20. Oktober eingelegt hat, ist durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1983 zurückgewiesen worden.

Die Klagen gegen beide Widerspruchsbescheide hatten ebenso wie die vom Sozialgericht (SG) in seinem Urteil vom 12. März 1985 zugelassene Berufung keinen Erfolg.

Das LSG hat sein Urteil vom 22. August 1986 zu dem im Revisionsverfahren nur noch geltend gemachten Begehren der Klägerin, ihr ein höheres Alg zu gewähren, im wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf § 112 Abs 3 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz -AFG- idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) stützen. Hiernach träten an die Stelle der in Satz 1 des Absatzes 3 des § 112 AFG genannten 20 Tage 60 Tage, wenn der Arbeitslose, was hier allein einschlägig sei, im Bemessungszeitraum überwiegend gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen sei, dessen Höhe sich weitgehend nach dem erzielten Umsatz gerichtet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) richte sich die Höhe des Arbeitsentgelts dann weitgehend nach dem erzielten Umsatz, wenn der umsatzbezogene Anteil des Arbeitsentgelts bei mindestens 30 vH gelegen habe. Im Juni 1983, der als Bemessungszeitraum zugrunde zu legen sei, habe das Arbeitsentgelt der Klägerin überhaupt keinen umsatzabhängigen Anteil enthalten. Zwar übersteige der umsatzbestimmte Anteil des Arbeitsentgelts den Richtwert von 30 vH, wenn die in den Monaten April, Mai und Juni 1983 erzielten Arbeitsentgelte zusammengerechnet würden. Dieser Zeitraum könne indes nicht zugrunde gelegt werden, weil es sich nicht um den Bemessungszeitraum iS des § 112 Abs 3 AFG handele.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG. Sie ist der Auffassung, die Auslegung dieser Vorschrift durch das LSG stehe mit ihrem Zweck nicht im Einklang, wonach einer ungerechten Bemessung des Alg entgegengewirkt werden solle. Die isolierte Betrachtung des Bemessungszeitraums gemäß § 112 Abs 3 Satz 1 AFG führe, wenn die Provision unregelmäßig und, wie hier, im Bemessungszeitraum überhaupt nicht gezahlt werde, zu ungerechten Ergebnissen. Dies werde im vorliegenden Fall dadurch deutlich, wenn man sich die Höhe der im Mai 1983 gezahlten Provision vor Augen halte. Dieser Betrag mache, wenn man ihn auf die sechs Monate umrechne, die die Klägerin zuletzt im Jahr 1983 gearbeitet habe, für jeden Monat 1.677,17 DM aus. Er erreiche also annähernd 50 vH des Betrages, den die Beklagte als Arbeitsentgelt bei der Berechnung des Alg zugrunde gelegt habe. Bei der Auslegung des § 112 Abs 3 Satz 1 AFG idF des 5. AFG-ÄndG dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß in der Neufassung des § 112 Abs 3 AFG als Bemessungszeitraum jetzt nur noch die letzten 60 Tage vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis berücksichtigt würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22. August 1986 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 20. Oktober 1983 und 25. Oktober 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1983 zu verurteilen, bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes als Bemessungszeitraum die Monate April bis Juni 1983 zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, soweit dieses die Berufung der Klägerin auch wegen der Höhe des zu gewährenden Alg zurückgewiesen hat.

Nach den in der Revisionsinstanz gestellten Anträgen und der Revisionsbegründung ist Streitgegenstand nur noch, ob die Klägerin höheres Alg beanspruchen kann. Insoweit können auch nur die Bescheide angefochten sein, die hierüber entschieden haben. Das ist bei dem Bescheid vom 20. Oktober 1983 und dem Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1983 nicht der Fall. Der Bescheid vom 20. Oktober in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1983 stellt nur das Ruhen des Alg-Anspruchs für die Zeit vom 29. Juli bis 30. September 1983 fest. Deshalb bedarf es einer Anfechtung dieser Bescheide für das von der Klägerin angestrebte Klageziel nicht. Über die Höhe des zu gewährenden Alg wird nämlich in dem von der Klägerin gleichfalls angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 1983 entschieden. Mit ihm hat die Beklagte den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 2. September 1983 abgeändert, soweit es der Beginn der Leistung betrifft, und diesen auf den 1. Oktober 1983 festgestellt. Das Alg wurde wie bisher weiterhin nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 765,-- DM bemessen. Der Bescheid vom 25. Oktober 1983 war somit an die Stelle des Bescheides vom 2. September 1983 getreten. Zutreffend ist daher mit dem Widerspruchsbescheid vom 17. November 1983 gemäß § 86 SGG auch über die Höhe der Leistung entschieden worden. Gegenstand der Klage ist mithin der Bescheid vom 25. Oktober 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1983. Diesen hat die Klägerin auch von Anfang an anfechten wollen, da sie nur so hinsichtlich der Höhe der Leistung ihr Klageziel erreichen kann. Daß sie irrtümlich andere, nicht streitbefangene Bescheide bezeichnet hat, ist unerheblich. Unzweifelhaft geht ihr Begehren auf die Gewährung von höherem Alg. Damit ist auch erkennbar, daß sie die Bescheide anficht, die dem entgegenstehen. Ihr Antrag ist daher, soweit es um die Anfechtung der beanstandeten Bescheide geht, gemäß § 123 SGG dahin auszulegen, daß sie nur den Bescheid vom 25. Oktober 1983 und den Widerspruchsbescheid vom 17. November 1983 anficht.

Ob der Bescheid vom 25. Oktober 1983 und der Widerspruchsbescheid vom 17. November 1983 rechtmäßig sind, soweit es um die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Alg geht, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne ihr Begehren nicht darauf stützen, daß das Arbeitsentgelt, welches gemäß § 111 Abs 1 AFG für die Höhe des Alg maßgebend ist, nicht das in den Monaten April, Mai und Juni 1983 erzielte ist, trifft allerdings zu. Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift ist gemäß § 112 Abs 2 Satz 1 in der bis zum 1. Januar 1988, dem Inkrafttreten des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602), geltenden Fassung das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind gemäß § 112 Abs 3 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) die letzten vor dem Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs. Hiervon abweichend treten gemäß § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG an die Stelle der in Satz 1 genannten 20 Tage 60 Tage, wenn der Arbeitslose gemäß Nr 2 dieser Bestimmung, die hier allein einschlägig ist, im Bemessungszeitraum überwiegend gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt war, dessen Höhe sich weitgehend nach dem erzielten Umsatz richtete.

Der § 112 Abs 3 AFG idF des 5. AFG-ÄndG ist zwar durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) ab 1. Januar 1986 dahin geändert worden, daß in Satz 1 die Worte "20 Tage" durch die Worte "60 Tage" ersetzt werden und Satz 2 aufgehoben wird. Jedoch hat diese Änderung im vorliegenden Fall keine Bedeutung. In § 242f Abs 5 AFG, eingefügt durch das 7. AFG-ÄndG, ist nämlich bestimmt, daß ua § 112 Abs 3 AFG in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung für Ansprüche, die vor dem 1. Januar 1986 entstanden sind, weiterhin anzuwenden ist. Der Anspruch der Klägerin auf Alg war auf jeden Fall ab 1. Oktober 1983 entstanden.

Die Klägerin kann somit ihren Anspruch auf die Regelung des § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG nur dann stützen, wenn sie im Bemessungszeitraum gegen ein Entgelt beschäftigt war, das sich weitgehend nach dem erzielten Umsatz richtete. Das ist nicht der Fall. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, lagen die hierfür maßgeblichen letzten vor dem Ausscheiden der Klägerin abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume im Monat Juni 1983. In diesem Monat bezog die Klägerin aber lediglich das vereinbarte Grundgehalt und den geldwerten Vorteil für die private Benutzung eines firmeneigenen Pkw. Dieses Arbeitsentgelt richtete sich nicht nach dem erzielten Umsatz. Der Klägerin stand es unabhängig davon zu, ob sie Kaufverträge vermittelt oder angebahnt hatte. Daher war sie im Bemessungszeitraum im Sinne des § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG überhaupt nicht gegen ein Entgelt beschäftigt, das sich nach dem erzielten Umsatz richtete. Daß ihr Beschäftigungsverhältnis an sich auf ein umsatzabhängiges Entgelt angelegt war, ist unerheblich. Entscheidend ist für die Anwendung des § 112 Abs 3 Satz 2 AFG nach der Systematik des Gesetzes allein, daß das im Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt sich in der Höhe nach dem erzielten Umsatz richtete (BSG SozR 4100 § 112 Nr 24). Allerdings wird in Fällen der vorliegenden Art der Zweck der Regelung verfehlt. Dieser besteht darin, das Alg gerechter zu bemessen, weil bei den von der Vorschrift erfaßten Arbeitnehmergruppen der kurze Bemessungszeitraum zu einem zu hohen oder zu niedrigen Bemessungsentgelt führen kann. Zweifelsohne führt hier der kurze Bemessungszeitraum zu einer zu niedrigen Bemessungsgrundlage, wenn man allein auf das Arbeitsentgelt abstellt, das die Klägerin von April bis Mai 1983 erzielt hat. Indes gibt § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG keine rechtliche Handhabe, diese Verzerrung auszugleichen. Dagegen spricht schon § 242f Abs 5 AFG, der - wie bereits ausgeführt wurde - ausdrücklich bestimmt, daß § 112 Abs 3 AFG in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung für Ansprüche, die vor dem 1. Januar 1986 entstanden sind, weiterhin anzuwenden ist. Dies verbietet auch eine entsprechende Anwendung des § 112 Abs 3 Satz 1 idF des 7. AFGÄndG. Allerdings hat dies entgegen der Auffassung des LSG nicht zur Folge, daß bereits deshalb die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen kann.

Die Klägerin hat zwar beantragt, bei der Berechnung des ihr zustehenden Alg als Bemessungszeitraum die Monate April bis Juni 1983 zugrunde zu legen. Indes ist dies nicht der Streitgegenstand. Gegenstand eines Rechtsstreits sind nicht Fragen rechtlicher oder tatsächlicher Natur, über deren Beantwortung die Beteiligten uneins sind. Streitgegenstand ist vielmehr der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch. Nach ihm richtet sich, worüber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu befinden ist. Hier begehrt die Klägerin nach ihrem Vorbringen ein höheres Alg als das, was ihr bewilligt worden ist. Soweit sie in ihren Antrag auch die Ausdehnung des Bemessungszeitraums mit einbezieht, handelt es sich nicht um eine Beschränkung auf dieses Element, sondern um eine Begründung für ihren Anspruch. Diese kann sich allenfalls dahin auswirken, daß der Klägerin kein höheres Alg zugesprochen werden kann als das, was sie bekäme, wenn als Bemessungszeitraum die Monate April bis Juni 1983 zugrunde gelegt würden.

Hiernach ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß Streitgegenstand der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf ein höheres Alg ist. Deshalb genügt es nicht, nur diejenigen Faktoren zu untersuchen, deren Berechtigung oder Bewertung von der Klägerin beanstandet werden. Vielmehr ist die Begründetheit des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Das Gericht hat daher alle für den Anspruch maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln, weil sich nur auf diese Weise entscheiden läßt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dieser Anspruch begründet ist. Hierauf hat der Senat schon in seinem in SozR 4100 § 138 Nr 14 veröffentlichten Urteil vom 24. Juli 1986 und in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 24. August 1988 - 7 RAr 36/87 - hingewiesen.

Im vorliegenden Fall hätte es sich schon im Hinblick darauf, daß die Provisionen, die die Klägerin erzielt hat, bei der Bemessung des Alg nach § 112 Abs 3 Satz 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG nicht berücksichtigt werden können, angeboten, zu prüfen, ob eine Feststellung des Arbeitsentgelts nach § 112 Abs 7 AFG in Betracht kommt. Es ist zumindest nicht von vornherein auszuschließen, daß insoweit eine unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, wenn bei der Bemessung des Alg von dem Arbeitsentgelt ausgegangen wird, das die Beklagte zugrunde gelegt hat (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 19). Hierzu fehlen tatsächliche Feststellungen durch das LSG. Da es dem Revisionsgericht verwehrt ist, entsprechende Feststellungen selbst zu treffen, muß die Sache schon aus diesem Grunde gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dieses wird auch zu prüfen haben, ob die sonstigen Faktoren, die Einfluß auf die Höhe der Leistung haben können, bei der Bemessung zutreffend berücksichtigt worden sind. Bei seiner abschließenden Entscheidung wird es auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1664716

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge